Gemeinderat, 32. Sitzung vom 21.12.2022, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 115
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Dr. Laschan, und ich erteile es ihr. Bitte, Frau Gemeinderätin.
GRin Dr. Claudia Laschan (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren!
Weil die Aktuelle Stunde von der FPÖ bestimmt worden ist, muss ich natürlich auch ein bisschen auf die FPÖ eingehen und möchte als Hinweis einmal sagen, dass schon das Gesundheitswesen in Wien von mehreren Playern bespielt wird. Eine davon ist die Österreichische Gesundheitskasse, die nämlich für den niedergelassenen Bereich zuständig ist. Da haben wir jetzt ein paar Beispiele gehört, die furchtbar sind, aber die betreffen den niedergelassenen Bereich, und über den müssen wir auch reden.
Wenn wir seriös darüber diskutieren, muss man das gemeinsam diskutieren, dazu bin ich bereit. (GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Wir sind seriös!) Ich möchte darauf hinweisen, dass die Zusammenlegung der Krankenkassen eines der wichtigsten Vorhaben der türkis-blauen Regierung war. Es sind zwar nur die Gebietskrankenkassen zur ÖGK zusammengelegt worden, aber immerhin konnte erreicht werden, dass der Einfluss der ArbeitnehmerInnenvertreter sehr stark zurückgedrängt wurde. Argumentiert wurde die Zusammenlegung mit Einsparungen von 1 Milliarde, der berühmten Patientenmilliarde, die letztendlich nur eine Fiktion war. Eine Fiktion ist etwas, das nur in der Vorstellung existiert. (GR Maximilian Krauss, MA: Für wen haben Sie das jetzt erklärt? Für Ihre eigene Fraktion?) Ich würde fast unterstellen wollen, dass das unter Umständen nur ein Schmäh war. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass die zusammengelegte ÖGK nunmehr teurer ist, als es die einzelnen Kassen in Summe waren. Sehr interessant, nicht?
Der Rechnungshof hat sogar einen Mehraufwand von 214 Millionen EUR jährlich errechnet. Man könnte bildhaft sagen, es wurde alles kurz und klein geschlagen, eigentlich „Hartinger-Klein“. Das war, wenn Sie sich erinnern, die Gesundheits- und Sozialministerin, die der Meinung war, man könne von 150 EUR im Monat leben.
Die ÖGK ist für den niedergelassenen Bereich zuständig, muss aber offensichtlich immer noch mit sich selbst beschäftigt sein, weil der niedergelassene kassenärztliche Bereich immer schwächer wird, und ich sehe die Gegenmaßnahmen nicht. Immer mehr PatientInnen sind gezwungen, trotz Krankenversicherung ihre medizinische Versorgung selbst zu bezahlen, oder sie gehen eben in die Spitalsambulanzen, was verständlich, aber auf Dauer nicht möglich ist. Bei einer guten niedergelassenen Versorgung könnten die Ambulanzbesuche drastisch gesenkt werden.
Was mir aber ein wirkliches Rätsel ist: Warum kommen so viele Menschen aus den anderen Bundesländern in die Wiener Spitäler, wenn die so schlecht sind? Das frage ich mich wirklich, es ist ein Rätsel. Was mir auch ein Rätsel ist, warum die Ärztekammer eine Kampagne gestartet hat, die das Wiener Gesundheitswesen als schlechtes Gesundheitswesen darstellt. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Warum hat der Hacker eine Kampagne gegen die Ärztekammer gestartet?) Was ist das Ziel, was ist das Ziel?
Bessere Bezahlung, bessere Bedingungen für die Ärztinnen und Ärzte zu verlangen, das ist an sich die Aufgabe einer Standesvertretung, aber die Ärztekammer möchte ja gesundheitspolitisch mitreden. Ich denke mir, wenn man gesundheitspolitisch mitreden will - es sind jetzt keine Wahlen, die Ärztekammerwahlen waren gerade -, dann würde ich das anders anlegen, nämlich konstruktive Vorschläge machen, in den Gremien, wie in der Landesgesundheitsplattform und auch in der Öffentlichkeit, nur, das findet leider nicht statt. Ich bin in der Landesgesundheitsplattform und ich rede mir dort den Mund fusselig und ich bekomme kein Echo von Seiten der Ärztekammer, keine Antwort, sondern nur gelangweilte Blicke. Das ist ein bisschen eine Differenz, da wird etwas in der Öffentlichkeit dargestellt, was so nicht ist. (Beifall bei der SPÖ.)
Die Medizin entwickelt sich so schnell weiter, zum Wohle der Patientinnen und Patienten, aber es müssen auch die Rahmenbedingungen weiterentwickelt werden. Alte Konzepte brauchen wir nicht mehr. Arbeiten wir doch mehr zusammen, über die Grenzen der einzelnen Träger! Da gibt es schon gute Beispiele. Nützen wir die Infrastruktur zum Beispiel in Spitalsambulanzen für AllgemeinmedizinerInnen in der ambulanzfreien Zeit! Schaffen wir die Chefarztpflicht ab, bis auf wenige Ausnahmen, wo es vielleicht sinnvoll ist, aber schaffen wir doch die Chefarztpflicht ab - niemand verschreibt zum Spaß einen Blutverdünner oder ein Krebsmedikament -, da werden sich vielleicht dann freie Kapazitäten ergeben! (GR Dipl.-Ing. Udo Guggenbichler, MSc: Sie sollen das Gesundheitssystem nicht aushungern!)
Schaffen wir das unsoziale Ausleseverfahren für MedizinstudentInnen ab! Etablieren wir ein PatientInnenleitsystem, das kranke Menschen durch das Gesundheitssystem begleitet und unnötige Doppel- und Mehrgleisigkeiten zu Lasten der PatientInnen verhindert! Kämpfen wir gemeinsam gegen die Mehrklassenmedizin und für einen freien Zugang zu Gesundheitsleistungen! (Beifall bei SPÖ und NEOS.)
Vorsitzende GRin Gabriele Mörk: Die Aktuelle Stunde ist beendet.
Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15 Abs. 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass von Gemeinderatsmitgliedern des ÖVP-Klubs der Bundeshauptstadt Wien 19, des Grünen Klubs im Rathaus 11 und des Klubs der Wiener Freiheitlichen 14 schriftliche Anfragen eingelangt sind.
Von den Gemeinderätinnen und Gemeinderäten Prack, Mag. Mag. Malle, Stadler, Mag. Huemer, Dipl.-Ing. Margulies, Dipl.-Ing Otero Garcia wurde eine Anfrage an den Herrn Bürgermeister betreffend „Sozialleistungen gegen Teuerung absichern: Der Bund geht voran. Wo bleibt die automatische Wertsicherung der Wiener Sozialleistungen?“ gerichtet. Das Verlangen auf dringliche Behandlung dieser Anfrage wurde von der notwendigen Anzahl von Gemeinderatsmitgliedern unterzeichnet. Gemäß § 36 Abs. 5 der Geschäftsordnung wird die Beantwortung der Dringlichen Anfrage vor Schluss der öffentlichen Sitzung
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