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Gemeinderat, 24. Sitzung vom 22.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 96 von 126

 

SPÖ. Wolfgang Altendorf, deutscher Schriftsteller und Maler, hat einmal gesagt: „Der Vordermann fährt fast immer miserabel, zum Glück fühlt man sich nie als Vordermann.“ Nun, ich möchte gar nicht in Abrede stellen, dass auch wir uns hin und wieder in diese Position begeben und vieles an der Arbeit der Wiener Stadtregierung zu kritisieren haben, aber die Verantwortungsprojektion auf die Bundesregierung, wie sie die Wiener SPÖ betreibt, ist schon mehr Fetisch als realistische Betrachtung. Der Vordermann fährt fast immer miserabel. Zum Glück fühlt man sich nie als Vordermann. (Ruf bei der ÖVP: Der gefällt Ihnen?) - Ja, der gefällt mir. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich darf Ihre Kritikpunkte zum Antiteuerungspaket der Bundesregierung in eigene Worte fassen, ich werde es dann noch gendern beim nächsten Mal: zu langsam, zu viele Einmalzahlungen, deshalb nicht nachhaltig und nicht treffsicher. Ich hoffe, ich habe es gut zusammengefasst. Ich will jetzt einen Vergleich mit Wien wagen. Erster Kritikpunkt: das Tempo. Die Bundesregierung hat bereits zwei Tranchen eines Teuerungsausgleichs von jeweils 150 EUR an besonders betroffene Gruppen zur Auszahlung gebracht.

 

Eine zusätzliche Familienbeihilfe von 180 EUR pro Kind folgt im August. Ein weiterer Teuerungsausgleich von 300 EUR für besonders betroffene Gruppen folgt im September. Der erhöhte Klimabonus von 250 EUR und der Antiteuerungsbonus von weiteren 250 EUR wird im Oktober an jeden Erwachsenen ausbezahlt. Für jedes Kind werden noch einmal 250 EUR ausbezahlt. Darüber hinaus wird ein Energiekostenausgleich von 150 EUR für die nächsten Jahresabrechnungen der Energieanbieter gutgeschrieben. Der Entfall der Ökostromabgabe im Jahr 2020 bringt den Haushalten weitere 100 EUR.

 

So sieht, sehr geehrte Damen und Herren, schnelle Hilfe aus, so hilft die Bundesregierung. Nicht alles hat optimal funktioniert, keine Frage. Der Energiekostenausgleich zum Beispiel ist herausfordernd, weil wir in Österreich bisher über keinen Mechanismus verfügt haben, Geld an alle Haushalte auszuschütten. Man kann das Geld ja nicht vom Helikopter runterschmeißen, weil es immer Helikoptergeld genannt wird. Auch das aber ändern wir jetzt mit dem Klima- und Antiteuerungsbonus. Die Bundesregierung handelt rasch und sie bringt die Maßnahmen auf den Boden. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Was passiert, sehr geehrte Damen und Herren, in Wien? Seit Beginn des Jahres werden vom Bürgermeister abwärts Antiteuerungspakete angekündigt, bloß auf den Weg gebracht ist noch wenig davon. Auf dem Konto gelandet ist noch nichts. Die Auszahlung der Wiener Energiekostenpauschale für besonders vulnerable Gruppen soll im 3. Quartal kommen, wenn man den Ankündigungen glaubt. Die Energieunterstützung Neu wird erst im 4. Quartal umgesetzt. Und der Wiener Energiebonus 2022 soll am Ende des 4. Quartals 2022 ausbezahlt werden, im Dezember.

 

Ich habe Verständnis, dass die Umsetzung solcher Maßnahmen Zeit in Anspruch nimmt, aber es ist schon etwas witzlos, wenn gerade Sie der Bundesregierung vorwerfen, zu langsam zu helfen. Der Vergleich macht sicher, sowohl im internationalen Vergleich als auch im Vergleich zu Wien: Die Bundesregierung hilft schnell. Aus Ihrer Sicht aber fährt der Vordermann halt immer miserabel, auf die eigene Fahrweise wird gerne vergessen.

 

Kommen wir zum zweiten Kritikpunkt: Für niedrige und mittlere Einkommen gäbe es hauptsächlich Einmalzahlungen, es fehle die Nachhaltigkeit. Was hat die Bundesregierung getan? Sie hat niedrige Pensionen, Ausgleichszulage und damit auch die Sozialhilfe und die Mindestsicherung sowohl am 1.1.2021 als auch am 1.1.2022 stark über der Inflation erhöht. Es ist also nicht nur eine Wertsicherung, sondern eine nachhaltige Anhebung für diese Gruppen erreicht worden.

 

Die Wertsicherung gegen die hohe Inflation wird durch eine gesetzliche Verpflichtung sichergestellt. Mit 1.1.2023 müssen die Pension und damit auch die Ausgleichszulage, die Sozialhilfe, die Mindestsicherung zumindest um die Inflation erhöht werden. Nun kann man wegen der hohen Teuerung eine unterjährige Erhöhung dieser Einkommen fordern, und das tun Sie ja auf Bundesebene.

 

Warum Einmalzahlungen, die umgelegt auf diesen Zeitraum über der Inflation liegen, weniger nachhaltig sein sollen als unterjährige Inflationsanpassungen, die geringer ausfallen, muss mir aber erst jemand erklären. Das ist ja nicht wie bei KV-Verhandlungen, bei denen im kommenden Jahr auf einem geringeren Betrag aufgebaut wird. Die automatische Inflationsanpassung von Pensionen und den anderen - Ausgleichszulage, Sozialhilfe, Mindestsicherung - ist Gesetz und verhindert diesen Effekt.

 

Was bisher nicht im Gesetz war, ist die automatische Inflationsanpassung anderer Sozial- und Familienleistungen: Familienbeihilfe, Kinderbetreuungsgeld, Kinderabsetzbetrag, Studienbeihilfe, Reha-Geld, Umschulungsgeld, Krankengeld. Diese Leistungen werden nun Jahr für Jahr automatisch an die Inflation angepasst. Eine langjährige Forderung der Armutskonferenz und der Arbeiterkammer wird hier endlich umgesetzt. Jahrelang wurde da von verschiedenen Bundesregierungen nicht geliefert, übrigens auch nicht von sozialdemokratisch geführten Bundesregierungen (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Hat das der ÖVP-Parlamentsklub geschrieben? - GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Das kann ich ausschließen! - Heiterkeit bei der ÖVP.)

 

Diese aktuelle Bundesregierung stellt den strukturellen Teuerungsausgleich für Familien- und Sozialleistungen sicher. Das ist so. Was ist daran falsch? Nicht bei allen diesen Leistungen ist der Wertverlust, der in den vergangenen Jahrzehnten entstanden ist, schon ausgeglichen. Bei der Studienbeihilfe haben wir das zum Beispiel schon geschafft. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Geschrieben im ÖVP-Parlamentsklub!), bei anderen Leistungen werden wir diese Altlasten noch beseitigen müssen. Es ist aber endlich, endlich sichergestellt, dass es keinen weiteren Wertverlust bei Sozial- und Familienleistungen geben wird. Das sind nachhaltige Maßnahmen, sehr geehrte Damen und Herren, und das hilft wie immer. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

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