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Gemeinderat, 17. Sitzung vom 20.12.2021, Wörtliches Protokoll  -  Seite 89 von 137

 

Sie diese Reputation wiederherstellen? - Keine Antwort durch den Herrn Bürgermeister. Die Frau Stadträtin hat sich zu diesen Briefen geäußert, und sie hat sich vor allem zu einem Thema geäußert, nämlich dass es ihr leid tut, dass der Brief an Minderjährige gegangen ist. Offensichtlich ist es aber kein Problem, dass die Briefe an WissenschafterInnen gegangen sind, dass sie an NGOs gegangen sind, dass sie an unbeteiligte Menschen gegangen sind, die nie einen Fuß auch nur in die Nähe der Orte der Besetzung gesetzt haben. Diese Briefe wurden offenbar wahllos an jene geschickt, die ihre Meinung in sozialen Medien oder in anderen Medien geäußert haben. Und das ist das Problem an diesen Klagen: Es geht dabei nicht um einen legitimen Vorgang, sondern um einen illegitimen Vorgang. Sie betonieren wahllos Menschen, weil sie gegen Ihre Betonpolitik auftreten, mit juristischen Mitteln ein, und das ist undemokratisch!

 

1984 sagte Bau-Holz-Gewerkschafter Josef - „Holly“- Hesoun: Wenn wir sagen, es wird gebaut, dann wird gebaut. - Das war die Doktrin der Arbeiterpartei zum Kraftwerk Hainburg. (Zwischenruf.) Danke! Entschuldigung: „ Jolly“ Hesoun! - Es kam dann aber doch anders.

 

In Wien sagen heute Ludwig und Sima: Es wird gebaut. Man will aber die hässlichen Bilder nicht, deshalb wählt man in Wirklichkeit einen viel brutaleren Weg. Das sage nicht ich, das sagt die Stadtzeitung „Falter“: Es gibt keine hässlichen Bilder, sondern hässliche Briefe, existenzbedrohende Klagsdrohungen, die der ehemalige SPÖ-Justizsprecher Hannes Jarolim ausschickt, und zwar mit dem Inhalt, dass AktivistInnen für alle Schäden pauschal, also kollektiv haften. Die Auswahl erfolgt offenbar wahllos, sie hat nichts damit zu tun, ob man dort war oder nicht.

 

Ganz so wahllos dürfte es dann aber doch nicht gewesen sein, denn auch die Stadträtin wird zitiert. - Sie sagt im „Kurier“: „Wir haben uns gemeinsam mit der Anwaltskanzlei sehr genau angeschaut, wer die Besetzung organisiert, sich daran beteiligt und dazu aufgerufen hat mitzumachen.“ - Wie soll ich mir das vorstellen? Sitzen da die Frau Stadträtin oder eine ihrer Mitarbeiterinnen und einer ihrer Mitarbeiter gemeinsam in der Anwaltskanzlei vor dem Laptop und schauen sich die Profile von Minderjährigen an, die möglicherweise gesagt haben, dass die Stadtstraße gut oder schlecht ist? Ist das Ihr Verständnis von Demokratie und freier Meinungsäußerung, die nicht eingeschränkt wird, Dr. Gara? Wenn aufgerufen wird, gegen diese Betonpolitik aufzutreten, dann bekommt man einen Anwaltsbrief: Das soll keine Einschränkung der freien Meinungsäußerung sein? Geht’s euch noch gut? Das ist eine jämmerliche Geste!

 

Man kommt wirklich aus dem Staunen nicht heraus! Während die Stadt Wien eine Kampagne „Fake-Haare statt Fake News“ fährt, verbreitet die Stadt Wien Fake News mit Summen in siebenstelliger Höhe, mit Millionen Euro Steuergeld und organisiert staatliche Desinformation, um die eigene Ideologie durchzuboxen und nebenbei auch noch den demokratiezersetzenden Boulevard vollzustopfen. Nicht nur das, sondern auch die Stadträtin und sogar der Bürgermeister verbreiten daraufhin Fake News. Der Bürgermeister widerspricht den eigenen Publikationen und sagt, dass die Lobau-Autobahn die beste Variante wäre.

 

Mich hat letztes Mal Herr Omar Al-Rawi gefragt, woher ich diese Information habe. - Hier ist eine Publikation der Stadt Wien zur Strategischen Umweltprüfung, die diese Varianten untersucht hat. Und darin wird auch angeführt, dass die jetzt geplante, also die in der Vergangenheit zur Diskussion gestandene, Autobahn die am schlechtesten bewertete Variante von fünf Varianten ist. Der Bürgermeister stellt sich jedoch hin und sagt, dass mit allen ExpertInnen geredet wurde. - Ja, das mag sein, doch dann hat man sich für die schlechteste Variante entschieden. Gratulation! Und jetzt will man die Klimaministerin klagen, dass sie - zum Glück! - diese Fehlentscheidung abwendet.

 

Ebenso sagen Sie, dass das unbegründet sei. - Man kommt ja aus dem Staunen nicht heraus: In Anbetracht dessen, dass der Verkehrssprecher der SPÖ die Lobau-Autobahn auf Biegen und Brechen durchboxen will, nicht einmal die Evaluierung des Asfinag-Bauprogrammes gelesen hat, bleibt einem wirklich die Spucke weg! Auf über 150 Seiten werden die Auswirkungen der unterschiedlichen Projekte untersucht und bewertet, und man kommt faktenbasiert zu dem Schluss, dass die Lobau-Autobahn natürlich nicht durch einen Nationalpark gebaut werden würde. - Wer kommt denn auf eine solche wahnwitzige Idee! Es gibt selbstverständlich auch andere Fakten, die dagegen sprechen. Der Tunnelbau verursacht einen mindestens vierfachen CO2-Verbrauch im Vergleich zu Freilandstrecken im Bau. Und es kommt zu einer derartigen Kapazitätserweiterung des Verkehrs, und zwar des zusätzlichen Verkehrs, dass das ganz einfach klar im Widerspruch zu dem beschlossenen Pariser Klimaschutzabkommen steht. Wie kommen Sie also auf die Idee, dass eine Klimaschutzministerin ein Projekt umsetzen würde, das einfach ganz klar dem Klimaschutzabkommen widerspricht?

 

Ihre Behauptungen lauten weiters, dass die Ministerin die Stadtstraße freigegeben, durchgewunken und grünes Licht dafür erteilt hätte. - Das ist einfach erfunden und erlogen! Warum? - Weil es in dieser Evaluierung um Bundesprojekte ging und die Stadtautobahn ein Projekt der Stadt Wien ist. Das liegt in Ihrer Verantwortung, und im Rahmen einer verantwortungsvollen Politik würde man jetzt Folgendes machen: Man würde eine eigene Evaluierung und einen eigenen Klima-Check machen und daraus dann die Konsequenzen ziehen. Das beinhaltet Ihre eigenen Worte. Selbst wenn man jetzt findet, dass es immer eine gute Idee war: Die Lobau-Autobahn ist Geschichte. Sie wird nicht umgesetzt. Und damit würde die Stadtautobahn die teuerste Sackgasse Österreichs werden. Dass man im Hinblick darauf nicht auf die Idee kommt, einen Schritt zurückzutreten und vielleicht zu überlegen, ob das noch die klügste Variante ist, das finde ich wirklich verantwortungslos! Und es gefährdet den sozialen Wohnbau in Wien, wenn Sie nicht in Alternativen denken, sondern nur einen Plan A haben.

 

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