Gemeinderat, 18. Sitzung vom 13.01.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 26 von 28
zum Karlsplatz: Das sind ja bitte Monumentalprojekte, die seinerzeit durch ein falsch entwickeltes Mobilitätskonzept entstanden sind und nun einfach der Vergangenheit angehören. Hier geht es ja doch nicht um eine Autobahn, auch wenn ihr immer wieder wiederholt, es handle sich um eine Autobahn, es ist keine Autobahn, sondern es ist ein 3,2 km langes Stück Stadtstraße.
Du sagst in deiner Ansprache, wir sollten nicht dauernd von der Vergangenheit reden. Ja, wir reden nicht von der Vergangenheit, wir reden von der Zukunft. Für die Entwicklung eines Stadtgebiets wie der Seestadt oder auch wie Rothneusiedl oder Gabelweg oder was auch immer, brauchen wir halt ein paar Jahre Zeit. Und dieses Konzept können wir nicht alle zwei oder drei Monate einfach ändern und kübeln.
Herr Ellensohn, ich kann mich erinnern, ich bin im Oktober 1978 nach Österreich immigriert, einen Monat vor der Abstimmung zu Zwentendorf. Es hat mich damals sehr fasziniert, zu wissen, es gibt so etwas wie eine Volksabstimmung, ich habe mir alle Argumente angehört, habe auch noch mitbekommen, dass Menschen damals taktisch gestimmt haben, nicht wegen der Sache. Ja, es stimmt, damals war die Sozialdemokratie mehrheitlich für das Atomkraftwerk, wir haben dann im Laufe der Jahre unsere Meinung geändert. Ihr wart am Anfang gegen den EU-Beitritt, habt bei der Volksabstimmung gegen den Beitritt zur EU gestimmt und habt dann auch eure Meinung geändert. Also uns dauernd diese Geschichten von vor 40 Jahren vorzuwerfen, das verstehe ich, ehrlich gesagt, nicht.
Ja, der Strom ist nicht ausgegangen und ja, wir sind nicht eingefroren, aber erzähl die ganze Geschichte, lieber David Ellensohn. Wer im Tullnerfeld jetzt Richtung Niederösterreich fährt, kann ganz genau sehen: Da steht noch immer Zwentendorf und - ich weiß nicht - 1 km, 2 km daneben steht das Kraftwerk Dürnrohr. Man hat dann statt dem Kraftwerk Zwentendorf das Kraftwerk Dürnrohr betrieben, das man Gott sei Dank jetzt stillgelegt hat, das 40 Jahre lang mit Kohle und CO2 die Luft verpestet hat. Bitte nicht falsch verstehen, ich bin kein Befürworter der Atomkraft, aber ich will damit nur sagen, dass man damals Menschen belogen hat, dass man Strom braucht. Das entspricht nicht ganz der Wahrheit.
Genauso bei Hainburg: Bei Hainburg war einfach die Planung eine Katastrophe, aber das Prinzip, dass man erneuerbare Energie und Wasserkraft für die Produktion von Strom einsetzt, ist prinzipiell nicht falsch. Und ihr wart, soweit ich mich erinnern kann, jahrelang und bei jedem Wasserkraftwerk Gegner der Errichtung von Wasserkraftwerken. Für die Leute, die vielleicht das mit Hainburg nicht ganz wissen, ich weiß es als Bauingenieur: Die Donaukraftwerke und damals die E-Wirtschaft und die Bauwirtschaft haben natürlich an Gewinnmaximierung gedacht, man hat nicht in Nassbauweise mitten in einem Fluss ein Kraftwerk errichtet, sondern man hat daneben ein riesen Loch gegraben, dort hat man ein Kraftwerk gebaut, dann hat man die Donau umgeleitet. Die Idiotie der Planer damals war, dass man die Au sozusagen wegrodet, dort das Loch errichtet und dort ein Kraftwerk baut, und das war halt ein riesen Problem, weil es eben dieser Gewinnmaximierungsgedanke in dieser Sache war.
Zum Antrag, den ihr uns da jetzt vorwerft: Ich glaube, GR Irschik hat das eh erklärt und ich habe auch mit Dr. Stürzenbecher geredet, mutmaßlich ist es so, das ist juristisch notwendig, dass wir auch bei jedem Bericht über irgendwelche Ermittlungen immer wieder sagen müssen: Es gilt die Unschuldsvermutung. Das ist halt so und so werden Anträge halt gestellt. Wer den Antrag dann liest, wenn ich an Kollegin García erinnere, da steht gleich im zweiten Satz: Acht Menschen, darunter Jugendliche, befanden sich zu diesem Zeitpunkt noch im Holzbau, konnten aber glücklicherweise gerettet werden, es ist die Rede von dem feigen Brandanschlag, dass man es auf das Schärfste verurteilt. - Also das hier so zu erzählen, als wäre die Sache eine Verwässerung, ist einfach nicht okay.
Mich wundert es auch, warum wir jetzt plötzlich die Diskussion über irgendeine Facebook-Gruppe haben, die ich nicht einmal kenne, ich bin dort Gott sei Dank nicht Mitglied. Ich kann euch aber sagen, ich bin in sehr vielen dabei, man wird oft geaddet. Ich habe nie die Zeit oder die Möglichkeit, alles zu verfolgen, was dort geschrieben wird, aber wenn dort etwas Furchtbares erzählt wird, ist es selbstverständlich auf das Schärfste zu verurteilen.
Eine Bitte an meine Freunde von der Grünen Fraktion - ich bezeichne euch immer noch als Freunde: Mir gefällt die Empathie, mir gefällt normalerweise auch euer Einsatz für Menschenrechte, aber um glaubwürdig zu sein, würde ich aber gerne von euch erwarten - ich weiß, es ist nicht immer leicht und ich mache euch jetzt keinen Vorwurf, denn ihr sitzt in der Koalition mit der ÖVP, ich weiß, das ist nicht immer leicht -, dass diese Empathie schon überall gelten soll. Es ehrt euch, dass ihr euch Sorgen um Jugendliche macht und dass ihr emphatisch seid. Ich habe Heidi Sequenz auch sehr genau zugehört, als sie geschildert hat, dass es einen Knall gegeben hat und ich weiß jetzt nicht, was. Vor einer Woche war im arabischen Sender Al Jazeera, ein bissel so etwas wie der CNN des arabischen Raums, ein Bericht. Ich bin der arabischen Sprache mächtig und habe den Bericht verfolgen können, er war zirka 50, 60 Minuten lang, hat ganz detailliert über die unsägliche „Operation Luxor“ in Österreich berichtet.
Dort habe ich zum ersten Mal Betroffene gehört, gehört, wie ein Vater erzählt, dass um 5 Uhr in der Früh oder um 6 Uhr, ich weiß nicht, zur Morgendämmerung, man an seine Tür gehämmert hat, er hat aufgesperrt, man hat ihn zur Seite geschoben und gesagt, man müsse jetzt da reinstürmen. Er hat gebettelt, gesagt, da seien Kinder drinnen, seine Tochter sei herzkrank, da könnte ja was passieren. Man ist reingestürmt. Und dann haben Kinder erzählt, wie man Väter vor ihren Augen am Boden geknebelt hat und mit dem Knien auf ihnen gesessen ist. Frauen haben erzählt, sie seien im Bett aufgewacht und da standen Leute von der Cobra mit Maschinengewehren, den Lauf auf ihre Schädel gerichtet.
Und wo kam von euch, ihr sitzt ja in der Koalition, eine einzige empathische Reaktion? Es war immer die Rede von Empathie, wo war diese Empathie? Die habe
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