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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 18.10.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 92 von 103

 

Meine Damen und Herren, ich habe mir vorgenommen, heute nicht über die Anträge der FPÖ im Detail zu diskutieren, weil sie sich selbst richten. Sie sind zweckverwendet. Die Anträge sind trittbrettfahrend auf einem lauteren Anliegen und das entweiht, um das so altmodisch zu sagen, das entweiht das Bemühen. Man kann über alles diskutieren, aber so nicht. Wissen Sie, was man nicht machen kann, wenn man für die Freiheit ist? - Für die Freiheit des Nichtkopftuchtragens einzutreten und gleichzeitig gegen die Freiheit des Kopftuchtragens einzutreten, denn genauso, wie es das Recht eines über 14-jährigen Mädchens ist, kein Kopftuch zu tragen, ist es das Recht jedes über-14-jährigen Mädchens, ein Kopftuch zu tragen. (Beifall bei SPÖ und NEOS. - StR Dominik Nepp, MA: Dann werden wir, wie Van der Bellen gesagt hat, alle Kopftücher tragen!) Das ist das Wesen der Freiheit. Und die Schwierigkeit liegt nicht darin, zu erkennen, dass das etwas ist, was wir verteidigen müssen, die Schwierigkeit liegt darin, wie wir das machen. Wie können wir diese Freiheit garantieren? Nämlich so und so. Und eines sage ich Ihnen schon: So, wie Sie das machen, können wir das nicht garantieren, und darum lehne ich Ihnen das auch ab, ehrlich gesagt. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Wenn wir von der iranischen Republik sprechen, dann sprechen wir von einem aggressiven, kriegerischen, antisemitischen Regime. Das zeigt sich unter anderem an der Art der Behandlung von Frauen und Mädchen inklusive dem Mord, der hier stattgefunden hat, an der Art der Behandlung der Opposition, an der Art der Behandlung religiöser Minderheiten, an der Art der Behandlung ethnischer Minderheiten und letztendlich an dem, was das Regime im Iran ist, ein totalitäres Regime, eine totalitäre Ideologie und, um das mit Hannah Arendt zu verbinden, eine totalitäre Ideologie wie der Stalinismus oder der Faschismus. Das sagt nichts aus über das Wesen des Islam an sich, es sagt viel aus über das Regime in Teheran und warum wir das nicht wollen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Das erklärte Ziel des Regimes in der iranischen Republik ist die Verbreitung einer bestimmten Hassideologie als Herrschaftsinstrument und Kontrollinstrument. Das führt dazu, dass sich alle Nachbarstaaten dieses Landes angegriffen und bedroht fühlen, dass es Allianzen gibt, von denen man vor einiger Zeit noch nicht geglaubt hätte, dass sie möglich sind - Beispiel Israel und einige arabische Staaten. Diesen ist ja die Freundschaft auch nicht in die Wiege gelegt, aber sie verbünden sich gegen einen aggressiven Staat.

 

Meine Damen und Herren, der Antrag, den wir heute einbringen und den zu unterstützen ich Sie ersuche, ist wichtig. Worüber wir auch diskutieren müssen - nicht heute, das steht im Antrag nicht drinnen, aber nachdenken müssen wir darüber -, ist, wie wir prinzipiell mit dem Regime im Iran umgehen. Ich kann mir schlecht vorstellen, dass ein Regime, das frauenunterdrückend, gewalthaft, totalitär, undemokratisch ist, ein guter Handelspartner ist. Ich weiß schon, pecunia non olet, aber in dem Fall halt schon. Und ich würde den Wegfall von Gaslieferungen aus einem Regime nicht mit der Lieferung von Gas aus einem anderen Regime ähnlicher Preisklasse tauschen wollen, meine Damen und Herren. (GR Maximilian Krauss, MA: Deswegen geht’s ihr nach Katar!) Ich glaube, dass es notwendig ist, insgesamt unabhängig von Gas zu werden, um nicht aussuchen zu müssen, von welcher Diktatur man es einkauft. Das ist der Green Deal, den die Europäische Union anstrebt, für den ich stehe.

 

Meine Damen und Herren, was ist die Verbindung? Es ist ja ganz offensichtlich, dass das iranische Regime eben ein totalitäres ist, und genau dieses totalitäre Regime liefert im großen Umfang Waffen an ein anderes totalitäres Regime, nämlich Drohnen an die Russische Föderation. Da ist eine Verbindung zwischen diesen beiden Regimen gegeben - man sollte es nicht glauben, aber die haben offensichtlich durchaus gemeinsame Interessen. Ich möchte jetzt gar nicht aufzählen, welche anderen Staaten es da noch gibt, weil ich mich jetzt nicht mit der ganzen Welt anlegen will, aber bei den zweien ist es ganz offensichtlich.

 

Meine Damen und Herren, damit bin ich dann bei der Frage der Russischen Föderation. Die Russische Föderation hat in Europa einen Krieg begonnen, in diesem Krieg sind wir als Österreich militärisch neutral (GR Mag. Dietbert Kowarik: Das stimmt doch nicht mehr! Das ist falsch, was Sie sagen!), von der Haltung und Weltanschauung her sind wir das nicht. Wir verteidigen die Freiheit aller Menschen, und wenn ein Land angegriffen wird, ist das ein Verbrechen des Krieges, es ist ein Kriegsverbrechen und Kriegsverbrechen können wir nicht unterstützen, diese müssen wir bekämpfen. Ich gebe zu, dass manche Leute sagen können, wir sind nicht in dem Maß neutral, wie wir das früher waren. Meine Damen und Herren, jetzt sage ich Ihnen etwas: Dazu stehe ich. Ich stehe dazu, dass wir nicht neutral sind gegen ein kriegerisches Regime, das zum Teil Massenmord begeht und unschuldige Menschen, Frauen, Kinder und Männer, umbringt, da können wir nicht neutral sein! (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

 

Damit wir da ganz sicher sind: Das ist kein Versuch, das Neutralitätsgesetz aufzuheben. Ich bin dagegen, dass österreichische Truppen eingreifen, ich bin dagegen, dass wir Waffen hinliefern, das alles ist einzuhalten und nicht wegzuschwurbeln. (GR Mag. Dietbert Kowarik: Wer A sagt, muss auch B sagen, Herr Kollege!) Von der Grundhaltung her gibt es aber keine Neutralität gegenüber der Unmenschlichkeit im Iran, gegenüber der Russischen Föderation, gegenüber der Unterdrückung von Uiguren, gegenüber Rassismus in Lateinamerika. Da gibt es keine Neutralität, da gibt es nur eines: Haltung. Und die fordere ich ein! (Beifall bei der SPÖ. - GR Maximilian Krauss, MA: Warum gibt’s dann keine Sanktionen gegen China?)

 

Wünschenswert wäre, dass der Krieg in der Ukraine, der von der Russischen Föderation ausgelöst und betrieben wird, endet. In diesem Antrag steht, nicht sehr verklausuliert, drin, wem unsere Sympathie gilt. Wichtig dabei ist jedenfalls, eines zu sagen - und das ist nicht Kriegstreiberei -: Aus prinzipiellen Gründen darf sich die Politik der Russischen Föderation nicht rechnen, weil sie

 

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