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Gemeinderat, 5. Sitzung vom 25.02.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 77 von 127

 

kritische Bevölkerung gegenüber der Politik immer wieder formuliert.

 

Ein Zweites, meine Damen und Herren, ist, dass ich wirklich heilfroh bin, dass es in diesem Land noch immer eine Gewaltenteilung gibt. Wenn ich mir heute angeschaut habe, wie mit einer Leichtigkeit Menschen angepatzt worden sind, die in höchsten Staatsfunktionen über Jahre diesem Land gedient haben, die heute nicht mehr in der Öffentlichkeit stehen, Menschen, meine Damen und Herren, von denen gesagt worden ist, man hat etwas gehört, aber es hat sich nie beweisen lassen: Was bedeutet das? Das sind Menschen, deren Unschuld bestätigt worden ist, wenn es Verfahren gegeben hat und dabei nichts herausgekommen ist.

 

Und wenn heute als Anfragesteller eine Partei und Vertreter einer Partei heraustreten, die einen Super-GAU an Qualität von Käuflichkeit, von Staatsunterwanderungsphilosophien geleistet hat, eine Partei, die es geschafft hat, sogar das noch zu verfilmen - ich denke mir, wenn Sie heute in Europa herumfragen, was das eindrucksvollste Beispiel von angekündigter, berichteter, vermuteter, für sich in Anspruch genommener, sich gerühmt habender Korruption war, dann wird man in ganz Europa sagen: Das war der Ibiza-Film. Und wenn dann diese Menschen dieser Partei, meine Damen und Herren, heraustreten und sich in Vorverurteilung üben, dann bin ich sehr, sehr glücklich, dass das nicht gleichzeitig die Richter über die Personen sind, die zur Diskussion stehen.

 

Ein guter Freund von mir - wahrscheinlich ist es als Politiker in diesen Zeiten gescheit, als gute Freunde auch Strafverteidiger zu haben - hat mir einmal erklärt, dass Korruption ein Tatbestand ist, wo eine Leistung geboten wird und auf eine Bezahlung geliefert wird. Und ähnlich verhält es sich mit der Frage, wie ich mit Amtsgeheimnissen umgehe.

 

In der Vorbereitung für den heutigen Tag habe ich mich bemüht, möglichst viele Informationen zu generieren, unter anderem - da, wie Sie alle wissen, ich nicht erst wenige Tage diesem Hohen Haus angehöre -, wie der Herr Bürgermeister ausgeführt hat: Was war das für ein Meeting? Was war das für ein Schriftstück, das dort entstanden ist?

 

Jetzt kann man der Stadt Wien vorhalten, dass Planungsschritte manchmal lange dauern. In meinem Bezirk, Herr Bürgermeister, war ich noch Bezirksrat, als wir von der Planung des Nordwestbahnhofs gesprochen haben, und ich war, glaube ich, einer der jüngsten Bezirksräte in der Geschichte dieser Stadt. Du kannst dir vorstellen, wie lange das angedauert hat. Und dazwischen hat es immer wieder auch Planungs-Updates gegeben.

 

Das dürfte dieses Schriftstück sein, weil auch der Herr Bürgermeister davon berichtet hat. Wenn ich mir die Genesis dieses Schriftstückes anschaue, dann hat das im Jahr 2008 begonnen, ist in Planungsschritten 2011, 2013, 2017 weitergegangen, bis dann schlussendlich, meine Damen und Herren - auch noch nicht abgeschlossen -, im Jahr 2017 ein Planungsschritt zur weiteren Umsetzung in ein Papier niedergeschrieben wurde. Wenn in diesem Papier Geheimnisse gestanden wären - das kommt in der Stadt auch manchmal vor, dann steht „Vertraulich“ drauf, dann steht „Sehr vertraulich“ drauf, dann hat es einen kleinen Adressatenkreis. Und wenn ich mir den Adressatenkreis dieser Sitzung und damit auch dieses Protokolls ansehe, muss ich feststellen, dass dort auch Private draufstehen, nämlich Liegenschaftsbesitzer, Verwalter, die am Planungsgebiet anrainend sind, die man verständigen muss.

 

Da ich ein ziemlich einfach gestrickter Mensch bin, denke ich mir, dass man nur etwas verraten kann, was ein Geheimnis ist, und was man nicht verraten kann, ist Allgemeingut. Und in dem Fall war in dem Dokument ganz sicherlich kein Geheimnis, denn sonst hätte ich es als Magistratsabteilung niemandem geschickt, die tatsächlich private Liegenschaftsverwalter, private Immobilienverwalter sind, weil sie anrainende Grundstücke gehabt haben.

 

Meine Damen und Herren, ich habe auch nicht festgestellt, dass das dieses Dokument ist, von dem Sie reden, und im Gegensatz zu Ihnen darf ich nicht in den Strafakt Einsicht nehmen. Ich stelle mir die Frage: Wieso dürfen Sie in den Strafakt Einsicht nehmen? (Zwischenruf.) Wissen Sie, nach dem, was Sie da jetzt alles gesagt haben - ich komme dann noch zu einigen Dingen -, bin ich sehr skeptisch, ob das alles einer Wahrheitsprüfung standhält, was Sie uns heute präsentiert haben. Aber es sei so, Sie sagen es. Sie zitieren aber offensichtlich aus einem Strafakt, und ein Strafakt ist normalerweise etwas, was ein Verschlussakt ist, ein Strafakt ist normalerweise etwas, was nicht jedermann und jederfrau zugänglich ist, und ganz gewiss nicht einem Politiker, der durchaus mit der Gerichtsbarkeit nichts zu tun hat. Sie kommen da heraus und zitieren aus einem Strafakt - vermeintlich richtig, vermeintlich falsch. Das kann keiner von uns nachvollziehen, denn wir kennen diesen Strafakt alle nicht.

 

Sie erklären in einer, sage ich jetzt einmal, schnoddrigen Sprache einen Kriminalfall. Das tut nicht einmal die ermittelnde Behörde, die recherchiert, die untersucht, die geht dem nach. Sie sagen, es gibt vertraulich gekennzeichnete Dokumente. Die Dokumente, die im Umlauf sind, oder die Dokumente, die da verfasst worden sind, tragen Aktenzahlen. Ich habe noch nie gehört, dass Aktenzahlen ein Ausdruck der Vertraulichkeit sind. Die verwendet man deshalb, um sie richtig einordnen und zuordnen zu können, aber nicht wegen der Vertraulichkeit.

 

Und dann sagen Sie etwas, was noch sehr bedeutsam ist, was ich auch als schlechtes Benehmen empfinden würde. Sie drohen indirekt dem Bürgermeister, indem Sie sagen: Wenn Sie heute nicht eine Reaktion zeigen, dann werden Sie sehen, was Sie davon haben - und dann wird es ganz interessant, meine Damen und Herren -, denn wir haben da noch was in petto, in der Rückhand, in den nächsten Tagen. Wenn Sie, genauso wie wir alle, diesen Schwur auf die Gesetze der Republik geleistet haben, dann ist es Ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit, wenn Sie wirklich Informationen haben, wenn das nicht wirklich etwas anderes als heiße Luft ist,

 

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