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Gemeinderat, 11. Sitzung vom 23.06.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 49 von 109

 

Stadt zusammen? Welche Spielregeln werden im Bauen gelten, und wie schaffen wir transparente, nachvollziehbare Prozesse, die fair allen Beteiligten gegenüber sind? - Das sind ziemlich große Fragen, die sich da so einfach stellen lassen, und Fragen, auf die wir Antworten brauchen, Antworten, die die Stadt und vor allem die Politik geben müssen. Und dabei geht es um viel, sehr geehrte Damen und Herren, denn diese Antworten setzen Maßstäbe, die lösen etwas aus, die setzen Dinge in Bewegung, und das langfristig - denn Stadt entsteht ja nicht von einer Sekunde auf die nächste, sondern das dauert ja auch eine Zeit.

 

Was ist also der STEP, der Stadtentwicklungsplanung? Ja, rein formal und objektiv betrachtet, ist der Stadtentwicklungsplan eine politische Willenskundgebung, die keinerlei Verbindlichkeit hat. Das Nichteinhalten der Dinge, die im STEP stehen, haben keine Konsequenzen und keine Auswirkungen. Auf durchschnittlich rund 100 Seiten hat sich schon in der Vergangenheit die jeweilige Stadtregierung wortreich verewigt und ihre politischen Statements in ein Fachpapier gegossen.

 

Sehr geehrte Damen und Herren, um die Struktur ein bisschen näherzubringen: Neben diesem Hauptdokument, dem STEP, dem Stadtentwicklungsplan, existieren noch unzählige weitere Konzepte, die sich dann auch spezifischen Themen widmen.

 

Ich habe es mir einmal zur Aufgabe gemacht oder mir diese Spielerei erlaubt, die Seitenzahlen bestehender Konzepte zu zählen. Ich habe es seit 2019 nicht mehr upgedatet, aber seit 2015 wurden über 3.000 Seiten Papier zusätzlich zum Stadtentwicklungsplan, Seiten an Konzepten, Seiten an Berichten, Seiten an Papieren - 29 Stück insgesamt ohne den STEP - formuliert. Das hat mit einer Übersichtlichkeit und einer Durchsichtigkeit längst nichts mehr zu tun, es werden eher Sammlerinstinkte geweckt, sehr geehrte Damen und Herren.

 

Ich weiß nicht, warum ich bei sämtlichen dieser Konzepte das Gefühl habe, dass oft die Quantität vor der Qualität steht. Das sollte eigentlich gerade in der Stadtplanung nicht so sein. Andere Städte schaffen es durchaus, kompakt auf wenigen Seiten ihre Spielregeln, ihre Visionen, ihre Vorstellungen zu formulieren, und wir - verzeihen Sie den Ausdruck - schwafeln uns durch die Weltgeschichte. „The more the merrier.“

 

Mit dem vorliegenden Akt soll jetzt seitens der Stadtregierung ein neuer Prozess gestartet werden, ein neuer STEP soll entstehen, ein neuer Stadtentwicklungsplan. Inwiefern die Opposition dabei eingebunden ist, lässt sich aus dem Akt nicht ablesen. Ich hoffe nur, dass es auch mitberücksichtigt wird, uns mit einzubeziehen, denn wir haben in der Vergangenheit auch schon unzählige Ideen eingebracht, und es gibt - darauf gehe ich jetzt auch gleich näher ein - unzählige Verbesserungsmaßnahmen, wenn man eine nachhaltige Stadtplanung und Stadtentwicklung auch ernst nehmen möchte.

 

Jetzt versucht die Stadt Wien, mit diesem STEP erneut Antworten auf Fragen zu geben. Der STEP ist ein Instrument, wie wir es schon länger kennen, ein Instrument, das stets versucht, das Herzstück der Stadtplanung darzustellen. Sehr geehrte Damen und Herren, es ist aber ein Instrument, das mit sehr viel Kritik unsererseits umgehen muss, denn der Stadtentwicklungsplan und seine vielen Anhängselkonzepte haben uns in vielen Fragen im Stich gelassen und somit auch das Vertrauen in die Stadtentwicklung getrübt.

 

Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Der Masterplan Partizipation, den es gibt, hilft nicht, besorgte Anrainerinnen und Anrainer, Projektentwickler und weitere Beteiligte miteinander zu verbinden, nein, es gibt nach wie vor eine hohe Unzufriedenheit, wenn Gebiete neu entwickelt werden. Diese Anwendung ist aus unserer Sicht fehlgeschlagen.

 

Das Hochhauskonzept hat ermöglicht, dass ein Heumarkt-Projekt überhaupt erst entwickelt werden konnte, und hat uns so auf die Rote Liste der UNESCO katapultiert - ein Totalversagen dieses Strategiepapiers, sehr geehrte Damen und Herren.

 

Oder: Das vorhin schon erwähnte Mobilitätskonzept hat in den vergangenen Jahren wenig dazu beigetragen, dass sich der Verkehr in der Stadt langfristig umstellt. Unzusammenhängende Einzelmaßnahmen á la Pop-up haben nicht das Ergebnis gebracht, das man sich gewünscht hätte.

 

Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn ich mir den Antrag der GRÜNEN zum Thema Mobilitätskonzept im Stadtentwicklungsplan ansehe, bin ich schon ein bisschen enttäuscht, dass man jetzt damit versucht, das Pferd von hinten aufzuzäumen. Es ist noch nicht einmal ein neuer Stadtentwicklungsplan, der in Gang gekommen ist, schon wollen wir ein neues Zusatzkonzept dazu entwickeln. Das ist aus meiner Sicht nicht der richtige Weg, dafür braucht es davor noch umgehend umfassende Reformen. Deswegen werden wir auch dem Antrag nicht zustimmen.

 

Aber auch andere Programme und Fachkonzepte wie die polyzentrale Stadtentwicklung, die ja in ihrer Kernidee etwas Positives ist, was wir auch unterstützt haben, sind bis heute nicht in die Umsetzungsphase gekommen, auch der Agrar-STEP, der Agrarstrukturelle Entwicklungsplan, in dem die Landwirtschaft verortet wird. Dass der nicht mit dem Stadtentwicklungsplan zusammengebracht wird, sodass auf einem Blick ersichtlich ist, wo landwirtschaftliche Flächen sind, die langfristig erhalten werden müssen, wurde bislang von der Stadtregierung noch verabsäumt. Das ist auch eine Maßnahme, die unbedingt umgesetzt werden muss.

 

Oder auch die Elektromobilitätsstrategie. Ich weiß nicht, ob es Ihnen genauso geht, aber ich habe seither eigentlich nie wieder etwas davon gehört.

 

Auch daran sehen wir also, dass diese vielen Konzepte nicht greifen. Das meine ich auch, wenn ich sage, die Stadtplanung in Wien ist unverbindlich, ist intransparent, ist unklar, sehr geehrte Damen und Herren. Der Stadtentwicklungsplan ist kein praktisches Instrument, das man anwenden kann, es ist eher Marke Freizeitlektüre, für die man viel Zeit braucht, um sich durchzuackern, um dann auch die konkreten Maßnahmen daraus zu übersetzen.

 

Dass aber der Stadtentwicklungsplan daran nicht alleine Schuld hat, möchte ich natürlich auch festhalten,

 

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