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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 27.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 63 von 103

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Zeugnis für die Gesundheitspolitik ist aus meiner Sicht dennoch ein sehr kritisches. Wir haben es mit einem nach wie vor bestehenden großen Pflegefachkräftemangel zu tun. Und ich bin sehr froh, dass der Bund hier endlich nach Jahrzehnten des Stillstandes eine Pflegereform auf die Beine gestellt hat. (GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara: Was hat denn der Bund gemacht?) Ich bin sehr froh darüber, dass die Community Nurses mit Mitteln der EU auch in Wien in Anspruch genommen werden, wenngleich ich mir natürlich wünsche, dass es hier noch viel, viel mehr gibt.

 

Wir dürfen uns nicht darüber hinwegtäuschen, dass Wien schon längst Pflegekräftereformen durchführen können hätte, insbesondere im Bereich der Arbeitsplatzqualität und der Ausbildungsplatzgestaltung und -finanzierung, aber auch bei der Abgeltung von Ausbildungszeiten und Praktikumszeiten und vor allem im Bereich der Bezahlung. Wir Wiener GRÜNE würden uns diesbezüglich wirklich noch mehr von Seiten Wiens wünschen. Man darf sich hier sicherlich nicht sozusagen im Hinblick auf die Leistungen des Bundes ausruhen, der die Pflegereform jetzt angestoßen hat und bei der natürlich Mitarbeit notwendig ist, sondern man muss hier selbst Initiativen setzen, beispielsweise in Form einer höheren Bezahlung beziehungsweise - was ganz wichtig ist - durch eine Arbeitszeitverkürzung, denn eine 35-Stunden-Woche ist in der Pflege definitiv genug. Außerdem wünschen wir uns in diesem Bereich auch ein Wiedereinstiegs- und Rückkehrprogramm, damit die Menschen, die jetzt aus Frust beziehungsweise Erschöpfung ausscheiden, doch die Möglichkeit haben, wenn sie es sich vielleicht noch einmal anders überlegen, in den Pflegeberuf zurückzukehren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Die Baustelle Kinderpsychiatrie und Kindergesundheitsversorgung haben wir und habe ich hier schon sehr oft angesprochen, zuletzt in der Debatte mit und über die scheidende Wiener Patientenanwältin. Auch in diesem Bereich gibt es sehr viele Baustellen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist wirklich beschämend, dass Eltern in Wien entweder tief in die Tasche greifen müssen oder monatelang auf einen Kassenplatz für ihre Kinder, wenn sie krank sind, warten müssen. Das, was hier in der Vergangenheit gemacht wurde, zeugt wirklich von Mutlosigkeit. Es ist bedauerlich, dass hier nicht mehr angeschoben wurde, denn wir sind uns einig, dass Kinderprimärversorgungszentren eine gute Sache sind und wir mehr davon brauchen. Das möchte ich hier wirklich unterstützen.

 

In diesem Zusammenhang möchte ich noch etwas einfordern. Die Begriffe Dialog und Kooperation sind heute schon oft gefallen. Es geht darum, dass es diesen Dialog mit den vielen angesprochenen Einrichtungen auch im Bereich der Kindergesundheit gibt, denn ich denke, dass gerade in diesem Zusammenhang sehr viel an Expertise liegen gelassen wird. Wir fordern einen Runden Tisch zur Kindergesundheit, um eine entsprechende Niederschwelligkeit und damit auch eine kontinuierliche und altersadäquate Versorgung sicherzustellen. - Ich äußere hier also erneut meinen Wunsch nach einem Runden Tisch für Kindergesundheit. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Der Weg der Kindergesundheit bringt mich direkt zur Frauengesundheit. Ich meine, es ist jetzt einmal an der Zeit, hier ein Lob auszusprechen. Ich finde das Wiener Programm für Frauengesundheit ausgezeichnet. Hier wird wunderbare Arbeit geleistet. Ich bringe jetzt gleich wieder neue Themen ein, die verstärkt diskutiert werden beziehungsweise weiter- und vorangetrieben werden sollten.

 

Ich spreche jetzt konkret vom Thema Menstruationsgesundheit, vor allem von der Periodenarmut von Frauen und Mädchen in Wien. - Gesundheitspolitik ist Sozialpolitik, und es ist beschämend für viele Frauen und Mädchen, auf Menstruationsprodukte verzichten zu müssen oder diese einfach viel zu lang zu verwenden, was aus hygienischen Gründen natürlich ein Problem ist, weil sie sich diese Produkte nicht leisten können.

 

Wir haben hier schon den Anstoß gegeben, Gratismenstruationsprodukte seitens der Stadt zur Verfügung zu stellen. Es gab ein diesbezügliches Pilotprojekt im 20. Bezirk, in der Brigittenau, und dieses war sehr erfolgreich und wurde positiv evaluiert. Unser Wunsch - und dazu bringe ich heute einen Antrag ein - ist, die positiven diesbezüglichen Erfahrungen auf ganz Wien auszurollen. Alle Frauen, die in Wien armutsgefährdet sind, sollen in Wien an entsprechenden Orten mit Gratismenstruationsprodukten versorgt werden. Außerdem ist das Thema Menstruation zu enttabuisieren, indem entsprechende Informationskampagnen gestartet werden.

 

Ich spreche jetzt noch weiter von Menstruation. Sie werden vielleicht in den Medien gehört haben, dass das Thema Menstruationsfreistellung diskutiert wird. Der Hintergrund dazu ist, dass Menstruation für viele, viele Frauen viele, viele Jahre lang mit sehr vielen Schmerzen verbunden ist und dass das in der Arbeitswelt große Probleme hervorruft. Es wäre daher wirklich zu überlegen, inwiefern sozusagen ein Automatismus betreffend die Freistellung von Menschen mit Uterus, von Frauen, hier in Gang gesetzt werden könnte, um diese Peinlichkeit, sich am Arbeitsplatz mit Schmerzen winden zu müssen, zu vermeiden beziehungsweise um das regelmäßige Fernbleiben auf Grund von Krankenstand in diesem Zusammenhang zu unterbinden. Ich stelle darum auch einen Antrag in dieser Hinsicht. In diesem geht es darum, insbesondere für die Beschäftigten der Stadt Wien, von denen die Mehrheit weiblich ist, für diese Phase, in der Menstruation ein Thema ist, einen innovativen Ansatz zu diskutieren, wie eventuell die Menstruationsfreistellung ermöglicht werden könnte.

 

Einen letzten Antrag bringe ich noch zum Thema Opferschutzarbeit der Wiener Opferschutzgruppen ein. Diese leisten wunderbare Arbeit. Diese Arbeit ist ganz wichtig und vom Gesetz ja vorgesehen. Diese Personen sind, wenn von Gewalt betroffene Frauen in Gesundheitseinrichtungen kommen, AnsprechpartnerInnen. Sie bieten Hilfe und Unterstützung an und schulen auch das restliche Personal in diesen Fragen. Diese Arbeit, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist aber letztlich unsichtbar. Das sage nicht nur ich, sondern das sagen die

 

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