Gemeinderat, 19. Sitzung vom 26.01.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 23 von 114
Zukunftschancen. Und das Problem zieht sich dann noch weiter. Es ist ja nicht so, dass nur diese Generation betroffen ist, sondern da gibt‘s ja auch einen Effekt für die nächsten Generationen, und deswegen muss hier deutlich mehr passieren.
Ich hab‘ jetzt letzte Woche mit jemandem aus einer Personalabteilung gesprochen, der dringendst auf der Suche nach jungen Arbeitskräften ist. Er hat dann gesagt, er schreibt viele Jobs aus, er hat noch mehr Bewerbungen, er kann aber trotzdem seine Stellen nicht besetzen und das Problem liegt ganz einfach daran, dass bei den grundlegenden Sprachkompetenzen enormer Aufholbedarf ist und die Bewerber für viele Berufe ganz einfach nicht geeignet sind. Deswegen ist das das größte Feld, das wir im Bildungsbereich natürlich anpacken müssen, vor allem im Kindergarten, in den Pflichtschulen. Da geht‘s um Sprachförderung und ich bin wirklich froh darüber, dass die Bundesregierung damals unter Heinz Faßmann als Bildungsminister die Deutschförderklassen eingeführt hat, weil es klar ist, dass ein junger Mensch nicht dem Unterricht folgen kann, wenn er nicht ausreichend Deutsch kann. Das merken wir bei den Bildungsstandards vor allem auch in Mathematik. Aber es geht natürlich auch um Maßnahmen, die in der Stadt gesetzt werden. Ich mag es nicht kleinreden, es gibt durchaus auch gute Projekte. Wir reden ja heute später dann auch über die Assistenzkräfte in den Kindergärten, die aufgestockt werden. Aber da passiert zu wenig und vor allem passiert es zu spät. Es ist so, dass wir in Wien die größten Gruppen in den Volksschulen und Mittelschulen haben und das ist für uns vollkommen unverständlich, weil es vom Bund nach einem gerechten Schlüssel nach Schüleranzahl genau gleich viele Planstellen gibt für die Bundesländer. Jetzt wissen wir, es gibt gleich viele, die oben hineinkommen und am Ende sind aber die Klassen in Wien um dreieinhalb Kinder in den Volksschulen größer als in Niederösterreich. Die Frage stellt sich schon: Wenn der Bund diese Lehrer sogar bezahlt, wohin wandern die nachher? Genau deswegen haben wir jetzt auch ein Prüfersuchen beim Stadtrechnungshof abgegeben, der das prüfen wird, weil eines ist klar: Wenn hier wirklich Personen als Lehrer abgerechnet werden, die nicht in den Klassen stehen, dann stiehlt hier die Stadtregierung ganz deutlich die Zukunftschancen von jungen Menschen!
Ich sehe den Blick von der Frau Vorsitzenden, ich sag‘ den letzten Satz. Es gäbe noch viel zu sagen und ich freue mich dann auch schon auf die Ausführungen, insbesondere zu den Lehrlingen und zu Veränderungen am Arbeitsmarkt von meiner Kollegin Margarete Kriz-Zwittkovits und auf spannende Debatten heute. Vielen Dank.
Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr GR Schulz. Sie sind am Wort.
GR Benjamin Schulz (SPÖ): Danke, Frau Vorsitzende! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Zuseherinnen! Liebe Zuseher!
Die Corona-Pandemie hat nicht nur zu einer dramatischen Entwicklung am österreichischen Arbeitsmarkt geführt. Sie hat auch unsere Lebens- und Arbeitswelt von einem auf den anderen Tag grundlegend verändert. Büroarbeitsplätze wurden von heute auf morgen ins Homeoffice verlagert. Statt aufwändiger Geschäftsreisen wurde in vielen Bereichen auf Onlinemeetings umgestellt. Durch das Arbeiten im Homeoffice, die flexiblen Arbeitszeiten und weniger Geschäftsreisen ergeben sich für berufstätige Mütter und Väter neue berufliche Chancen. Doch auch im Homeoffice braucht es klare Regeln. Im Zuge von Sozialpartnerverhandlungen wurden die wichtigsten Rahmenbedingungen für ein regelmäßiges Arbeiten im Homeoffice festgelegt. Danke besonders der Arbeiterkammer und den Gewerkschaften, die sich wie immer für die Rechte der ArbeitnehmerInnen eingesetzt haben und auch weiterhin entschieden und kontinuierlich für die Verbesserung der Rahmenbedingungen eintreten.
Corona hat unser soziales Leben massiv eingeschränkt. Vor allem junge Menschen haben ganz besonders unter der Pandemie gelitten. Familien und Kinder waren von geschlossenen Bildungseinrichtungen betroffen. SchülerInnen fehlte die nötige Infrastruktur. Bei Studierenden brachen Praktika und Nebenjobs weg. Zugesagte Lehrstellen beziehungsweise Jobs wurden kurzfristig wieder abgesagt. Seitens der Bundesregierung fehlten viele wichtige Maßnahmen für Lehrlinge an den Berufsschulen, seien es passende digitale Geräte oder ebenfalls benötigte FFP2-Masken wurden nicht zur Verfügung gestellt. Lehrlinge sind keine SchülerInnen zweiter Klasse. Sie haben sich einen Bildungsminister verdient, der sich ihrer Probleme genauso annimmt wie von allen anderen SchülerInnen.
Als Lehrlingssprecher möchte ich ganz besonders auf die Situation von jungen Menschen am Arbeitsmarkt näher eingehen. Derzeit gibt es in Wien zirka 17.354 Lehrlinge. Die Zahl der Lehrlinge im 1. Lehrjahr, aber vor allem auch in der überbetrieblichen Lehrausbildung ist gestiegen. Einen deutlichen Rückgang an Lehrlingen gegenüber 2019 gibt es in der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft. Hier gibt es minus 474 Lehrlinge. Gravierender sieht man den Unterschied, wie gesagt, in der überbetrieblichen Lehrausbildung. Im 1. Lehrjahr gibt es um 842 Lehrlinge, also in Summe um 71,1 Prozent mehr junge Menschen als 2019. Wir gehen in Wien als Fortschrittskoalition einen sehr erfolgreichen Weg, um einerseits die Lehre aufzuwerten und anderseits auch Ausbildungsplätze sicherzustellen. Seit dem Beginn der Pandemie wurden hier im Wiener Gemeinderat viele wichtige Beschlüsse gefasst, um einerseits der damals drohenden Jugendarbeitslosigkeit entgegenzuwirken und andererseits den Jugendlichen eine qualitativ hochwertige Ausbildung zu ermöglichen, zum Beispiel die Lehrlingsoffensive der Stadt Wien, die Einführung des Ausbildungsverbundes Corona Wien, eine Jugendstiftung, welche vom WAFF, vom Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds erarbeitet und ins Leben gerufen wurde. Mehrere Maßnahmenpakete wurden beschlossen, um in die Aus- und Weiterbildung von Jugendlichen, aber auch in die überbetriebliche Lehrausbildung zu investieren.
Im März 2021 wurde der Lehrlingsbonus von der Bundesregierung auslaufen gelassen. Wir in Wien haben
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