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Gemeinderat, 26. Sitzung vom 21.09.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 25 von 133

 

auch noch später sehr intensiv unterhalten, ist auch die politische Sphäre. Ich bleibe dabei: Wir haben es da mit Verheimlichung und mit Verschleppung zu tun. Was meine ich mit Verheimlichung? Ich meine damit, dass 1,4 Milliarden an Steuergeld ganz einfach freihändig, vorbei an den Gremien, freigegeben wurden und dass der Plan war, 2 Monate lang niemandem davon Bescheid zu geben. Da ist schon die Frage: Wie lange hat eigentlich der Bürgermeister von diesen Notwendigkeiten am 15. Juli schon gewusst?

 

Jetzt wird hier immer Nord Stream 1 als Zeugin aufgerufen. Ich rufe schon in Erinnerung: Nord Stream 1 wurde am 10. Juli abgeschaltet. Wenn jetzt hier die Argumentation ist, die Sorgen rund um Nord Stream 1 und die Diskussionen, ob der Gaspreis in die Höhe geht, hätten sozusagen diese Notverordnung notwendig gemacht, dann sind das fünf Tage Unterschied. Fünf Tage ist ein Zeitraum, in dem man einen Gemeinderat einberufen hätte können, denn das dauert vier Tage. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Du brauchst einen Finanzausschuss zuerst ... Stadtsenat!)

 

Einen Finanzausschuss kann man bei Dringlichkeit sofort einberufen. Sie wissen, dass der oft vor Sitzungstagen direkt einberufen wird, wenn es notwendig ist. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Habe ich schon erklärt!) Herr Stürzenbecher, wenn sich das erhärtet, dass bereits vor dem 10. Juli Unterlagen da waren, die die Notverordnung in Gang gesetzt haben, dann bricht das komplette Kartenhaus der SPÖ, das Sie hier nachträglich aufgebaut haben, in sich zusammen. Dann bricht dieses Kartenhaus in sich zusammen. (Beifall bei GRÜNEN, FPÖ und ÖVP sowie von GR Wolfgang Kieslich.)

 

Zweitens, warum spreche ich von Verschleppung? Da geht es mir jetzt um die Zeit nach dem 15. Juli. Das ist aus meiner Sicht nämlich eine Frage der Verantwortung, und da nehme ich sowohl den Bürgermeister als auch den Finanzstadtrat als Eigentümervertreter der Wien Energie, der Stadtwerke ganz besonders in die Pflicht.

 

Wenn man an den Tagen vor dem 15. Juli schon von den massiven Liquiditätsproblemen wusste, wenn man am 15. Juli dann eine Notverordnung auf den Weg gebracht hat und am 15. Juli durch den Bürgermeister unterschrieben hat, warum wartet man wirklich, bis dann im August erst schon so viel Gefahr im Verzug ist, dass keine andere Möglichkeit mehr besteht, als auf die Bundesregierung zuzugehen, um die Kreditlinie zu erweitern?

 

All das wegen der politischen Eitelkeit, dass man irgendein Wiener Narrativ von einem Wiener Weg nicht gefährden will? (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Wahrscheinlich!) All das hier so lange geheim zu halten, weil man sich nicht gemeinsam mit der Bundesregierung hinstellen will, das ist für mich Verschleppung, die in Wirklichkeit die Stabilität der Wien Energie über den Sommer gefährdet hat, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Abschließend: Die Wienerinnen und die Wiener, aber auch die Wien Energie als Unternehmen der Daseinsvorsorge haben sich aus meiner Sicht ein besseres Krisenmanagement verdient, als diese „Kopf in den Sand“-Politik, und sie haben sich Aufklärung statt Vertuschung verdient, und dafür werden wir arbeiten. Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr. Wölbitsch-Milan, und ich erteile es ihm. Bitte, Herr Gemeinderat.

 

10.58.26

GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP)|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Auf die NEOS gehe ich nicht ein, da habe ich jetzt fast schon ein bisschen Mitleid, aber auf die SPÖ muss ich natürlich eingehen, auf Kollegen Stürzenbecher, der mich zuerst belehrt, dann das Falsche sagt. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Passen Sie gut auf, was Sie sagen!) Liebe SPÖ, lieber Herr Kollege Stürzenbecher, die einzige Partei, die in dieser Stadt die Versorgungssicherheit von zwei Millionen Menschen nachweislich gefährdet hat, ist die SPÖ und sonst niemand. (Beifall bei ÖVP, FPÖ und GRÜNEN sowie von GR Wolfgang Kieslich.)

 

Kollege Krauss hat es ja schon gesagt, ohne die Hilfe des Bundes wäre die Wien Energie heute pleite. Das sagt mittlerweile jeder Experte - jeder -, ohne die Hilfe wäre sie pleite. Sie wäre wahrscheinlich auch ohne die Notkredite der Stadt schon pleite gewesen, und wir stellen uns jetzt natürlich apropos Versorgungssicherheit die Frage: Wie sieht es mit den anderen Unternehmen der Stadtwerke aus?

 

Eine Frage an den Herrn Finanzstadtrat, die Sie übrigens in der totalen Offenheit für Aufklärung gar nicht zugelassen haben, nämlich die berechtigte Frage: Wenn jetzt auch innerhalb der Stadtwerke über dieses Pooling, das es aus Ihrer Sicht einmal gibt, dann einmal wieder nicht, dann einmal wieder schon - wir wissen alle, es gibt es natürlich -, das Geld auch schon im Vorhinein zwischen den unterschiedlichen Unternehmungen der Stadtwerke hin und her geflossen ist, bevor man sich ja überhaupt das angetan hat, die 700 Millionen zu vergeben, fragen wir uns, na ja, okay, was passiert jetzt mit der Kohle, wenn ich das so salopp sagen darf. Was passiert mit den Wiener Linien? Wird jetzt irgendetwas zurückgestellt, werden die Ticket-Preise irgendwie teuer werden? Wie sieht es mit den anderen Unternehmungen in den Stadtwerken aus? Wenn Sie über Versorgungssicherheit reden, sehr geehrte Damen und Herren, dann ist das für die Wienerinnen und Wiener anscheinend immer sehr gefährlich.

 

Ich frage mich jetzt natürlich: Ich kenne Sie, Herr Kollege Stürzenbecher, eher als einen besonneneren, ruhigeren Geist, der sehr gut im Abmoderieren von großer Aufregung ist. Es ist daher natürlich sehr spannend, warum Sie jetzt auch so emotional geworden sind und die SPÖ allgemein so emotional wird. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Weil Sie dauernd dazwischengeschrien haben! Sie haben geschrien!) Ich versuche es für mich und vielleicht für andere auch, nur kurz zu erklären.

 

Diese Notkompetenz kann ja nicht einfach so gezogen werden, sondern wir haben in unserer Stadtverfassung, aus meiner Sicht zu Recht, ein dreistufiges System. In der Regel sollte der Gemeinderat entscheiden.

 

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