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Gemeinderat, 20. Sitzung vom 23.02.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 77 von 128

 

anderen und nicht zum gemeinnützigen Wohnbau. Das ist doch leicht skurril!

 

Der gemeinnützige Wohnbau ist eine tragende Säule des leistbaren Wohnens. Kollege Ellensohn hat es schon erwähnt. Es sind dies, wenn sie abfinanziert sind, die günstigsten Wohnungen, die wir überhaupt haben, und gerade deshalb ist festzustellen: Mit leistbaren Wohnungen spekuliert man nicht. An diesen gemeinnützigen Wohnungen bereichert man sich nicht. Und man verschleudert leistbare Wohnungen in dieser Form nicht an Immo-Haie!

 

Insofern stimme ich der FPÖ in der Intention ihrer Dringlichen zu. Ein bisschen erinnert mich diese FPÖ-Dringliche aber doch an das Prinzip: „Haltet den Dieb!“ Und ich füge noch hinzu: „Haltet den Dieb, er hat mein Messer im Rücken!“ Oder um es mit dem französischen Moralisten La Rochefoucauld zu sagen: „In der Heuchelei huldigt das Laster der Moral.“

 

Ich darf Sie, Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ, an die Privatisierung der BUWOG erinnern: 60.000 Bundeswohnungen - 60.000! - wurden nicht nur zu einem Spottpreis verkauft, nämlich, wie ich in Erinnerung bringe, um 16.000 EUR pro Wohnung, sondern seit dem Verkauf haben die Probleme für die MieterInnen begonnen. Man versucht, die MieterInnen los zu werden. Die Mieten werden immer höher, und private Immobilienfirmen verdienen gut an Wohnungen, die der Staat für seine Bundesbediensteten errichtet hat.

 

Ich sage, weil Sie sich jetzt vielleicht fragen, warum ich von etwas rede, was 2002 war: 2018 ist die BUWOG von der Vonovia übernommen worden. Vonovia ist der größte Wohnkonzern in Deutschland. Ich zitiere den Geschäftsführer des deutschen Mieterbundes: „Überall, wo Vonovia Bestände hat, gibt es Probleme.“ - Das ist die Konsequenz des BUWOG-Verkaufs: Vor vier Jahren hat eine katastrophal beleumundete Immobilienfirma die BUWOG-Wohnungen übernommen. Mit dem BUWOG-Verkauf sind 60.000 sichere, leistbare Wohnungen der Spekulation preisgegeben worden.

 

So. Und jetzt ist die Frage zu stellen: Wer war das wohl? - Am 4. Dezember 2020 - und das ist auch noch nicht so lange her - sind acht Personen in der BUWOG-Affäre schuldig gesprochen worden. Das erstinstanzliche Urteil ist nicht rechtskräftig. Zu acht Jahren verurteilt ist ein gewisser Karl-Heinz Grasser. Beim BUWOG-Verkauf war er FPÖ-Finanzminister. Zu sieben Jahren Haft wurde Walter Meischberger verurteilt. Auch er sollte der FPÖ zumindest in gewisser Weise bekannt sein.

 

Vielleicht werden Sie uns jetzt erzählen, dass diese Personen alle nicht mehr in der FPÖ sind. Sie werden aber zugeben müssen, dass bei näherer Betrachtung doch ein gewisses Muster zu erkennen ist: Der BUWOG-Schaden für das leistbare Wohnen und der BUWOG-Schaden für die Staatsfinanzen ist der Sphäre der FPÖ zuzurechnen, sehr geehrte Damen und Herren

 

Deshalb finde ich es auch befremdlich, wenn man seitens der FPÖ hier schreit: „Haltet den Dieb, er hat mein Messer im Rücken!“ - Kollege Ellensohn hat das ja schon ausgeführt: Auch der ehemalige gemeinnützige Bauträger der Austria Tabak, die Riedenhof Ges.m.b.H., wurde zum Ziel von Spekulanten. Und wo haben diese willfährige Gehilfen gefunden? - Bei der rot-blauen Landesregierung im Burgenland. Diese hat ohne großes Aufheben die Gemeinnützigkeit aberkannt, und so kompliziert war es dann auch gar nicht: Sie haben eine Ausgleichszahlung von 17 Millionen für 1.000 gemeinnützige Wohnungen kassiert, die jetzt sozusagen einer unsicheren Zukunft entgegensehen.

 

Man muss sich das ja auf der Zunge zergehen lassen: 17.000 EUR Ausgleichszahlung pro Wohnung! Die Rechtslage bei der finanziellen Abwicklung von gemeinnützigen Bauträgern wäre klar. Die Mitglieder der gemeinnützigen Bauvereinigung bekommen nur das Nominale ihrer Einlage zurück, und die restlichen Vermögenswerte sind als Geldleistung, zweckgewidmet für den geförderten Wohnbau, an das Land abzuliefern. Da werden 17.000 EUR pro Wohnung angelegt. Dass das nicht einmal annähernd dem Wert dieser Liegenschaften entspricht, das muss wohl jedem in diesem Raum klar sein. Wenn irgendwer eine Wohnung in Wien findet, die um 17.000 EUR zu haben ist, der möge bitte nach der Sitzung zu mir kommen!

 

17.000 EUR pro Wohnung: Ich kann über die Gründe für ein solches Handeln einer Landesregierung nur mutmaßen. Entweder war die rot-blaue Regierung im Burgenland gierig und hat die Aberkennung der Gemeinnützigkeit von Bauträgern zum Geschäftsmodell entwickelt, und zwar einem Geschäftsmodell, mit dem man das Landesbudget auf Kosten von leistbaren Wohnungen aufbessert, denn im Burgenland war ja kaum eine dieser Wohnungen. Da ging es nach dem Motto: Bei uns im Burgenland könnt ihr die Gemeinnützigkeit günstig los werden. Darauf weisen zumindest ähnlich gelagerte Fälle im Zusammenhang mit Buntes Wohnen und der Gesfö hin. - Das wäre auf jeden Fall eine sehr verantwortungslose, wenn nicht kriminelle Handlungsweise.

 

Oder - das ist die andere Variante - die rot-blaue Regierung war völlig inkompetent und nicht in der Lage, zu erkennen, dass die Bewertung von Wohnungen mit 17.000 EUR nicht dem realen Wert entspricht. Das ist dann … (Zwischenrufe.) Das ist dann an Amtsunfähigkeit nicht mehr zu überbieten! Ja. Ich verstehe schon, dass Sie da schreien: „Haltet den Dieb, er hat mein Messer im Rücken!“ Das gilt auch für den gemeinnützigen Bauträger Gesfö. Auch in diesem Fall hat das Land Burgenland die Gemeinnützigkeit aberkannt und das Budget damit aufgebessert. Auch bei der Gesfö hat man viel zu niedrige Ausgleichszahlungen festgelegt. Auch bei der Causa Gesfö saß die FPÖ mit der SPÖ in der Burgenländischen Landesregierung.

 

Die FPÖ schreit also: „Haltet den Dieb!“ Wie schon gesagt: „In der Heuchelei huldigt das Laster der Moral.“ - Es wäre gut, wenn Sie auch die Machenschaften Ihrer eigenen Partei einmal aufarbeiten würden. Wenn die FPÖ regiert, war das jedenfalls aus meiner Sicht noch nie gut für den gemeinnützigen Wohnbau. Das kann man feststellen, wenn man diese Fälle durchgeht.

 

Der gemeinnützige Wohnbau, sehr geehrte Damen und Herren, ist ein Schatz, auf den wir viel besser aufpassen müssen, etwa auch im Fall der ARWAG. Da

 

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