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Gemeinderat, 30. Sitzung vom 24.11.2022, Wörtliches Protokoll  -  Seite 93 von 109

 

Ich beginne mit einem kleinen Bekenntnis, nämlich: Mir ist der Donauwalzer emotional näher als die Bundeshymne. Ich verpasse auch kein Neujahrskonzert. Kurz: Ich mag Johann Strauß. Ich tanze auch gerne, ich tanze auch gerne Standard, und das ist offenbar etwas, was man, wenn man in Wien aufgewachsen ist, zum Teil mit der Muttermilch aufsaugt - was in diesem Fall ein komisches Bild ist, aber ich traue mich, es hier zu verwenden. - Kurz: Ich habe ein emotionales Verhältnis zu Johann Strauß. Trotzdem werden wir diesem Antrag in dieser Form leider nicht zustimmen. Das hat verschiedene Gründe, und die will ich Ihnen jetzt erzählen.

 

Erstens: Es war schon wieder ein Nachtrag. Sie wissen wahrscheinlich oder viele Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition wissen, wie das ist: Es gibt eine Ausschusstagesordnung, da kommt nichts drauf, und dann wird am Montag, dem 31., einem evangelischen Feiertag und einem Fenstertag (Zwischenruf von GR Thomas Weber.) - na ja, darum geht es nicht -, der Nachtrag geschickt. Und die Frage ist: Warum kommt das so spät? Die Wien Holding hat schon Anfang August die zwei Personen vorgestellt, die die Geschäftsführer dieser neuen GesmbH, der Johann.Strauß-Festjahr-GesmbH sein sollen, nämlich Roland Geyer als künstlerischer Leiter und der Direktor des Hauses der Musik Simon Posch als kaufmännischer Leiter. Die beiden sind seit August festgestanden. Der Website der Wien Holding entnimmt man, dass die Ausschreibung schon im Mai stattgefunden hat. Die Frage ist: Warum genau finden wir all diese Dinge nicht im Ausschussakt? Wir finden sie stattdessen auf der Website, wenn wir nachschauen, oder sonst irgendwo. Warum finden wir nicht die weiteren Teile?

 

Das bringt mich zu Teil 3. Es geht genau um insgesamt 20 Millionen EUR. Wir beschließen jetzt den 1. Teil, nämlich 1,5 Millionen. Und da wäre es schon möglich, wenn schon die „Krone“ am 19. August schreibt, dass die Stadt Wien und Roland Geyer gemeinsam uns alle informieren wollen, was das Programm von diesem Johann-Strauß-Festjahr sein wird, dass das zumindest in irgendeiner Form irgendwie in den Ausschussakt findet. Das findet aber nicht in den Ausschussakt, es gab auch keine gemeinsamen Informationen. Es ist auch nicht Roland Geyer in den Ausschuss gekommen, der ja zu diesem Zeitpunkt auch schon zwei Monate festgestanden ist. Im Ausschuss sehen wir nur einen Überblick über die einzelnen Raten, die ausgezahlt werden sollen. 2022: 1,5 Millionen EUR, 2023: 3 Millionen, 2024: 6 Millionen und 2025: 9,5 Millionen.

 

Dann gibt es noch ein paar Zeilen zur Beschreibung des Projekts, und da geht es darum, dass mit dieser neugegründeten GesmbH einmal die Bedeutung der Weltstadt der Musik unter Beweis gestellt wird, dass 2023 ein paar kleinere Veranstaltungen stattfinden sollen, dass 2024 Detailorganisation und Vermarktung stattfinden sollen und dass 2025 viele große Strauß-Feste für alle Altersgruppen und Schichten stattfinden sollen, unter Einbindung - und das finde ich jetzt schon besonders spannend - aller großen Häuser in Wien, die wir kennen.

 

Das ist ja an sich okay, dass wir die alle einbinden. Wir wollen einbinden: die Staatsoper, die Volksoper, das Theater an der Wien, den Musikverein, das Konzerthaus, die Wiener Festwochen, die Wiener Philharmoniker, die Wiener Symphoniker und dann auch noch das Filmfestival und auch den Silvesterpfad, et cetera. Interessanterweise geht man nicht davon aus, dass all diese Institutionen, die ihr ganzes Leben, ihre ganze Planung mit klassischer Musik beschäftigt sind, draufkommen, dass sie bei 200 Jahre Johann Strauß auch Johann Strauß programmieren werden. Braucht es da eine eigene GesmbH in Wien, die ihnen sagt: Ihr könntet Johann Strauß programmieren - was ihr ja sonst nicht macht, denn ihr programmiert ja sonst auch immer Johann Strauß zu Silvester. Oder was programmiert ihr sonst?

 

Warum also sollen wir 20 Millionen EUR ausgeben, um zu erhalten, was tatsächlich in Wien eigentlich jetzt passiert? Was genau und wie soll das vonstattengehen? Werden die Johann.Strauß-GmbH-Produktionen quasi als Einmietung in diesen großen Häusern sein und damit die vorhandene Förderung aufstocken, oder werden die Intendanten, die Kuratoren der Johann.Strauß-GmbH in die Planungen der einzelnen Häuser eingreifen - was ich mir noch schwerer vorstellen kann, ehrlich gesagt, aber was letztlich auch eine Aufstockung der jeweiligen Kulturbudgets bedeutet -? Und nur fürs Protokoll: Ich bin immer für das Aufstocken der Kulturbudgets, überhaupt in Zeiten, in denen es so schwierig ist wie jetzt - wir haben Energieprobleme, wir haben Publikumsprobleme -, aber wenn wir es schon aufstocken, dann hätte ich das gerne transparent und deutlich, und dann hätte ich auch die Aufstockung mit irgendwelchen Rahmenbedingungen verbunden, zum Beispiel mit einer Verpflichtung zu Fair Pay bei Veranstaltungen - auch das wissen wir nicht, ob das bei der Johann.Strauß-GmbH stattfinden wird.

 

Die Frage ist also: Warum brauchen wir da genau 20 Millionen EUR? Es ist okay, einen gemeinsamen Rahmen für Johann Strauß und für das Johann-Strauß-Geburtstagsjahr zu finden, nur: Normalerweise könnten das zwei Personen, die all die Institutionen abklappern und sich mit denen zusammen einen Rahmen ausmachen, gut durchführen. Was aber wird hier von der Johann.Strauß-GmbH eingeführt? Es sind sage und schreibe 13 Personen angestellt worden - schon jetzt! 13 Personen sind 2022 angestellt, damit es 2025 ein Strauß-Jahr geben wird. 13 Personen - wenn ich richtig informiert bin, sind das mehr Personen, als im Stadträtinnenbüro der Frau Kulturstadträtin derzeit arbeiten, aber das kann die Frau Kulturstadträtin sicher noch genauer beantworten -, das halte ich schon für sehr viel und für ein großes Team.

 

Deshalb die nächste Frage: Warum stimmen wir noch nicht zu? - Wir wissen nicht, was genau passiert zwischen September 2022 und Dezember 2022, das 1,5 Millionen EUR kostet. Ist Johann.Strauß-Festjahr-GmbH ein Projekt, das irgendwie auch mit der Fernmarktoffensive für Tourismus zusammenhängt? Die Fernmarktoffensive, Sie erinnern sich vielleicht, wurde geschaffen, um Inserate in US-amerikanischen Städten zu schalten, und vielleicht fließt das Geld ja in dieses Marketing. Ich kann mir sonst

 

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