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Gemeinderat, 14. Sitzung vom 28.10.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 86 von 92

 

wie ehrlich sind wir denn zu uns selbst? Und ich habe feststellen dürfen, ja, es gibt einerseits ein Problembewusstsein, dass das Zusammenspiel zwischen Politik einerseits und der Medienöffentlichkeit und den Medien in einem Land, in einer Stadt andererseits etwas sehr Sensibles ist, das tagtäglich neu überprüft werden muss. Ich habe aber im Zuge dieser Debatte auch feststellen dürfen, dass es manchen nur darum geht, über welches Medium gerade gesprochen wird, und fast allen Debattenbeiträgen war zu entnehmen, dass man selbst ja der Gute ist und nur die anderen vor der eigenen Tür kehren sollen.

 

Ein Medienmacher und Anteilseigner eines großen Mediums hat das Problem sehr schön vor einigen Monaten auf den Punkt gebracht, nämlich mit einem öffentlich vorgetragenen Zitat: „Natürlich werden Inserate gegen positive Berichterstattung gedealt. Wer das bestreitet, lebt hinter dem Mond.“ Das war nur nicht der Wolfi Fellner, es war ein gewisser Florian Klenk in einem Tweet am 18. Mai 2021. Lassen wir es noch einmal sickern: „Natürlich werden Inserate gegen positive Berichterstattung gedealt. Wer das bestreitet, lebt hinter dem Mond.“ Und da müssen wir uns die Frage stellen, ob das in Ordnung ist, egal, ob es beim Florian Klenk im „Falter“ oder in einem anderen Medium passiert.

 

Ich glaube, dass wir durchaus als öffentliche Hand, jetzt völlig wurscht, ob es den Bund oder das Land betrifft, immer wieder auch Informationsbedarf haben und nicht alle Inserate per se etwas Schlechtes sind. Da muss man sehr wohl unterscheiden. Aber ja, natürlich muss man hier sehr sorgsam und so objektiv wie nur möglich - ich weiß, es ist schwer - vorgehen. Was mich an dieser Neuordnung beziehungsweise Objektivierung nur ein bisschen verzweifeln lässt, wenn ich mir die Debattenbeiträge anhöre, ist etwas, was sich vielleicht am besten mit einem Zitat von Helmut Qualtinger zusammenfassen lässt: „Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.“, meine Damen und Herren!

 

Alle Fraktionen haben hier ihren Beitrag zu leisten, und ich will jetzt gar nicht auf die FPÖ so sehr eingehen, da der Kollege Guggenbichler, der Kollege Krauss, die zuerst direkt auf uns angesprochen haben, jetzt nicht mehr da sind, dass der langjährige Parteiobmann ein eigentümliches Verhältnis zur Medienpolitik hatte - hat er jedenfalls in einer lauen Sommernacht auf einer Baleareninsel von sich gegeben.

 

Interessant ist es schon bei den NEOS, wenn ich mir heute den Kollegen Ornig angesehen habe. Er kam hier heraus und hat mit wirklichem Pathos erzählt, Schweiß und Herzblut - ich habe es mitgeschrieben - wird er darauf verwenden, die Medienfreiheit sicherzustellen. Ja, ich kann mich noch gut erinnern, 2015 hatten wir eine Elefantenrunde und Ihre heutige Parteivorsitzende Beate Meinl-Reisinger hat von der „strukturellen Korruption“ in der SPÖ-Wien gesprochen. Und dann seid ihr nicht in der Lage, als Koalitionspartner auch nur einen Teilbereich an diesem derzeitigen Status quo zu ändern? Das ist enttäuschend, sage ich ganz offen. Und ihr seid ja auch völlig unabhängig, ihr könnt jetzt sagen, wir können uns in der Koalition nicht durchsetzen. Aber was habt ihr euch eigentlich gedacht, als ihr in diesem Wahlkampf 2015 an Medien herangetreten seid und gesagt habt, na, wenn wir mehr Prozente machen, zahlen wir mehr? War das nicht der Versuch, Medien zu positiver Berichterstattung zu veranlassen? Ich sehe da auch einen Sündenfall, der ohne Not von eurer Seite kam, meine Damen und Herren.

 

Zur SPÖ und zu den Skandalen der letzten zehn Jahre, 2010 bis 2020 - so viel Zeit habe ich gar nicht -, vielleicht nur zu Medienthemen per se: Ich will da gar nicht das Mediaquartier Marx ansprechen, denn es kam ja gar nicht dazu, dass das ein Medienskandal war, es ist ja schon als Bauskandal gescheitert. Aber da gibt es doch noch viele andere Beispiele. Die Rechnungshofkritik zur MA 50 wurde heute schon genannt. Die freien Entnahmeboxen und die Deals dahinter, die nie publik wurden, würden auch sehr viele in dieser Stadt interessieren. Oder - der Herr Bürgermeister ist da und es geht in dem Fall um seinen Vorgänger - es wäre schon interessant, wie über viele Jahre der Vorgänger von Bgm Ludwig, der Michi Häupl, sich von einem Medium, das eigentlich Auftragnehmer der Stadt war, sein Geburtstagsfest hat bezahlen lassen. Das hat sogar den heute schon einmal genannten Florian Klenk zu einem Artikel veranlasst, wo er gemeint hat, ob die Compliance in dieser Stadt komplett abgeschafft worden sei. - So viel zur SPÖ.

 

Und W24, ein Sender im Eigentum der Stadt, überhaupt nicht unter Kontrolle irgendwelcher Gremien, damit dort die Unabhängigkeit gewahrt wird. Was haben wir in dieser Stadt, was haben wir in diesem Land bei der Bestellung der Führungsgarnitur im ORF diskutiert? Zu Recht wurde diskutiert. Und die Stadt Wien hat einen Fernsehsender, was dort passiert? Dort gibt es tolle Journalisten, nicht, dass das falsch verstanden wird, aber wie dort agiert wird, liebe Opposition, das geht euch ja wirklich einen Dreck an, hört man so in den nicht gesagten Wortmeldungen zu diesem Thema.

 

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt komme ich zu der Fraktion, die die heutige Dringliche eigentlich sozusagen angeregt hat und wo uns sowohl der Klubobmann Ellensohn als auch der Kollege Margulies hier wirklich mit viel Herzblut erklärt haben, was es ihnen für ein Herzensanliegen ist. Jetzt kam schon von einigen Vorrednern, es wirkt halt nicht sonderlich glaubwürdig, wenn ihnen das erst nach zehn Jahren und vor allem, wenn man halt nicht mehr in der Koalition ist, einfällt. Aber sei es drum, was mich ja noch viel mehr stört, ist, wenn man davon spricht, dass man nicht möchte, dass Inserate und Berichterstattung miteinander verbunden werden und man daher nicht über Gebühr in einem Medium inserieren möchte, dass man vier Monate vor der berühmten Wahl 2015, vier Monate davor, nicht eine halbe Seite, nicht eine Seite, sondern eine Sondernummer mit 64 Seiten als Extrabeilage in einem Medium, das dort halt genehm war, im „Falter“, zum Thema Stadtplanung gemacht hat. Und in diesen 64 Seiten, wenig überraschend - es wird auch angegeben, dass das in enger Zusammenarbeit mit der damaligen zuständigen Stadträtin Vassilakou und dem damaligen Planungsspre

 

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