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Gemeinderat, 22. Sitzung vom 27.04.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 65 von 73

 

sundheitsversorgung in Wien ist in Not. Ich kann es gar nicht genug betonen und gar nicht laut genug sagen, hier herrscht wirklich mittlerweile Gefahr in Verzug. Die Probleme in der Kindergesundheitsversorgung sind mittlerweile so mannigfaltig, so massiv und - ich finde - besorgniserregend, dass wir hier nicht länger zusehen können, dass weiter nichts passiert, denn das Nichtpassieren bedeutet, dass die bestehenden Probleme weiterwachsen und in der Zwischenzeit neue, zusätzliche Probleme hinzukommen. Das können wir so nicht verantworten, es muss endlich gehandelt werden, es müssen endlich alle an einen Tisch gebracht werden.

 

Ich kann es mir nur so erklären, dass die aktuelle Notlage in der Kindergesundheitsversorgung einfach damit zusammenhängt, dass die Kindergesundheit ganz am Schluss steht, so, wie wir heute, nach zwei Jahren Pandemie zum ersten Mal von der Stadtregierung einen Akt im Gemeinderat vorgelegt bekommen, in dem es um Kindergesundheit geht, nach zwei Jahren. Wir haben in der Zwischenzeit unzählige Wirtschaftsförderungen beschlossen, Sie haben meinen Antrag zur Förderung der Kindergesundheit abgelehnt, aber selbst haben Sie bislang zwei Jahre lang nichts gebracht, was die Kindergesundheit voranbringt, und ganz am Schluss kommen die Kinder. Ich finde, das ist symptomatisch, das ist beschämend und, ich glaube, eigentlich auch nicht wirklich in Ihrem Sinne.

 

Es ist wirklich höchst an der Zeit, dass die Kindergesundheit zur Priorität 1 in dieser Stadt wird. Ich kann es eigentlich gar nicht mehr hören, wenn mit von „Kinder sind unsere Zukunft“ irgendwelche Sonntagsreden gehalten werden, denn die Zukunft der Kinder ist offenbar beim Nichthandeln ein Haufen von Problemen, den wir ihnen überlassen. Aber wichtiger ist die Gegenwart, denn sonst ist es zu spät.

 

Die Gegenwart schaut so aus, dass sie von einer Reihe von Problemen begleitet ist. Wir haben die Covid-Situation, die die gesundheitliche Situation von Kindern und Jugendlichen deutlich verschlechtert hat. Wir haben Umweltzerstörung, Klimawandel, und - nicht zuletzt muss man das auch sagen - die Nahrungsmittelindustrie, die ziemlich aggressiv in der Werbung vorgeht und zuckerhaltige Getränke und ungesunde Lebensmittel an die Kinder preist, die definitiv schädlich für die Gesundheit sind, weil sie einfach zu dick machen. Wir haben wachsende Armut und Armutsgefährdung, und traumatisierende Erfahrungen machen auch vor Kindern nicht halt. Krieg aktuell, Flucht, Gewalt, das sind alles Lebensrealitäten von Kindern, die ihre gesundheitliche Situation beeinträchtigen und ein ganz spezielles Augenmerk von uns in Hinsicht auf medizinische, psychologische oder auch psychiatrische Betreuung erwarten.

 

Ich darf Ihnen noch ein paar konkrete Probleme der Kindergesundheitsversorgung in Wien aufzeigen. Manche von Ihnen werden es wissen, vielleicht aus eigener Erfahrung oder aus Erzählungen im Bekanntenkreis, dass es wahnsinnig schwer ist, KinderkassenärztInnen zu finden. Mittlerweile ist die Anzahl der WahlärztInnen in diesem Bereich deutlich größer als die KinderkassenärztInnen und das hat zur Folge, dass jene KinderkassenärztInnen einerseits, um die Versorgung zu schaffen, einen großen Arbeitsdruck haben und andererseits viele Kosten letztendlich den Eltern übertragen werden. So stelle ich mir keine optimale und zukunftsorientierte Gesundheitsversorgung von Kindern vor.

 

Es nützt aber nichts, wenn wir hier polemisch von der Abschaffung des Wahlarztsystems hören, sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen uns die Problematik der Gesundheitsversorgung viel deutlicher und genauer anschauen. Da geht es um Qualität von Versorgung, da geht es um Zeit, da geht es auch um Arbeitsqualität, und es geht um adäquate Bezahlung der Arbeit. Wenn wir von KinderkassenärztInnen hören, dass seit 17 Jahren die Kassentarife nicht erhöht wurden, dann darf man sich nicht wundern, wenn aktuell junge, ausgebildete KinderfachärztInnen sagen, ich mache eine Wahlarztpraxis, dort kann ich gut und anders arbeiten. Nicht, dass ich ein Fan des Wahlarztkassensystems bin, aber ich glaube, es gibt großes Versagen in der kassenärztlichen Systematik, wie die Tarifpolitik, Arbeitspolitik und Vertragspolitik aufgestellt sind. Hier muss man nachdenken, aber polemische Äußerungen wie die Abschaffung halte ich hier wirklich für entbehrlich.

 

Ich komme zurück zur spezifischen Kindergesundheitsproblematik. Was ganz wichtig ist, sind auch DolmetscherInnen und SozialarbeiterInnen, die definitiv die Stadt den KinderkassenärztInnen beistellen und damit Abhilfe gegen lange Wartezeiten schaffen könnte. Denn viele Problematiken der Kinder sind nicht automatisch von medizinischen Personen zu lösen, sondern haben auch soziale Dimensionen. Ich darf Ihnen sagen, dass es in der kinderpsychiatrischen Versorgung in den Spitälern trotz höchstem Engagement der dort Beschäftigten ziemlich dramatisch ausschaut. Ich habe heute schon gesagt, 6 von 30 Betten der AKH-Kinderpsychiatrischen Klinik müssen gesperrt werden, weil Pflegepersonal fehlt. Sie haben es den Medien entnommen … 

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert (unterbrechend): Sehr geehrte Frau Gemeinderätin, würden Sie hie und da auch zum Akt sprechen, zur Post, oder zumindest Bezug darauf nehmen? Sie haben den Antrag ausführlich erklärt, wir haben ein Poststück und hie und da sollten Sie darauf Bezug nehmen.

 

GRin Mag. Barbara Huemer (fortsetzend): Es geht beim Lollipop-Test um Kindergesundheit und es geht um die Förderung von Kindergesundheit, ich glaube, dass ich zur Kindergesundheit rede. Ich bitte um Entschuldigung, dass ich hier das Verständnis der Kindergesundheit irgendwie zu umfassend interpretiere. Es ist mir einfach ein sehr dringendes und großes Anliegen und ich möchte Sie darauf hinweisen, dass es viele Baustellen in der Kindergesundheit gibt und dass ein Lollipop-Test diese Baustellen nicht löst. Wir haben die Frühen Hilfen auf wenige Bezirke beschränkt. Wir haben Schulen, die für die gesundheitliche Versorgung überhaupt nicht genutzt werden, und so weiter. Alles ausführlich nachzulesen im Antrag der GRÜNEN, warum wir diesen Krisengipfel einfordern. Mein großes Anliegen ist, dass die Kindergesundheit nicht am Ende, sondern am Anfang steht, dass die Kinderrechte damit gewahrt werden und

 

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