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Gemeinderat, 20. Sitzung vom 23.02.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 101 von 128

 

das Wie, das macht in der Tat den Unterschied. In Wien hat die Kurzparkzone, das Parkpickerl im Jahr 1993 in der Innenstadt seinen Anfang genommen. Damals federführend auch getrieben vom damaligen dortigen Vorsteher Richard Schmitz, weil die Innenstadt natürlich Zentrum oder Bereich vieler Arbeitsstätten war. Die Leute, die sich an die damalige Zeit erinnern können, wissen, da war um 7 Uhr in der Früh rund um das Burgtheater kein Parkplatz mehr zu finden, und man musste wirklich handeln. Das ist dann auch passiert. Diese Parkraumbewirtschaftung ist dann Step by step immer weiter ausgebaut worden, weil sich natürlich durch diese Ausweitung immer ein Verdrängungswettbewerb ergeben hat.

 

Heute haben wir die Situation, dass wir wieder ausdehnen, mit 1. März schlussendlich auf 23 Bezirke. Aber es funktioniert halt nicht. Warum? - Man bezahlt im eigenen Bezirk für das Parkpickerl, und in 22 anderen darf man jetzt nach dieser neuen Ausdehnung dann nicht mehr gratis, sondern nur noch kostenpflichtig stehen - soll so sein -, aber auch nur maximal 2 Stunden. Nicht zuletzt zeigt auch die Notwendigkeit oder der Ruf von immer mehr Bezirken nach einem Anrainerparken, dass es irgendwo kranken muss, dass das derzeitige System die Bedürfnisse der Menschen vor Ort nur mangelhaft befriedet.

 

Wir waren es schon im Jahr 2012, die dann mit einem eigenen Modell hinausgegangen sind und gezeigt haben, dass es auch Alternativen gibt. Ja, eine parkraumbewirtschaftete Stadt, aber eine Parkraumbewirtschaftung, die die Notwendigkeit und die Bedürfnisse der Menschen mit einbezieht. Viele sind uns gefolgt und haben konstruktiv ihren Beitrag geleistet, sei es die Wiener Wirtschaftskammer, seien es die Mobilitätsklubs, und viele mehr. Wir alle wissen, oder gestehen uns zumindest immer wieder ein, das größte Problem und die größte Notwendigkeit für Parkraumbewirtschaftung zu kennen, nämlich die Einpendler. Es gibt da unterschiedliche Schätzungen, aber wir reden von in etwa 300.000 PKWs Tag für Tag, die in diese Stadt einpendeln, weil die Menschen aus der Ostregion eben in Wien ihren Arbeitsplatz haben. Ja, und dann stellt sich die Frage: Wohin mit dem Auto? Manche von Ihnen wissen vielleicht, ich bin in meinem Zivilberuf Auspendler, wenn Sie so wollen, ich arbeite im südlichen Niederösterreich, und wenn ich da in der Früh rausfahre und auf die Südautobahn fahre, sehe ich, welche Blechlawine tagtäglich nach Wien hereindrängt, oftmals zum Stillstand kommt, bis nach Guntramsdorf und darüber hinaus. Jetzt stellt sich aber die Frage, wo sich diese Menschen mit ihrem Auto hinstellen. Macht es nicht Sinn, da begleitende Maßnahmen zu setzen und sehr frühzeitig, am Stadtrand, diese Menschen schon abzufangen? Das ist auch eine Forderung, die wir seit Jahr und Tag haben, die nur wirklich mangelhaft gerade in Bezug auf Park&Ride-Plätze ausgeführt wurde, meine Damen und Herren.

