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Gemeinderat, 8. Sitzung vom 22.04.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 25 von 33

 

zu kriminalisieren oder in Frage zu stellen. Was meine ich? - Das korrekte und sinnvolle Recht der Politik auf politisches Gestalten. Dass beispielsweise bei Aufsichtsratsbesetzungen natürlich der Eigentümervertreter dort Vertrauenspersonen hinsetzt, die aber auch wirtschaftlich qualifiziert sein müssen, ist, glaube ich, unbestritten. Um beispielsweise ein Ministerium anzusprechen, das viele solche Positionen besetzt: Dass eine Kollegin Gewessler zu anderen Personen Vertrauen hat als ein Kollege Hofer, ist normal, aber in beiden Fällen nicht kriminell. Da sollten wir mit solchen Unterstellungen sehr aufpassen, meine Damen und Herren.

 

Dann gibt es persönlich schuldhaftes Verhalten. Das ist verwerflich, abzulehnen, zu kritisieren, und zwar völlig gleichgültig, in welcher Fraktion es passiert, und es ist, so ehrlich sollten wir sein, in jeder Fraktion, die schon Regierungsverantwortung hatte, denn nur dort kommt man zur Möglichkeit, so zu agieren, schon passiert. Da muss die Justiz klar und scharf durchgreifen, und da sollten wir auch Vertrauen dazu haben.

 

Und dann gibt es eine dritte Form, und um die geht es mir und meiner Fraktion heute: Ein System, wo die Betreiber dieses Systems oftmals nicht einmal mehr ein Schuldgefühl haben, sondern glauben, weil es schon immer so war, gehört das so, ein System, das jeder kennt, viele bespielen, aber keiner hinterfragt, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und ja, dass dem intensiven Beobachter und Kenner der innenpolitischen Szene in Österreich dann natürlich auch das rote Wien einfällt, wird seine Gründe haben, meine Damen und Herren.

 

Wenn man vor allem gesellschaftspolitische Themen bespricht, heißt es sehr oft von linker Seite, gerade in den Social Media: „Because it's 2021.“ Es ist 2020/21, das heißt, es ist an der Zeit, etwas zu ändern. Das hört man immer wieder, vor allem, wenn eigentlich rationale Argumente ausgehen, heißt es, ja, es ist 2021, und darum muss man so agieren. Ich sage das heute auch einmal ausnahmsweise in Richtung der Sozialdemokratie und in Richtung des Koalitionspartners, der NEOS: Ja, wir haben 2021 und wir sollten uns klar werden, dass wir auch in dieser Stadt Politik nicht mehr nach den Rezepten und nach den Modellen der 60er und 70er Jahren machen können und, um das Vertrauen der Bevölkerung länger innezubehalten, auch nicht machen dürfen, meine Damen und Herren.

 

Es beginnt schon mit der ganz klaren Symptomatik, dass immer dann, wenn man sich Kritik an der Stadtregierung in Wien erlaubt, die Rede davon ist: Das ist Wien-Bashing, man redet Wien schlecht. Nein, man redet die Stadtregierung vielleicht schlecht, oder man kritisiert sie zumindest. Und das darf ja wohl erlaubt sein, meine Damen und Herren, denn Wien ist Eigentum der Wienerinnen und Wiener und nicht Eigentum einer Partei.

 

Dann gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie in Wien auf diverse Probleme reagiert wird. Eines der Lieblingsthemen ist: Skandale werden ausgesessen, weil es schon immer so war. Und wenn es dann irgendwann doch nicht mehr zu verheimlichen geht, sind die Verantwortlichen schon wieder andere. Ich kann mich noch gut erinnern, damals bin ich gerade in die Politik gekommen, hat man Zug für Zug zugeben müssen, was beim Prater-Vorplatz alles schiefgelaufen ist, hat aber gesagt: Mein Gott, Grete Laska ist ja nicht mehr hier. Was sollen wir jetzt tun?

 

Und das ging dann weiter, das Krankenhaus Nord: Ja, mein Gott, Renate Brauner, nein, und Sonja Wehsely ist auch fort. Na, was sollen wir denn machen? Und die jetzigen Machthaber schauen ja drauf, unter denen hätte es einen Energiering, und was es da auch immer alles gab, nie gegeben. Das ist also ein typisches Aussitzen eines Skandals nach dem anderen, meine Damen und Herren.

 

Kommen wir zum Büro für Daseinsvorsorge. Kein Thema, Kollege Taucher, ich habe kein Problem damit, dass man für verdiente Kolleginnen und Kollegen auch schaut, ob es irgendwo ein Betätigungsfeld gibt, aber nicht, dass man ein ganzes Büro rundherum baut. (Zwischenrufe.) - Ja, das ist schön, dass Sie das ansprechen, lieber Joe Taucher. Bin ich irgendwo auf der Payroll der Stadt oder bin ich auf der Payroll des Bundes? Ich kann es dir sagen, wenn du das nicht weißt: Ich habe hier mein öffentliches Amt, aber ansonsten bin ich in der Privatwirtschaft tätig. Keine Sorge, es ist alles so, wie es sein sollte, und nicht so, wie es in der Sozialdemokratie in Wien funktioniert.

 

Dann stellt noch der eigene Stadtrechnungshof fest: Na, da hat man jetzt ein Büro gezimmert, das so und so viele Jahre tätig war, mit so und so viel Mitarbeitern, mit so und so viel Kosten. Wir wissen aber leider nicht, obwohl wir eigentlich der Stadtrechnungshof dieser Stadt Wien sind, was die so genau machen, oder auch nur, was die machen sollten. Ich glaube, sie wissen es selbst auch nicht. Dafür haben sie aber im Jahr 2019 zwölf Dienstreisen gemacht. Und wenn dann so etwas an den Tag kommt, gibt es zwei Möglichkeiten, wie man reagiert, man sagt, hm, war nicht optimal, schauen wir, dass wir es nicht mehr verlängern, oder man geht her und sagt, wir wollen die Daseinsvorsorge ausbauen, wie es gerade eben passiert. Lieber Georg Niedermühlbichler, bitte komm vielleicht noch einmal heraus und sage mir, was du genau unter dem Ausbau der Daseinsvorsorge verstehst. Mich würde es im höchsten Maße interessieren. Ich glaube jedenfalls nicht, dass der Ausbau der Daseinsvorsorge, so wie er für die Bevölkerung in dieser Stadt sinnvoll sein könnte, etwas mit einer Verlängerung von Renate Brauner zu tun haben kann.

 

Der dritte Punkt, wo sich ein System manifestiert, ist, wie man mit den öffentlichen Beschaffungsaufträgen umgeht. Ich kann es mir einfach so gut vorstellen, wie es durch die Rathausgänge hallt, wenn man sagt: Na, schreibt es halt so aus, damit es die Siemens auch gewinnt. Meine Damen und Herren, auch hier haben wir eine Verantwortung, und ich schaue jetzt ganz bewusst in die Gegend des neuen Koalitionspartners. Liebe NEOS, ihr seid jetzt mittendrin und nicht nur dabei. Es ist auch eure Verantwortung, hier danach zu trachten, dass diese Dinge irgendwann abgestellt werden. Wenn ihr das nämlich nicht tut, habt ihr für diese Regierungsbeteili

 

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