Gemeinderat, 14. Sitzung vom 28.10.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 73 von 92
einem halben Jahr 13 Millionen EUR gemeldet worden, das ist mehr als letztes Jahr, das ist mehr als vorletztes Jahr, das ist mehr als vorvorletztes Jahr. Schade, dass das wieder in die falsche Richtung geht!
Ich begrüße und wir begrüßen die Ideen, auf Bundesebene, die Presseförderung zu erhöhen, damit Medien auch überleben können, sonst ist das schwierig in Österreich. Das Motto lautet: Presseförderung hinauf und Inserate hinunter. Und es soll eine Datenbank geben, in der alle Inserate ersichtlich sind, wo man zum Beispiel sieht, dass Stadtrat X in „Österreich“ am 17. Oktober auf Seite 12 ein Inserat für das und jenes für Kosten von 42.000 EUR geschaltet hat. Das soll einfach untereinander stehen. Am besten machen wir es wie in ganz Österreich, ich muss aber wieder sagen: Wir sind hier in Wien, also machen wir da die Regeln.
Das ist der Antrag, der hier keine Mehrheit finden kann hier. Das ist ein Wahnsinn, und die Überraschung für mich war, dass das in etwa der Text ist, der im Bund von den NEOS eingebracht wurde! Und wer hat dagegen gestimmt? - Die Sozialdemokratie als Oppositionspartei hat auf Bundesebene dagegen gestimmt. Das halte ich ja für eine Sensation! Und auch die FPÖ hat auf Bundesebene dagegen gestimmt. Auf Bundesebene stimmen Parteien wie die SPÖ, die in Opposition sind, dagegen, dass Inserate begrenzt werden, dagegen, dass die Presseförderung erhöht wird, und dagegen, dass man alle Inserate offenlegt, weil sie Angst haben, dass das dann anderswo auch geschieht. Das ist vollkommen unlogisch. Und heute gibt es halt ein umgekehrtes Abstimmungsverhalten, auch bei uns, aber ich mache den NEOS keinen Vorwurf draus, denn ich weiß, wie schwierig das ist.
Der zweite Antrag, den wir einbringen, lautet: Stoppt die Inserate in der Zeitung „Österreich“. - Wir wissen natürlich schon, was das heißt, denn ich weiß ja, wie die Berichterstattung ausschaut. Und der Herr Bürgermeister verweist darauf, dass es auch Texte in „Österreich“ gibt, die nicht gut sind, aber nicht gerade die letzten drei Monate vor der Wahl.
Wir haben ja auch noch mehr Boulevard-Zeitungen. Die zweite kleine Zeitung, nicht die „Krone“, ändert ihre Tonalität in den letzten sechs Wochen vor der Wahl total: In den letzten sechs Wochen macht die SPÖ fast nichts mehr falsch, ein Koalitionspartner dann aber fast alles, letztes Mal waren es wir, das nächste Mal ist es halt jemand anderes. All das kann man schön nachlesen, all das ist schön dokumentiert über die letzten drei Wahlen in Wien: Da wechselt der Ton, und warum er wechselt, wissen wir auch. Und es ist mir auch völlig klar, was das an Berichterstattung bedeutet. Natürlich wird man in „Österreich“ nicht morgen schreiben, was denn der Ellensohn für einer ist, aber irgendwann schon, und dann wird sich wieder keiner erinnern, dass es vielleicht einen Zusammenhang gibt. Das ist mir schon klar, und deswegen bringen wir einen Antrag ein: Die Stadt Wien möge Inserate in „Österreich“ stoppen
Wenn man das nicht macht, dann muss man auch sagen: Uns ist völlig wurscht, dass die Korruptionsstaatsanwaltschaft davon ausgeht, dass dort in diesem Blatt Umfragen erscheinen, die gar keine sind, dass Rechnungen gestellt werden, die keine sind, dass Geld hineinfließt, das vom Finanzministerium nicht fließen darf, dass dort Texte stehen, die wieder nicht passen, dass alles gekauft ist. Das untersucht die Korruptionsstaatsanwaltschaft, und heute sagt die SPÖ: Wisst ihr was, wir werfen noch ein paar Millionen nach! - Das ist ja unfassbar! Und nachher wird schön darüber geredet, was man dem Journalismus alles ermöglichen muss.
Das stimmt ja. Natürlich muss man darauf schauen, dass Journalismus überhaupt möglich ist. Lesen Sie noch einmal die Empfehlung dazu hinsichtlich „Dossier“. Was kann man nämlich im „Dossier“ nicht machen? - Inserieren! Das kann man dort gar nicht, die wissen nämlich genau, was passiert, die wollen kein öffentliches Geld, die wollen auch keine Subvention. Alles, was die brauchen, sind Menschen, die dort ihren Beitrag zahlen für die Mitgliedschaft und vielleicht etwas spenden. 52 EUR, und Sie sind dabei, das läuft eh schon fast in der Kategorie förderndes Mitglied. Dann bekommt man sehr schöne Blätter, und zwar nicht nur zu Themen wie „Wer hat Angst vor der ‚Kronen Zeitung‘?“, oder „Wer hat Angst vor Wolfgang F.?“, sondern zu vielen anderen wichtigen Themen in der Stadt.
Stoppt die Inserate in der Zeitung „Österreich“! Steht eh drinnen, dass das zumindest solange geschehen soll, bis all das geklärt ist, bis geklärt ist, ob die Unschuldsvermutung gilt. Bis dahin ist kein Inserat mehr zu schalten. Sollte es zu einer Verurteilung genau darum kommen, weil die Berichterstattung verkauft wird, weil das keine echte Zeitung ist, weil der Journalismus dort gekauft werden kann, dann darf natürlich gar nicht mehr geschaltet werden. - Das ist der Antrag, der eigentlich für eine demokratische Partei eine Selbstverständlichkeit ist. Das gilt für Zeitungen, die man kaufen kann, ohne dass man mitkriegt, dass es Parteizeitungen sind. Etwa bei der „AZ“ war das hingegen okay. Die haben ja für die SPÖ geschrieben, dann ist das okay. Das „Heute“ ist aber keine offizielle SPÖ-Parteizeitung. Die Zeitung „Österreich“ sollte, wenn das stimmt, was die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft glaubt, denn sonst würden sie ja die Untersuchungen nicht einleiten, keine Inserate mehr von der Stadt Wien bekommen. - Das ist der Antrag.
Worum geht es? Ich sage das vorerst abschließend, weil ich nicht weiß, ob ich mich vielleicht noch einmal melden muss. Wie Journalismus funktioniert und wie er nicht funktioniert, ist ein wahnsinnig ernstes Thema. Aber so viel kann man aus dem Nähkästchen sagen, wobei man immer aufpassen muss, dass man dafür nicht geklagt wird: Es wurde bei den GRÜNEN schon angeklopft und gesagt - ich sage jetzt nicht, welche Zeitung das war -: Wenn ihr 50.000 EUR bezahlt, dann stellen wir die Kampagne X gegen euch ein, das nützt euch, und das bekommt ihr nachher eh wieder herein, wenn ihr bei den Wahlen besser abschneidet.
Das ist schon einmal Fakt. Und es wäre doch sehr seltsam, wenn Kern das sagt, wenn Mitterlehner das sagt, wenn Kneissl das sagt, wenn wir das kennen und nur die SPÖ davon nichts mitgekriegt hat, nur die SPÖ
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