 

Im letzten Jahr kam dann plötzlich ein bisschen Bewegung in die Debatte. Es war der Sommer 2020, und wir wissen, wenn Wahlen anstehen, dann beginnen sich Dinge plötzlich zu bewegen, so war es auch dieses Mal. Im Vorfeld der Wiener Landtagswahl hat die damals zuständige Stadträtin Hebein zu einem Parkgipfel geladen, und siehe da, es gab zumindest eine grundsätzliche Einigung von zumindest vier Fraktionen dieses Hauses. Wie lautete die Einigung? - Man hat sich eigentlich darauf geeinigt, dass man ein Landesgesetz möchte. Man hat sich eigentlich darauf geeinigt, dass man einen Lenkungseffekt durch eine Tarifgestaltung sicherstellen möchte. Und man hat sich darauf geeinigt, dass man Zonen für das Parkpickerl möchte, und zwar nicht 23, wie es jetzt unterschiedliche Zonen gibt, nämlich für jeden Bezirk, sondern nur einige wenige, die weiter das Tangentialbefahren der Stadt möglich machen, nur das tiefer Eindringen für unmöglich.

 

Ich war wirklich überrascht, dass von allen Seiten so guter Wille kam und dass aufgezeigt wurde, da könnte Bewegung kommen. Es war Bgm Ludwig selbst, der dann in weiterer Folge im Wahlkampf gemeint hat: Na ja, wir sind ja mittlerweile im Jahr 2020, wir haben die Digitalisierung, da gäbe es ja unglaubliche Möglichkeiten, was wir damit anstellen könnten. In der Tat, er hat recht, wir beharren auch nicht darauf, dass unser Modell vom Jahr 2012 mit den Möglichkeiten von heute nicht noch ausgefeilt und verbessert werden könnte, aber einfach ein Modell von 1993 weiterzutragen, weil man nicht den Mut hat, neue Lösungen anzugehen, das ist bedauerlich und das war auch etwas, womit nicht zu rechnen war. Anfänglich zumindest, Frau Stadträtin, und Sie wissen wahrscheinlich, was jetzt kommt, war nämlich die Freude, die wir durchaus hatten, als wir zumindest den Mobilitätsteil im Regierungsprogramm der, wie Sie sich selbst nennen, Fortschrittskoalition für Wien gelesen haben, die Seite 163 und was dort zur Parkraumbewirtschaftung steht. Dort steht nämlich explizit: „Wien braucht trotzdem ein neues System des Parkraummanagements. Dabei stehen der Steuerungs- und Lenkungseffekt im Vordergrund.“ - Steuerungseffekt, Lenkungseffekt und: „Wir beschließen 2021 …“ - Man kann heute schon sagen, das ist sich definitiv nicht ausgegangen, und, wie wir neuerdings ja wissen, auch nicht geplant. „Wir beschließen ein Parkraummanagementgesetz“, also ein Landesgesetz. Jetzt fragen sich natürlich viele Menschen: Warum ist denn dieses Landesgesetz eigentlich so wichtig? - Das ist ganz einfach erklärt: Die derzeitige Parkraumbewirtschaftung fußt rechtlich auf der StVO und dort hat man die Möglichkeit, als Kommune eine Kurzparkzone einzurichten. Das Parkpickerl, so wie wir es kennen, ist eigentlich nur eine Ausnahme von dieser Kurzparkzone und ist nach den Buchstaben der StVO eigentlich nur für unmittelbare Anrainer möglich. Das heißt, Zonen, die mehrere Bezirke, ja, beispielsweise viele Bezirke umfassen, sind da absolut undenkbar und auch in vielen anderen Bereichen ist die Möglichkeit, hier zu gestalten, wesentlich geringer, als wenn wir uns ein eigenes, auf unsere Wiener Bedürfnisse adaptiertes Landesgesetz gemeinsam verordnen, meine Damen und Herren.

 

Daher rufe ich Sie, Frau Stadträtin, wirklich auf! Wir sind nach wie vor zu jedem Gespräch bereit, unsere Kritikpunkte sind, glaube ich, genauso klar wie die von vielen anderen Menschen, wenn sie derzeit offenen Ohres durch Wien gehen. Wir wollen einfach nur einen

 

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