Gemeinderat, 29. Sitzung vom 18.10.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 26 von 103
benenfalls vielleicht auch verabreden. Das brauchen Sie hier zumindest von meiner Fraktion nicht erwarten. (Beifall bei der ÖVP.)
Jetzt komme ich aber zu dem historischen Rückblick, der mir so wichtig ist, meine Damen und Herren, weil er zeigt, welch große Versäumnisse nach wie vor gerade im Bereich Transparenz in dieser Stadt vorhanden sind. Ich habe im Vorfeld dieser Aktuellen Stunde ein bisschen herumgesurft und bin auf die „Arbeiter-Zeitung“ vom 27. Jänner 1988 gestoßen. Die historisch Bewanderten unter Ihnen werden jetzt vielleicht kurz nachdenken. - Es ging um den Rücktritt eines Umweltstadtrates und die Neuinstallierung eines neuen Umweltstadtrates, nämlich des Michael Häupl. Der damals bis dato agierende Umweltstadtrat Helmut Braun hatte ein Problem mit den Länderbank-Konten des Berufsförderungsinstitutes.
Das will ich jetzt gar nicht länger diskutieren. Interessant ist allerdings der Kommentar von Manfred Scheuch in der „Arbeiter-Zeitung“, der schreibt: „Dennoch muss es - zumal sich Einzelfälle häufen - Sozialisten zu denken geben, dass Korruption nicht allein das Problem der anderen ist. Und insbesondere werden Sozialisten darauf achten müssen, dass diese Erscheinungen nicht zu Kavaliersdelikten werden. Hier liegt eine wichtige Aufgabe für die Partei, darauf zu dringen, dass die alte Arbeitertugend der Redlichkeit Richtmaß bleibt und der Preis scharfer, wirksamer Kontrolle.“ - Meine Damen und Herren! Das ist 34 Jahre her. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Da sind Sie weit zurückgegangen!) 34 Jahre! Ja. Ich musste weit zurückgehen, um so offene und ehrliche Worte zu finden, da haben Sie völlig recht, Herr Stürzenbecher! Von Ihnen kommen diese nicht! (Beifall bei der ÖVP.)
Es hat eh nur 25 Jahre gedauert, dann ist aber hier einen Stock höher etwas geschehen, was uns Hoffnung gab. Damals hat der amtierende Bürgermeister Michael Häupl nämlich von einem systemischen Webfehler gesprochen. Die länger Dienenden können sich noch erinnern. Es ging darum, dass es endlich möglich ist, in die Unternehmungen der Stadt, die der Stadt Wien oftmals zu 100 Prozent gehören, wenigstens hineinschauen zu dürfen, meine Damen und Herren.
Natürlich interessiert es die Menschen da draußen, wie viel beispielsweise W24, der stadteigene Sender, den sich die Sozialdemokraten so gerne leisten, verbrennt. Wir hätten gerne gewusst, zu welchen Kosten das geschieht. Wir hätten gerne gewusst, wie viele versteckte Zuschüsse es beispielsweise bei der Stadthalle gibt oder welche Kriterien es für die Bestellung von Aufsichtsräten gibt. Wir wissen: Auf Bundesebene war das ein großen Thema. Hier in Wien darf das nicht einmal diskutiert werden, meine Damen und Herren! Die Diskussion, wie sie von der Opposition und von Seiten der Regierung hier geführt wurde, zeigt mir, dass ihr es ganz offensichtlich absolut nicht ernst meint, wenn ihr von Transparenz in dieser Stadt redet, und das finde ich wirklich traurig. - Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Bozatemur, und ich erteile sie hier. Bitte, Frau Gemeinderätin:
GRin Aslihan Bozatemur (SPÖ): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste auf der Tribüne und vor dem Livestream!
Zum dritten Mal wurde Wien heuer zur transparentesten Stadt Österreichs gekürt. Das geht aus dem Index Transparente Gemeinde von Transparency International Austria hervor, wo die 80 einwohnerstärksten Städte und Gemeinden Österreichs verglichen werden. (StR Peter Kraus, BSc: Und in dieser Stadt wird etwas zwei Monate lang verheimlicht?!) Das ist ein unglaublicher Erfolg für die Stadt Wien und zeigt klar und deutlich, dass wir von Transparenz nicht nur reden, sondern Transparenz auch tatsächlich leben.
Die rot-pinke Fortschrittskoalition hat sich in ihrem Regierungsprogramm die Stärkung des Parlamentarismus im Gemeinderat und Landtag zum Ziel gesetzt und arbeitet zügig, Schritt für Schritt die vereinbarten Punkte ab. Wir sind davon überzeugt, dass nachvollziehbare und öffentlich einsehbare Prozesse auch die Akzeptanz von politischen Entscheidungen in der Öffentlichkeit entscheidend erhöhen. Woran die Wiener Fortschrittskoalition gerade arbeitet, ist für alle Bürgerinnen und Bürger auch im Regierungsmonitor online aufrufbar, und das wird regelmäßig aktualisiert. Dieses Transparenz-Tool gibt genau Auskunft darüber, welche Punkte aus dem Koalitionsabkommen bereits abgearbeitet sind, an welchen wir aktuell arbeiten und was für die Zukunft noch auf der To-do-Liste steht.
Wir gehen auf die Wienerinnen und Wiener zu, indem wir proaktiv informieren, wie Entscheidungen der öffentlichen Verwaltung und der Politik überhaupt zustande kommen. So wurde gemäß dem Kapitel „Transparente Stadt“ schon eine Vielzahl an Vorhaben und Projekten umgesetzt. Das Petitionsrecht wurde reformiert, in einem öffentlichen Begutachtungsverfahren geprüft und gelangt im kommenden Landtag zur Beschlussfassung. Das neue Petitionsrecht bietet allen Wienerinnen und Wienern, unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft, die Möglichkeit, nunmehr auch öffentlich an Entscheidungsprozessen in Politik und Verwaltung mitzuwirken. InitiatorInnen von Petitionen können ab Jänner 2023 persönlich in den Petitionsausschuss eingeladen werden, wo sie ihre Ideen präsentieren und diskutieren können.
Ebenso wird gerade an einer großen Reform betreffend den Stadtrechnungshof verhandelt. Durch diese soll dem Stadtrechnungshof mehr Unabhängigkeit und Kontrolle geboten werden.
Weitere Transparenzmeilensteine werden in den kommenden Wochen und Monaten noch vertieft diskutiert und zur Beschlussreife gebracht werden. Dazu gehört auch die Stärkung des Interpellationsrechts. Das Fragerecht ist, vor allem für die Opposition, ein demokratisch wichtiges Instrument. Künftig soll dieses Fragerecht präzisiert werden. Eine Arbeitsgruppe soll mit dem Ziel, die parlamentarischen Rechte im Sinne der Transparenz weiter auszubauen, dazu beraten.
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