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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 18.10.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 80 von 103

 

Corona hat das Seine dazu beigetragen. Ja, warum soll ich zum Beispiel auf die Meidlinger Hauptstraße gehen, wenn ich mir zum Beispiel eine Nähseide kaufen möchte. Früher wäre es klar gewesen, wenn ich sowas brauche, gehe ich in die nächste Einkaufsstraße, dort gibt es das Nähzubehörgeschäft, da werde ich gut beraten und weiß, dass ich meine rote Nähseide bekomme. Mittlerweile haben Onlineshops den Einkaufsstraßen den Rang abgelaufen. Mit einem Nähseidegenerator finde ich die passende Nähseide für den Stoff, den ich mir ausgesucht habe, und bekomme die Nähseide nicht nur in Rot, sondern kann von Ampelrot über Nelkenrot bis zu Zunderrot aus fast 100 roten Farbnuancen auswählen. Es geht also offensichtlich nicht mehr darum, das Passende zu bekommen, um extra bei einer Einkaufsstraße auszusteigen. Da muss mehr sein, da muss es mehr geben. Damit ich zum Beispiel auf die Meidlinger gehe, um diese Nähseide zu kaufen, brauche ich ein Erlebnis, und das hat ja auch der Kollege Margulies schon ausgesprochen. Ich muss mit diesem Einkauf etwas verbinden, andere Sachen machen können, keine Ahnung, spazierengehen, meine Freunde treffen. Auf Einkaufsstraßen zu gehen nur wegen den Geschäften, das ist halt voll Neunziger, das ist nicht mehr up to date. (Heiterkeit bei den GRÜNEN.)

 

Einkaufen und gleichzeitig das eigene Grätzl erleben, neben Wohnen auch die Freizeit im eigenen Bezirk verbringen können, mit dem Radl g‘schwind auf den Markt, am Weg zur U-Bahn die Uhr zum Batteriewechsel aufgeben und sich mit Freunden auf einen Kaffee auf der Einkaufsstraße treffen und danach noch g‘schwind ums Eck, weil dort eben das Nähzubehörgeschäft ist, wo ich endlich meine rote Nähseide bekomme - so wollen die Wienerinnen und Wiener leben, und das macht die neue Förderung möglich.

 

Denn, um noch einmal beim Beispiel Meidling zu bleiben, auch die Meidlinger Hauptstraße lebt nicht von sich allein. Sie lebt auch von den Geschäften und den Lokalen in den Seitenstraßen, vom Meidlinger Bahnhof am Ende und vom Meidlinger Markt eine Gasse weiter. Wenn man also will, dass die Meidlinger Hauptstraße ihre alteingesessenen Geschäfte behält und dass neue aufgesperrt werden, muss man das ganze Grätzl betrachten und weiterentwickeln. Dass ich das auf der Meidlinger Hauptstraße noch immer machen kann, ist jedoch nicht selbstverständlich, sondern ist zum Teil der großen Hartnäckigkeit der GeschäftsinhaberInnen zu verdanken. Die haben in den letzten zehn Jahren nämlich unglaublich viel mitgemacht.

 

Nicht nur Corona und die Konkurrenz im Internet haben ihnen zu schaffen gemacht, sondern, und das muss ich leider zum Schluss auch noch sagen, auch die Regierungsbeteiligung der GRÜNEN. (GR Nikolaus Kunrath: Na geh!) Es tut mir leid, aber das hat mir leider auch gefehlt, es war nämlich wirklich so, dass die Einkaufsstraße in Meidling halt immer - und vielleicht war es deswegen, weil wir ein bisschen außerhalb sind und nicht mitten drin im Hot Spot - später zum Zug gekommen ist. Schon 2010 gab es den EU-weiten Wettbewerb zur Umgestaltung der Meidlinger Hauptstraße. Alles war klar, das Siegerprojekt wurde gewählt und die damals zuständige Vizebürgermeisterin Vassilakou gab die Mittel für den Baubeginn 2014 frei. Doch dann kam die Mariahilfer Straße. Die ist halt bekannter, die ist halt näher im grünen Zielgebiet. Dort sind die Mittel hingeflossen. Die doppelt so lange Mariahilfer Straße wurde in einem Jahr umgesetzt, Meidling musste jedes Jahr aufs Neue um die Mittel kämpfen und der Umbau zog sich über fünf Jahre. Fünf Jahre, in denen die Geschäfte ungeplant in einer Baustelle standen, und die eigentlich mitgeplanten Seitenstraßen wurden leider bis heute nur zum Teil umgesetzt.

 

Ich bin froh, dass die neue Förderschiene für die Wiener Einkaufsstraßen auf Grätzl statt auf einzelne Straßenzüge fokussiert und die Außenbezirke im Blick hat, denn auch, wenn die großen Einkaufsstraßen schön und wichtig für unsere Stadt sind, zählen beim Thema Nahversorgung andere Plätze. Die Wienerinnen und Wiener wohnen nämlich ganz selten in der Kärntner Straße oder auf der Mariahilfer Straße, die meisten wohnen in der Nähe der Favoritenstraße, der Simmeringer Hauptstraße und natürlich im wunderschönen Meidling, in Meidling, mit seinen hervorragenden Malzubehör-, Haushaltswaren- und natürlich Nähzubehörgeschäften. - Vielen Dank. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr StR Kraus gemeldet. Bitte, Herr Stadtrat.

 

17.52.42

StR Peter Kraus, BSc|: Ich möchte nur zu der Frage der wichtigen Geschäftsstraßen, wann diese umgebaut und renoviert wurden, etwas tatsächlich berichtigen. Die Vorrednerin hat mit Blick auf die Meidlinger Hauptstraße gesagt: „Und dann kam die Mariahilfer Straße und die sei wichtiger gewesen und dadurch hätte die Meidlinger Hauptstraße eine Verspätung gehabt.“ Ich kann es insofern tatsächlich berichtigen, weil damals wir und viele, die schon länger hier sind, sehr intensiv mit den Themen befasst waren. Ich kann tatsächlich berichtigen, dass es erstens zeitlich nicht stimmt, da die Mariahilfer Straße zu dem Zeitpunkt schon längst geplant und im Umbau war, und dass es zweitens natürlich nie eine Priorisierung von Straßen von Bezirksprojekten und Umbauprojekten gab, die jetzt irgendwo in diesem oder jenem Bezirk liegen. Ich möchte noch einmal betonen, vieles davon hängt auch von den Finanzmitteln ab, die beispielsweise bei den Budgetverhandlungen der Finanzstadtrat freigibt, vieles hängt auch davon ab, was Bezirke selbst bereit sind zu planen, und vieles kann ja die Stadt dann nur über eine Förderung finanzieren. Ich berichtige somit tatsächlich, dass die Meidlinger Hauptstraße genauso wie die Mariahilfer Straße und viele Projekte in der grünen Regierungszeit für die GRÜNEN immer oberste Priorität hatten. - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Bevor ich der nächsten Rednerin das Wort erteile, der Frau GRin Dr. Kickert, gebe ich für das Protokoll bekannt, dass Herr GR Kieslich seit 17.35 Uhr wieder anwesend und Frau GRin Hungerländer ab sofort entschuldigt ist.

 

Bitte, Frau GRin Kickert.

 

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