Gemeinderat, 20. Sitzung vom 23.02.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 128
gen, die noch dieses Amtsgeheimnis haben. Wenn ich das dem Bäcker erklären muss, was heißt Amtsgeheimnis genau und was hat das mit ihm zu tun, oder der Straßenbahnfahrerin, das ist gar nicht so einfach. Was es am Schluss macht, ist: diese ganzen Korruptionsfälle leichter möglich.
Und genau da müssen wir ansetzen: Wir brauchen mehr Vertrauen in die Politik, mehr Kontrolle und bessere Regeln. Das ist ja kein kulturelles Problem - oder wahrscheinlich mittlerweile schon, die Gesetze passen nicht, dann glaubt man, es ist alles okay. Ich merke ja, dass, wenn man mit Leuten in der Politik redet, finden es ja fast alle normal: Wenn der Nationalratspräsident eine Liste mit Interventionen führt, weil er sonst nicht mehr weiß, welchem Freund es was versprochen hat - das ist ja unglaublich! Wenn in Wien früher die Gemeindewohnungen einfach über die Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorsteher verteilt worden sind, jeder einen Sockel gehabt hat, und wer halt reinkommt und die kennt, kriegt eine, und der andere kriegt keine. - Das geht alles nicht!
Und abgestellt wird davon verflucht wenig, wenn ich mir das anschaue. Das ist mittlerweile ein kulturelles Problem, wenn Spitzenpolitiker - da kann man die männliche Form nehmen - sich die Berichterstattungen in Tageszeitungen mit Inseraten kaufen, wenn Umfragen gemacht werden, die offensichtlich gekauft und falsch sind - zumindest untersucht das die Staatsanwaltschaft -, wenn die Wahlkampfkosten in Wahlkämpfen einfach gesprengt werden können, weil die Strafe so niedrig oder nicht vorhanden ist, dass es sowieso blunzen ist. Wenn man sich das alles anschaut, ist das wirklich ein Elend.
So, und jetzt ist die Frage, was man alles tun kann. Was kann der Bund machen? Was kann Wien machen? Da sind wir auf der Wiener Ebene: Das meiste, was ich da herinnen höre, was man machen kann, ist, der Bund soll. Wir machen, höre ich verflucht selten, nicht in zehn Jahren Koalition, und jetzt schon gar nicht. Man könnte sagen, SPÖ, NEOS macht es auch, und ein Mitanpatzen probieren. Nein, ist nicht notwendig. Es ist wahnsinnig schwierig über die letzten Jahrzehnte gewesen, die ÖVP bei irgendetwas zu bewegen. Und das Gleiche gilt für die SPÖ. Die NEOS haben erst vor ein paar Jahren neu angefangen und wollten es anders machen. Das ist ihre Aufgabe, das in Wien zu machen, was meine Kollegen und Kolleginnen in Vorarlberg machen.
In Vorarlberg machen die ÖVP und die GRÜNEN ein neues Parteiengesetz. Und die sagen nicht, wie ich es hier als Ausrede tausend Mal gehört habe: Zuerst muss der Bund machen, denn vorher bewegen wir uns im Kreis, und dann, wenn die sagen, wir wollen ein Informationsfreiheitsgesetz, dann schreiben wir heute noch schnell einen Antrag, dann schreiben wir wieder hinein, dass wir dafür sind, und dann schreibt das Amt der Wiener Landesregierung über 40 Seiten - das haben die wenigstens da herinnen alles gelesen. - Müssen Sie nicht, ich sagen Ihnen die Zusammenfassung: Auf Seite 1 fangt es an mit ja eh, und dann kommen über 40 Seiten, wo drinnensteht, nein, nein, nein, denn man muss dieses und jenes berücksichtigen. Und am Schluss heißt es: Wien sagt Nein. - Ist eh nicht das einzige Bundesland, mehreren Städten, mehreren Gemeinden, mehreren Bundesländern passt das nicht, weil es in Österreich immer noch nicht funktioniert. Und die Bundesministerin Edtstadler, mit der ich nicht in allen Punkten übereinstimme, sagt fast schon resignierend: Was soll ich machen, wenn diese ganzen Stellungnahmen daherkommen? Und dann sind sie auf Nein gestellt, angefangen bei der Bundeshauptstadt, die man als Verbündete in der Frage brauchen würde. Haben wir nicht.
Es ist Aufgabe der NEOS, das der SPÖ näher zu bringen in diesem Jahr. Ich sage Ihnen auch, warum: Jetzt ist der Zustand so, dass es die Leute sehen. Jetzt kriegen es alle draußen mit, dass das so nicht funktioniert. Heuer muss man die Regeln ändern, das ist nämlich immer schwer ohne Anlass. Jetzt ist es wirklich leicht. Deswegen funktioniert es ja auf mehreren Ebenen aus unserer Sicht. Der Bund legt also ein Informationsfreiheitsgesetz vor und das würde uns was nützen, wenn man das weiter macht. Der Landesrechnungshof in Vorarlberg bekommt neue Kontrollrechte und darf in die Parteikassen hineinschauen. Na, stellt euch das vor? Und ich habe natürlich das Koalitionspapier gelesen, nur, in Vorarlberg wird es jetzt gemacht und in Wien werde ich auf ein Papier verwiesen, das natürlich keinen gesetzlichen Charakter hat. SPÖ und NEOS haben sich hingesetzt und etwas ausgemacht. - Machen müssen Sie es! Es hat kein einziges Gespräch zwischen allen Parteien gegeben, um diese Regeln der Parteienförderung in Wien anzuschauen oder Wahlkampfregeln neu zu machen. Kein einziges. Ein Jahr, vier Monate oder ein Jahr, drei Monate Regierung. Nix. Bundesland Vorarlberg macht es. Niemand braucht warten, dass jemand anderer was macht. Selber machen!
Transparency International Austria sagt: Parteiengesetz auf Bundesebene - guter erster Schritt. Informationsfreiheit fehlt, brauchen wir noch. Sehr gut. Die sagen schon einmal, gut. In Vorarlberg: Hubert Sickinger, der Experte für Parteienförderung in Österreich, sagt, die machen das gut, die fangen das gut an. Und jetzt sage ich einmal, was das bei uns in Wien bedeuten würde: Jedes Inserat muss offengelegt werden, und es steht dabei, was das gekostet hat und wie viel Rabatt ich bekomme. Worum wäre das so wichtig? Weil wir nicht wissen, ob bei Zeitungen zum Beispiel die SPÖ die gleichen Rabatte bekommt wie alle anderen Parteien. Kriegt die SPÖ die gleichen Rabatte beim Fellner wie NEOS oder GRÜNE oder ÖVP oder FPÖ? Ich weiß es nicht. Kriegen Sie den gleichen Rabatt wie die Stadt Wien oder kriegt die SPÖ bessere Rabatte wie die Stadt Wien? Dann müsste man darüber nachdenken, ob das überhaupt noch im gesetzlichen Rahmen ist oder nicht. Und statt dann zu sagen, das gibt es alles nicht, wer will, dass diese Gerüchte von Kick-back-Zahlungen aufhören, der muss selbst dafür sorgen, dass Licht drauf ist und das offenlegen. Das tun Sie nicht. Das könnten Sie ja freiwillig machen, das machen Sie nicht. Man muss Sie gesetzlich zwingen, anders funktioniert es nicht.
Ich sage Ihnen, wie so eine Wahlkampfabrechnung momentan ausschaut. Da haben Sie zehn Zeilen: Außenwerbung, Plakate, und so weiter, Inserate, Werbe
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