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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 28.10.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 83 von 92

 

Verhöhnung des Rechtsstaates, man muss das ja in aller Deutlichkeit sagen.

 

Das ist auch keine Situation, die von gestern auf heute eingetreten ist, das ist eine Situation, die ewig schon vorhanden ist, und ich erlaube mir, einen Blogbeitrag, den ich vor etwa elf Jahren verfasst habe, kurz zu zitieren. Er hat „Gefälligkeiten“ geheißen und so begonnen: „Im Land der Korruption wird Bestechung zur Gefälligkeit, Insidertipps gelten als Ratschlag, Freunderlwirtschaft unterstreicht Netzwerkfähigkeit, nicht nur gekaufte Medien, quasi auch Selbstbedienungsladen fürs parteinahe Firmengeflecht.“ Beim parteinahen Firmengeflecht haben wir auf Bundesebene einiges unternommen, um es zu entflechten. Was die Inserate betrifft, leider noch nicht. Und weiter geht es: „Als Währung zählen Inserate und Aufträge. Mit großem Vorteil, ohne Worte kennen die Nehmer den richtigen Zeitpunkt, um ihre Schuld zu begleichen. Jetzt.“ Mein Kollege Ellensohn hat schon darauf hingewiesen, nein, es ist, wenn man inseriert, nicht immer die Berichterstattung gleich. Es ist auch nicht egal, zu welchem Zeitpunkt welche Berichterstattung ist. Und das „Jetzt“ hat sich damals auf den Wahlkampf bezogen. Da wussten alle Medien und alle Herausgeber, jetzt ist der richtige Zeitpunkt, um die Rechnung zu begleichen. Da braucht es gar keine Chats, wo ich ja bis heute nicht verstehe, was das für eine Selbstsicherheit und über den Dingen stehendes Gedankengut bei den jeweiligen Menschen eigentlich ist, dass man sich solche Chats überhaupt schreibt, nichtsdestoweniger, die Herausgeber wissen ganz genau, wann ihrerseits die Rechnung zu begleichen ist. Dann habe ich noch weiter geschrieben: „Häupl‘s Wahlkampf finanziert sich quasi von selbst. Trotz steigender Armut und teurem Wohnen, trotz Sommerozon und täglichem Stau, trotz Skylink-Debakel und horrenden Verlusten aus Fremdwährungskrediten kaum ein böses Wort über den ersten Bürger der Stadt, weder ‚Heute‘ noch ‚Österreich‘, der Monarch von Wien hat längst seine ‚Krone‘. Wien hat gut inseriert, mehr als 200 Millionen EUR in den letzten 5 Jahren.“

 

Das hat 2011 gegolten und unser Ziel war, dass das 2020 anders ist. Hat es funktioniert? Leider nur teilweise. Ich sage das wirklich mit all der Betroffenheit, leider nur teilweise. Es ist uns gelungen, das Inseratenvolumen zu reduzieren, damals von 30 Millionen EUR auf knapp 20 Millionen EUR im Jahr 2019, dass das Jahr 2020 tatsächlich auf Bundes- wie auf Landesebene ein Ausnahmejahr ist, und auch 2021 mit der Pandemie, das ist nachvollziehbar. Aber selbst da gilt, und da komme ich jetzt noch einmal zurück zum Medienimperium „Österreich“: Glauben Sie wirklich, dass, wenn die öffentliche Hand in diesem Medienimperium nicht mehr inseriert, es das noch gäbe? Nur um das klipp und klar auszusprechen, wenn die Stadt Wien keine 5 Millionen EUR, inklusive der gesamten Unternehmen sogar noch etwas mehr, im Jahr in „Österreich“ inseriert und wenn die öffentliche Hand in Summe nicht mehrere zig Millionen Euro im „Österreich“-Medienimperium inseriert, dann gibt es diese Zeitung, die das Schlechteste in diesem Land immer hervorbringt und in die Gehirne der Menschen einpflanzt, einfach nicht mehr. Es wäre nicht schade darum, für uns alle. Glauben Sie mir, das wäre gut für uns alle, wenn wir auf ein hetzerisches Blatt verzichten würden. Auf jemanden verzichten würden, für den gilt, wer zahlt, schafft an. Das ist tatsächlich etwas, was unsere Demokratie kaputt macht, was unsere Medienlandschaft kaputt macht. Und da brauche ich echt keine Medienstudie und auch keine Jury, um zu erkennen, dass die Zeitung „Österreich“ es nicht wert ist, dass man sie länger aufrechterhält.

 

Nichtsdestoweniger komme ich auf zwei weitere Punkte zurück, weil meine Redezeit sich langsam dem Ende nähert. Ein Punkt, der heute in Vergessenheit geraten ist, der allerdings doch immer wieder relevant wird, sind Inserate politischer Parteien in denselben Medien, in denen auch die öffentliche Hand inseriert. Und jetzt ist es vollkommen klar, jeder Partei steht es zu, mit ihrem eigenen Geld zu inserieren, wo sie will, aber nachdem es sich um öffentliche Gelder handelt, sollte es wohl selbstverständlich sein, dass auch hier offengelegt werden muss, wer wie viel in welchen Medien tatsächlich inseriert. Und ich weiß, dass wir da in den NEOS sozusagen tatsächlich auch Verbündete finden, jetzt will ich gar nicht sagen, Unterstützer oder Unterstützung, denn sie wollen dasselbe wie wir. Wir werden das versuchen, bestmöglich, hoffe ich dann, in Wien zu erreichen, aber auch auf Bundesebene, dazu stehe ich, weil ja immer auch, das darf man nicht vergessen, der Verdacht im Raum steht, die öffentliche Hand, welche Körperschaft auch immer, die Regierenden inserieren mit öffentlichen Geldern zu einem normalen Insertionspreis, und ob dann, wenn eine Partei, die den Regierenden angehört, dieselben Inserate schaltet, dasselbe zahlt, das wissen Sie alle so gut wie ich, das können wir nicht einmal kontrollieren. Und ich würde mich freuen, wenn ich das wirklich in einer klaren Transparenzdatenbank nachlesen kann, wenn die Sozialdemokratie drei Seiten in „Österreich“ inseriert, kostet es dasselbe, wie wenn die Stadt Wien drei Seiten in „Österreich“ inseriert. Für alle Parteien, für alle öffentlichen Körperschaften, nur dann ist vollkommen klargestellt, dass es nicht so ist, dass man - wie es das Finanzministerium möglicherweise vorgezeigt hat, zumindest wird das gegenwärtig in der Diskussion so dargestellt - Inserate für andere bezahlt. Und das kann man schließlich auch mit Rabatten machen.

 

In diesem Sinne werde ich einen diesbezüglichen Beschlussantrag einbringen: Der Wiener Gemeinderat ersucht Bgm Dr. Michael Ludwig sowie den für die MA 53 zuständigen Amtsf. StR KommR Peter Hanke, sicherzustellen, dass zeitnah mit den zuständigen Mitgliedern der Bundesregierung Gespräche aufgenommen werden, mit dem Ziel, eine Regierungsvorlage vorzulegen, in welcher das Medientransparenzgesetz dahin gehend abgeändert wird, dass auch Parteien inklusive der jeweiligen Klubs sowie Teil- und Vorfeldorganisationen der Bekanntgabepflicht gemäß Medientransparenzgesetz unterliegen.

 

Ein zweiter Punkt, auch dieser wurde heute schon angesprochen, sind Umfragen und Befragungen. Ich gebe ehrlich zu, wir waren zehn Jahre in der Regierung und ich weiß bis heute nicht, wie viele Umfragen und

 

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