Gemeinderat, 16. Sitzung vom 29.11.2021, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 98
den Voranschlag 2021 gegangen ist, war nämlich eines dieser strategischen Ziele eine schlanke und serviceorientierte Verwaltung für EPUs und KMUs. Eine schlanke, serviceorientierte Verwaltung: Dieses Ziel ist jetzt komplett gestrichen, das finden wir natürlich schade, und daher werden sich auch die Schulden in dieser Stadt weiter erhöhen, von 2010 bis 2023 von 3 Milliarden EUR auf über 12 Milliarden EUR.
Sie werden sich nicht nur erhöhen, sie werden sich damit vervierfachen, eine Vervierfachung der Schulden innerhalb von 13 Jahren. Weil Sie gesagt haben, Herr Finanzstadtrat, das Defizit wird sukzessive reduziert - da möchte ich vielleicht nur eine ein bisschen semantische Diskussion starten -, es wird nicht das Defizit kontinuierlich reduziert, sondern die Neuverschuldung eventuell weiter reduziert. Im Moment wird sie ja tendenziell erhöht oder es steigt. Das heißt, das Ziel ist nicht, dass wir ein Defizit reduzieren, denn das würde heißen, dass wir Dinge zurückzahlen, sondern die ganze Debatte dreht sich allein nur um die Neuverschuldung.
Man kann vielleicht vieles auf Corona schieben, sehr geehrter Her Finanzstadtrat, aber sicher nicht diese Schulden von 13 Jahren, und auch nicht diesen hohen Schuldenberg. Dieses Budget, das Sie vorgelegt haben, ist ein in Zahlen gegossener Beweis für die rote Selbstzufriedenheit in Wien, die dieser Stadt nicht gut tut, sehr geehrte Damen und Herren.
Ich möchte auch gleich mit einem Mythos aufräumen, den Sie da in den Raum gestellt haben. Das war natürlich erwartbar und ich gebe zu, auch auf Bundesebene ist die Corona-Pandemie oder deren Bewältigung natürlich auch beim Budget ein Faktor. Wenn man aber jetzt, was Sie gesagt haben, Ausgaben zur Bewältigung der Krise gegenüberstellt: Wie viel hat die Stadtregierung innerhalb der letzten eineinhalb Jahre für Hilfspakete ausgegeben? Ich sage es Ihnen, es waren 416 Millionen EUR. Zwischen März 2020 und September 2021 hat Wien genau 416 Millionen EUR für Corona-Hilfsmaßnahmen ausgegeben, bei 1,7 Milliarden EUR geplanter Neuverschuldung für 2021, also 416 Millionen EUR, während der Bund im Übrigen 8,3 Milliarden EUR für die Wiener Unternehmen ausgegeben hat.
Auch da kann ich Ihnen einen kleinen Exkurs nicht ersparen. Von diesen 416 Millionen EUR wurden gerade einmal 4 Millionen EUR, weil Sie es auch wieder erwähnt haben, für die „Stolz auf Wien“ Beteiligungs Gmbh ausgegeben, auf die in dieser Stadt wohl niemand mehr stolz ist. Nicht genug aber, dass Sie die Unternehmerinnen und Unternehmer nicht ausreichend unterstützen, Sie drangsalieren sie noch in verschiedenen Bereichen und steigern die Belastungen. Sie haben mit 1.1.2022 für Haushalte, für Unternehmerinnen und Unternehmer eine saftige Gebührenerhöhung, eine Mehrbelastung von 50 Millionen EUR gestartet.
Im Frühjahr startet die Parkraumbewirtschaftung: Null Reform des Systems, null Verbesserung des Systems, sondern ein reines Abkassieren statt Reformieren. Damit nicht genug, die Luftsteuer, die wir auch immer wieder kritisieren, ein sehr skurriles Konstrukt, wird nicht abgeschafft, sondern mit 1.1.2022 sogar noch valorisiert. Sie hatten im Frühjahr, am Höhepunkt der Pandemieherausforderungen, für viele Unternehmerinnen und Unternehmer in dieser Stadt nichts Besseres zu tun, als Blumentöpfe und Schilder zu kontrollieren und zu schauen, dass die Luftsteuer ja gezahlt und eingehalten wird, sehr geehrte Damen und Herren. Das ist das Verständnis von Unterstützung für Unternehmertum in Wien, und das finde ich schade und schändlich, sehr geehrte Damen und Herren.
Wir wollen im Gegensatz zu Ihnen, dass der Mittelstand und auch mittelständische Unternehmen entsprechend entlastet werden. Wir haben den Vorschlag für eine Wiener Steuerreform gemacht, mit einem errechneten Volumen von 100 Millionen EUR. Dabei sollen sowohl die Arbeitsplatzsteuer - Schrägstrich Dienstgeberabgabe - als auch die Luftsteuer ersatzlos gestrichen werden. Das geht aus unserer Sicht ganz einfach, und ich darf dazu einen entsprechenden Beschlussantrag einbringen.
Kommen wir aber zurück zum Budget. Ich habe es zuvor kurz erwähnt, 416 Millionen EUR wurden für Wirtschaftshilfen ausgegeben. Wie hoch aber ist die Neuverschuldung: 2021 1,74 Milliarden EUR, 2022 1,53 Milliarden EUR, 2023 1,36 Milliarden EUR. Wenn jetzt anscheinend die konkreten Corona-Hilfen für diese Neuverschuldung allein von den Zahlen her nicht ganz ausschlaggebend sein können, dann werden Sie wahrscheinlich sagen, na ja, es gibt ja viele zusätzliche Kosten, die durch Corona entstanden sind. Ja, aber dann muss man auch so fair sein und sagen, dass ein sehr großer Teil, vor allem auch im Gesundheitsbereich, durch den Bund kompensiert wird.
Ob es Teststraßen sind, ob es PCR-Tests, Impfungen, et cetera sind, diese werden ja vom Bund getragen. Zuletzt wurden zum Beispiel 12,8 Millionen EUR für Testungen refundiert, also nichts, was jetzt das Wiener Budget direkt belastet. Insofern stellt sich für mich schon die Frage, sehr geehrter Herr Finanzstadtrat: Wie rechtfertigen Sie die neuen Schulden - jeweils über 1 Milliarde EUR -, wenn die Kosten der Krisenbewältigung anscheinend nicht ausschlaggebend sind und wenn wir sprudelnde Einnahmen haben?
Sie haben es ja in Ihrer Rede auch erwähnt, Sie haben es schon angekündigt. Wir werden 2021 besser ins Ziel kommen, aber nicht, weil wir sparsam oder effizient waren oder weil Sie irgendwo gut mit dem Steuergeld umgegangen sind, sondern weil heuer die Ertragsanteile so hoch sein werden und weil die Wirtschaft im heurigen Jahr auch gut funktioniert hat. Sehr geehrter Herr Stadtrat, wir haben es auch immer wieder gesagt: Es steht nicht sehr schlecht um die Einnahmen in dieser Stadt, nicht nur Ertragsanteile, sondern auch Gebühren. Was ist also der wahre Grund dafür, dass wir hier schon wieder eine Neuverschuldung diskutieren? Ich sage es Ihnen, es ist ganz einfach: Die SPÖ kann mit Geld einfach nicht umgehen. Das war so, das ist so, und ich befürchte, das wird auch so bleiben, sehr geehrte Damen und Herren.
Wir haben, wie gesagt, in Wien kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem, und diese Selbstzufrie
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