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Gemeinderat, 25. Sitzung vom 28.06.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 40 von 106

 

Stadt Wien wird das Besuchsmodell ‚Ganztägiger Besuch' dann auf ‚Teilzeit-Besuch' beziehungsweise ‚Halbtägiger Besuch' umstellen.“ - So die Geschäftsbedingungen der Kindergärten der Stadt Wien. Wenn dem so nicht ist, dann aktualisiert es doch bitte einfach wieder einmal auf der Homepage!

 

Clara möchte dann auch gerne Klavier lernen. Sie wünscht sich ein Klavier, das Christkind bringt es ihr auch, und die Eltern suchen einen Platz bei einer Musikschule. Sie finden aber keinen, denn es gibt keinen Platz für die Musikschule. Also wird Clara nicht in einer städtischen Musikschule Klavier lernen, sondern die Eltern greifen tief in die Tasche und zahlen private Klavierstunden. Das muss man sich halt auch einmal leisten können, und damit ist dann auch der Familienurlaub gestrichen.

 

Clara kommt dann mit sechs Jahren in die Volksschule, und sie hört, wie die Eltern darüber reden, in welche Volksschule Clara gehen soll, was für verschiedene Modelle es gibt. Die verschränkte Ganztagsschule, die gratis ist, kommt leider für Clara als hochsensibles Mädchen nicht in Frage, weil von ihr eben immer wieder diese Zeit gebraucht wird, um ihre Eindrücke verarbeiten zu können. Es gibt das Modell der offenen Volksschule, wo es eben diese fixen Abholzeiten gibt. Da kriegt aber die Mama von Clara keinen Platz, weil sie nicht Vollzeit berufstätig ist, sondern noch beim Bruder ist, der dann bald in den Kindergarten kommt. Und dann gibt es den privaten Hort, der allerdings 300 EUR kostet, der ist halt sehr flexibel. Was bleibt den Eltern? Was bleibt der Mutter? - Die Mutter bleibt zu Hause, denn 300 EUR muss man auch erst einmal als Betreuungskosten für ein Kind schaffen. Überlegen wir einmal, wie viel Betreuungskosten das für zwei Kinder sind und was wir auch noch für die privaten Klavierstunden brauchen!

 

Clara hat Erstkommunion und ist total stolz darauf. Es wird ein Riesenfest, und sie kriegt von ihrer Oma eine Halskette geschenkt. - Ich möchte noch einmal sagen: Das sind alles Fälle, die in Wien wirklich passieren! - Und Clara geht voller Stolz mit der Halskette in die Schule, und ein Schuljunge geht hin und reißt ihr die Halskette vom Hals und sagt: Dein Gott ist böse. - Clara war mit dieser Situation total überfordert. Sie ist nicht zur Lehrerin gegangen, hat nicht um Hilfe gebeten - ein hochsensibles Mädchen. Clara hat so einen Riesenknödel im Bauch gehabt, ist dann nach Hause und hat geweint, hat der Mutter und dem Vater alles erzählt. Die Eltern haben nicht gewusst, wie sie darauf reagieren sollen und haben ein Gespräch in der Schule gesucht. Was hören sie denn da? - Sie hören, es gibt nicht genug Ressourcen, der Lehrerin ist es leider gar nicht aufgefallen, was da passiert ist - gar nicht böse, sondern einfach, weil sie keine Zeit hatte. Sie sind mit Eltern konfrontiert gewesen, die die Rechte der Gleichberechtigung nicht akzeptieren, beziehungsweise der Vater gibt der Direktorin nicht einmal die Hand. Wir sind mit einer Situation konfrontiert, in der Erwachsene hilflos waren, und wir sind mit einer Situation konfrontiert, in der ein achtjähriges Mädchen das erste Mal in Wien einen tätlichen Übergriff erlebt hat, nur, weil es das liebt, woran es glaubt.

 

Clara ist 16 und darf das erste Mal ausgehen. Sie geht zum Donaukanal und hat ein kurzes Rockerl an und freut sich und fühlt sich schön, und alles ist gut und sie haben Spaß. Auf einmal wird es rund um Clara laut und es kommt zu einer Streiterei, diese wird zu einer Schlägerei, und Clara sieht, wie ein Junge versucht, ein Mädchen zu beschützen, die laut „Nein!“ und „Stopp!“ gerufen hat, und drei Jungs genau auf diesen Jungen losgehen. Die Polizei kommt schnell und hilft. Aber was macht das mit dem Mädchen, das jetzt gesehen hat, dass, wenn ich als Mädchen „Nein!“ rufe, mir eigentlich trotzdem viel passieren kann, selbst wenn ein anderer Junge mir hilft? - Clara hat weder ihr Erstkommunionsketterl jemals wieder getragen, noch ist sie noch einmal zum Donaukanal gegangen.

 

Clara wird selbstständig, wird eine erwachsene Frau, macht sich selbstständig, wird Mutter, weil sie die Wahlfreiheit - Mutter und Karriere - wählt, hat zum Glück eine riesige Familie und lebt das afrikanische Modell: Das Dorf, das ein Kind erzieht - das heißt, Vater, Mutter, Mann, Bruder, Schwester, Onkel, Tanten unterstützen. Sie möchte jedoch selbst mehr Zeit mit dem Kind verbringen, reduziert die Öffnungszeiten, bekommt keinen städtischen Kindergartenplatz für ihr Kind, weil sie nicht Vollzeit arbeitet.

 

Und täglich grüßt das Murmeltier! Ich sage Ihnen, wenn wir jetzt nicht bald in die Gänge kommen und wirklich an diesen kleinen Dingen etwas ändern - das ist ganz leicht, das sind ganz kleine Rädchen, an denen wir drehen können -, wenn wir da nicht anfangen, wirklich einmal in die Gänge zu kommen, dann braucht Wien nicht zu sagen, wir sind die Frauenstadt! Denn bei uns gibt es das Problem, dass die Mädchen schon nicht einmal mehr Wahlfreiheit haben, bei uns haben wir das Problem, dass Mädchen nicht mehr sicher leben, und es ist an der Zeit, dass Wien Verantwortung übernimmt und Wien endlich Änderungen macht! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

 

Eine große Bitte habe ich noch, weil ich in der letzten Zeit viele Gespräche geführt habe und immer wieder gehört habe: Wahnsinn, wie schaffst du das: Job, Mandat, Familie, Kinder? Und ich sage: Uns strudelt es! Uns strudelt es alle! Es gibt jeden Tag Situationen, in denen ich mir denke: Wie schaffen wir das? - Die Leute und besonders die Frauen wünschen sich, dass wir alle den Mut haben, nach außen zu gehen und zu sagen: Ja, es strudelt uns, wir wissen teilweise auch nicht mehr, wo wir vorne und hinten alles zusammenbringen. Wir sind nicht die Superwomen, die Wunderwuzzis! - Ja, aber anscheinend leben wir das vor. Anscheinend glauben viele, dass wir alles schaffen. - Nein, wir schaffen es nicht, nicht ohne Hilfe! - Wäre es da nicht besser, wenn wir endlich dazu stehen würden und wenn wir das nach außen leben würden, dass auch wir oft in Situationen sind, in denen wir vor einer Entscheidung stehen? Wir haben nicht die Wahlfreiheit, sondern wir müssen uns entscheiden: Bringen wir das Kind jetzt in einen Kindergarten, damit wir pünktlich bei einer Sitzung sind? Wie hinterlassen wir unser Kind, wenn es weint? Bleibe ich jetzt noch zwei Minuten und komme zu spät zur Sitzung? - Wir haben

 

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