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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 28.06.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 65 von 106

 

auch für Leute, die zu uns kommen und hier das Kulturprogramm genießen wollen? Wir sollten mit möglichst vielen Kulturtätigen in dieser Stadt gemeinsam eine Kulturstrategie entwickeln. Dazu haben wir heute einen Antrag eingebracht, und wir würden uns über Ihre Zustimmung freuen. Das ist unser erster Antrag.

 

Noch ein zweites Thema fällt auf, wenn wir uns den Kulturbericht anschauen: Es geht um Fair Pay. Das heißt, die IG, die Interessengemeinschaften der einzelnen Kultursparten haben sich schon länger dafür eingesetzt, dass es prinzipiell Honorare gibt, von denen die Menschen auch leben können, zumindest, um die Existenzkosen abzudecken. Das ist nicht einfach im Kulturbetrieb, vor allen Dingen im freien Betrieb gibt es da noch einiges zu tun. Das war ein erster Schritt im letzten Jahr, es gab Kongresse, die sich genauer damit beschäftigt haben, wo wir da hingehen wollen, und es geht bei Fair Pay natürlich nicht nur um prinzipiell existenzfördernde Honorare, sondern es geht auch um Gender-Gerechtigkeit. Das heißt, darum, dass Männer und Frauen gleich viel oder zumindest beide Honorare in gleicher Höhe bekommen können. Auch da schaut es noch nicht so gut aus, wie viele von Ihnen wahrscheinlich wissen.

 

Im Filmbereich hat sich da einiges im letzten Jahr getan. FC Gloria wird den meisten von Ihnen, die in dem Bereich tätig sind, ein Begriff sein, die Frauen von FC Gloria haben sich jahrelang für Förderquoten eingesetzt, sie haben selber Studien gemacht und beauftragt und haben damit Fakten und Zahlen vorgelegt, aus denen klar ersichtlich war, dass sich etwas bei den Förderkriterien ändern muss. Ich muss sie auch beglückwünschen, sie haben es durchgesetzt, mit 1. Juli wird die Fördervergabe des Österreichischen Filminstituts mit neuen Kriterien ablaufen, das heißt, es gibt eine Verankerung des Gender Budgetings in den Förderrichtlinien. Das fördert die Gleichstellung, die Chancengleichheit und auch die Vielfalt der Filmbranche auf Bundesebene.

 

Es ist wichtig, dass wir konkrete Daten haben, und diese konkreten Daten findet man in Wien leider noch nicht an allen Stellen. Ähnliches berichten auch die Frauen von „Kill the Trauerspiel“ - ja, die heißen so -, das ist eine Gruppe von Frauen, die im darstellenden Bereich arbeiten und sich für Gender-Gerechtigkeit, Geschlechtergerechtigkeit und Diversität auf und hinter der Bühne einsetzen. Sie sehen ähnliche Probleme im darstellenden Bereich. Es gibt Schauspielerinnen, Regisseurinnen, Intendantinnen, ja, die gibt es alle, aber je höher die Verdienstmöglichkeiten sind, desto geringer der Frauenanteil. Das gilt im Theater, im Großen wie im Kleinen. Ein Beispiel in Wien ist dafür leider das Theater der Jugend. In der vergangenen Saison konnte keine einzige Regisseurin beschäftigt werden, keine Produktion, die das Theater der Jugend im letzten Jahr gemacht hat, war von einer Regisseurin. Ich kann mir das nicht vorstellen, dass es niemanden gibt, die Kindertheater machen will und kann und dass es da an der Qualität liegt. Die Anzahl der Studierenden spricht eine andere Sprache. Ich halte das für einen großen Missstand, und das passiert, wenn man nicht hinsieht. Natürlich macht kein Intendant das absichtlich, aber wir brauchen ein Instrument, um genau dem vorzubeugen. Wir brauchen ein Instrument, das genau diese Daten festhält, vielleicht auch mitschreibt, sodass man am Schluss auch weiß, was gerade passiert ist.

 

Aus unserem jetzigen Kulturbericht kann man das leider nicht in dem Detail herauslesen, wie es eigentlich notwendig wäre. Im Kulturbericht gibt es nur einen groben Überblick, was Leitungen sind. Es wird weder ausgewiesen, wer die künstlerische und wer die geschäftsführende Leitung ist, noch wird ausgewiesen, wie viel die jeweilige Person tatsächlich verdient. Wie man das zum Beispiel bei den Großbühnen sieht? - Da zeigt der Kulturbericht auf, es gibt fünf Förderungen für Großbühnen - wunderbar - und es gibt zwei Frauen und neun Männer, die in leitender Position der Großbühnen sind. Wir wissen aber nicht, was sie verdienen, warum da elf Personen auf fünf Häusern sind, wie die aufgeteilt werden - all das kann aus dem jetzigen Kulturbericht leider nicht herausgelesen werden. Das ist aber notwendig, weil es transparent sein muss, wie Leitungsjobs dotiert sind. Es muss transparent sein, wie viel Überstunden da sind, wie viele andere Gratifikationen. Alle Gender-ExpertInnen wissen, dass es bei Gender Budgeting immer ums Detail geht, nicht um den Überblick. Den Überblick kann der Kulturbericht derzeit machen, wir brauchen aber mehr. Deshalb bringen wir einen weiteren Antrag ein, in dem es darum geht, dass ein Gender Bugeting, also ein Gender Monitoring in der Kulturförderung eingebracht wird. Wir bitten darum, dass es ein umfassendes Gender Monitoring gibt, mit dem nachgeprüft wird, wo die Gelder hingehen, wer wie viel bekommt und wo man eventuell auch ansetzen müsste, um Verbesserungen zu bekommen. Das ist ein großes Projekt, es wird aufwändig sein, aber es gibt Expertinnen, die uns da helfen können. Deshalb bitte ich darum, dass Sie auch diesem Antrag zustimmen, es geht um ein Gender Monitoring im Kultur- und Wissenschaftsbereich.

 

Unser Ziel muss sein, Daten zu erheben und dann Förderkriterien anzupassen, damit wir in einer Stadt des 21. Jahrhunderts auch Geschlechtergerechtigkeit in der Förderlandschaft haben.

 

Dann haben wir noch einen 3. Antrag, den ich jetzt ganz schnell sagen werde, weil ich nur noch 1 Minuten 30 habe: Es geht darum, dass Wien neue Orte schaffen will, auch neue Orte der Kreativität. Am besten wäre es natürlich, solche Orte an einer Stelle zu haben, wo wir die Häuser, die wir nur umgestalten bräuchten, schon haben, statt diese Häuser, die wir schon haben, billig zu verscherbeln. Ein solches Haus wäre das Jagdschloss Magdalenenhof. Das ist am Bisamberg, es ist kein zentraler Ort, aber es gibt auch andere Orte, die nicht zentral sind und trotzdem tolle Kulturorte geworden sind, ich sage nur, Sanatorium Purkersdorf oder Südbahnhotel am Semmering oder auch die Bespielung des Cobenzl. Der Magdalenenhof ist denkmalgeschützt, er hat ein Landgut daneben, das heißt, auch eine gewisse Infrastruktur und eine Frequenz. Es wäre ein guter Ort, wo man mit einem guten künstlerischen Konzept und Kreativität ein neues Kleinod schaffen kann, vielleicht sogar ein kreatives Märchenschloss.

 

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