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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 27.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 52 von 103

 

ausgedrückt, nämlich: Wir stehen an eurer Seite, wir vergessen euch nicht und wir lassen euch nicht im Stich - weil wir Seite an Seite mit jenen stehen, die unsere Werte der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Menschenrechte teilen, ganz egal, wo auf der Welt das passiert, aber ganz besonders derzeit in der Ukraine. - Danke. (Beifall bei NEOS, GRÜNEN und SPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr GR Kunrath. Sieben Minuten Redezeit wurden gewählt. Sie sind am Wort.

 

14.43.36

GR Nikolaus Kunrath (GRÜNE)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Lieber Herr Stadtrat! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hallo den ZuseherInnen vor dem Livestream!

 

Zuallererst Dank an die für Europaangelegenheiten zuständige Geschäftsgruppe und für die Geschäftsgruppenarbeit der MA 27! Dort passiert wirklich hervorragende Arbeit, es gibt ein großes Bemühen und es besteht ein großes Einvernehmen.

 

Es freut mich, dass ich heute auch die Gelegenheit habe, ein paar Gedanken zum Thema Europa zu formulieren, denn die Lage ist ernst. Die Ursache ist - Kollegin Bakos hat es auch gerade ausgeführt -, dass seit dem 24. Februar die Zuversicht, dass große Kriege in Europa der Vergangenheit angehören, zerbrochen ist. Durch den brutalen Angriffskrieg Putin‘s auf die Ukraine, den Russland nun gegen ein friedliches Nachbarland führt, ist das Faustrecht in die Politik zurückgekehrt. Ich bin erschrocken, wie die ersten Reaktionen der FPÖ zu dieser Art der Politik erfolgt sind.

 

Es ist ganz einfach erschütternd, wie ernst Völkerrecht, internationale Konventionen und Verträge von Russland und der Föderation unter Putin genommen werden. Ich möchte zum Beispiel auch das Budapester Memorandum aus dem Jahr 1994 erwähnen, in dem auch Russland der Ukraine, als diese ihre Atomwaffen abgab, die Unverletzlichkeit ihrer Grenzen garantierte. Wie ernst diese Garantie der Unverletzlichkeit zu nehmen war, wurde 20 Jahre später an den Ereignissen auf der Krim erkennbar und zeigt sich auch jetzt.

 

Doch es kam - und das ist der positive Teil dieses gesamten schrecklichen Desasters - zu einer für mich überraschenden Reaktion: Europa und die EU haben schnell und vor allem einhellig den Rückfall in die Barbarei verurteilt, Sanktionen gegen Russland wurden verhängt, Millionen Flüchtlinge wurden bereits aufgenommen - wobei leider zeitgleich auch andere Flüchtlinge benachteiligt werden -, die Solidarität der Bevölkerung ist groß, und es werden endlich Schritte gesetzt, um sich aus der Abhängigkeit von Öl und Gas zu befreien.

 

Doch so erfreulich diese Einigung auf europäischer Ebene und EU-Ebene ist, so ist sie leider auch gefährdet. Als erstes und bis dato einziges Mitglied der EU scherte Viktor Orbán aus, der sich auf einem immer autoritärer werdenden Kurs befindet und des Öfteren versucht, etwa bei den Sanktionen die Rolle eines Trojanischen Pferdes - nennen wir es einmal so - zu spielen. Ganz im Gegensatz dazu steht etwa die Position von Litauen, das sich mutig und klar für die Sanktionen ausspricht und auch entsprechend handelt, wie die derzeitige Blockade der Güter zwischen Kaliningrad und der Föderation beweist.

 

Wichtig ist, dass wir mit der zunehmenden Dauer des Krieges die Position der Solidarität mit der Ukraine nicht verlassen. Der Ausschuss der Regionen hat unlängst eine sehr unterstützenswerte Initiative gestartet, auf die ich hinweisen möchte: Am 14. Juni erhielt ich ein Mail des Präsidenten des Ausschusses der Regionen Apostolos Tzitzikostas, das vermutlich auch die anderen Kolleginnen und Kollegen hier im Gemeinderat bekommen haben. Er informiert darin über ein Schreiben des Bürgermeisters von Kiew im Namen des Verbandes der ukrainischen Städte - ich hoffe sehr, dass es sich diesmal um kein Deepfake handelt, wie es vielleicht zufällig jemandem anderen, derzeit nicht im Raum Befindlichen unlängst mit Herrn Klitschko passiert ist -, der die Städte und die Gemeinden im Ausschuss der Regionen bittet, heuer Sommer-Camps für ukrainische Kinder zu machen, deren Eltern ihr Land verteidigen, und diese Sommer-Camps zu organisieren. Insgesamt geht es dabei um rund 15.000 Minderjährige. Hunderte Schulen wurden in der Ukraine in der Zwischenzeit durch russische Bomben und Raketen zerstört.

 

Ich möchte an den Herrn Bürgermeister, an Sie, Herr StR Hanke, und an den Stadtrat für Kinder und Jugendliche appellieren, dass sich Wien dieser Initiative anschließen möge. Dank der Erzählungen unserer Eltern und Großeltern werden einige von Ihnen sicher wissen, dass sowohl nach dem Ersten als auch nach dem Zweiten Weltkrieg viele Wiener Kinder zu Erholungsaufenthalten in neutralen und vom Krieg nicht oder nur wenig betroffenen Ländern eingeladen wurden, die dann ihr Leben lang dafür dankbar waren. Setzen wir selbst als Wien und als Menschenrechtsstadt einen solchen Schritt! Ich habe bewusst keinen Antrag dazu gestellt, denn ich hoffe und erwarte, dass ein Appell zu diesem Thema in dieser Form bei den Verantwortlichen ankommt, ohne dass es zu einem Ja oder Nein kommt.

 

Zum Abschluss möchte ich noch ein aktuelles Thema ansprechen, die im Mai zu Ende gegangene Konferenz zur Zukunft Europas. Ich habe es sehr schade gefunden, dass sich Wien aus meiner Sicht - und ich habe das auch in mehreren Aussagen im Rahmen des Europaausschusses und auch hier im Gemeinderat zum Ausdruck gebracht - ein bisschen wenig darum gekümmert hat. Wir GRÜNEN haben vor fünf Wochen eine internationale Konferenz in der Seestadt Aspern veranstaltet, zu der auch zahlreiche kommunalpolitisch Aktive aus Mittel- und Osteuropa eingeladen waren. GRÜNE aus zehn verschiedenen Staaten waren dabei. Einer, der dabei war und der die Einschätzung zur Zukunftskonferenz abgegeben hat, war der deutsche grüne EP-Abg. Daniel Freund. Er berichtete als Mitglied im Exekutivkomitee der Zukunftskonferenz, und er plädierte - wie auch die ehemalige Wiener Gemeinderätin und jetzige EP-Abg. Monika Vana - dafür, dass jene Themen und Ideen, die von der Zivilgesellschaft eingebracht wurden, auch ernst genommen und nach Möglichkeit umgesetzt werden.

 

Das wäre erstens eine handlungsfähige Union, und dazu gehört ganz sicher die Frage des Einstimmigkeits

 

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