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Gemeinderat, 33. Sitzung vom 25.01.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 51 von 106

 

Gesellschaft gut, sondern auch für unsere Wirtschaft und für viele andere Bereiche.

 

An dieser Stelle möchte ich mich auch bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die im NGO-Bereich beziehungsweise integrationspolitischen Bereich arbeiten, bedanken. Sie leisten hervorragende, großartige und auch wirklich wertvolle Arbeit. Ich weiß, dass nach der Pandemie viele Probleme im integrationspolitischen Bereich aufgetreten sind, und ich möchte mich heute wirklich bei ihnen nochmals einzeln bedanken: Danke! Ohne euch wäre alles nicht so großartig, wie es jetzt ist! (Beifall bei GRÜNEN und spö.)

 

In den letzten Tagen beschäftigte uns vor allem die Schlagzeile: Schüler und Schülerinnen mit Migrationsbiographie zeigen deutliche schulische Defizite. - Diese These wurde auch von der Uni Linz bestätigt. Sie besagt, dass Schülerinnen und Schüler mit Migrationsbiographie viel stärker von schulischen Defiziten betroffen sind. Das führt dazu, dass sie sich später schwer in den Arbeitsmarkt integrieren können und von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Wenn ich mich zurückerinnere, kann ich sagen: Zu meiner Zeit war es, glaube ich, noch schrecklicher. Damals hat man alle Schüler und Schülerinnen, die mangelnde Deutschkenntnisse hatten, auf freundliche, subtile Weise einfach in Sonderschulen abgeschoben.

 

Ich durfte das auch selber erleben, als meine Lehrerin zu mir gesagt hat: Es wäre ideal, wenn du und deine türkische Sitznachbarin in eine Sonderschule gehen. - Ich war damals de facto sieben Jahre alt und sie vielleicht acht. Ich bin dreisprachig aufgewachsen, sie zweisprachig. De facto war es allerdings nicht meine Schuld, dass ich mit dem Kindergarten nicht früher angefangen habe und dass meine Deutschkenntnisse mit sieben Jahren nicht ausreichend waren. Ich habe jedoch zu den Glücklichen gezählt, die nicht auf Grund von Sprachbarrieren in der Sonderschule gelandet sind, viele Schülerinnen und Schüler in meinem Alter hatten aber nicht dieses Glück, und sie konnten sich tatsächlich schwer in den Arbeitsmarkt integrieren, waren später wirklich von Arbeitslosigkeit betroffen und hatten viele der uns bekannten Probleme.

 

Wenn ich jetzt 30 Jahre zurückdenke, dann denke ich mir: Puh, nach 30 Jahren belegt eine Studie wirklich wieder die gleichen Probleme! Damit kommen wir zu dem Schluss - ich glaube, da sind wir uns alle einig -, dass in den letzten Jahren unsere Integrations- und Bildungspolitik total versagt hat. Wir reden nach 30 Jahren immer noch über die gleichen Probleme, während man über diese Probleme in den skandinavischen Ländern gar nicht redet, meine lieben Damen und Herren. (Zwischenruf von GRin Mag. Caroline Hungerländer.) Das kann Ihnen gefallen oder nicht gefallen, aber Sie sind Vorreiter, was integrationspolitische Maßnahmen betrifft, Kollegin Hungerländer! Ja. Wir brauchen dringend eine Diskussion, da gebe ich Ihnen recht. Wir brauchen eine offene Diskussion über Deutschdefizite und auch über Defizite im schulischen Bereich. Wir dürfen diese Diskussion aber nicht rechtspopulistisch führen. (GR Wolfgang Irschik: Aber auch nicht linkspopulistisch, Frau Kollegin!) All jene, die diese Debatte über Deutschdefizitprobleme rechtspopulistisch führen, haben ja gar kein Interesse daran, die Grundprobleme im bildungs- und im integrationspolitischen Bereich überhaupt zu lösen. Das sehen wir heute daran, wer genau diese integrationspolitischen Anträge ablehnt. Wenn Sie nämlich tatsächlich ein Interesse daran hätten, dann wären Sie mitgegangen, aber dem ist nicht so.

 

Wir wollen da jedenfalls nicht zuschauen, denn die Grundprobleme kennen wir ja. Diese liegen auf dem Tisch im Sinne von früherer Selektion, von fehlenden Ganztagsstrukturen und auch auf Grund des späten Schuleintrittsalters, et cetera. Wir wollen wirklich nicht noch weitere 30 Jahre darüber diskutieren und mit ansehen, dass sich diese Probleme von Generation zu Generation sozusagen überlappen.

 

Deswegen bringen wir heute einen Antrag ein, in dem wir ein Maßnahmenpaket für Menschen mit Migrationsbiographie im schulischen Bereich fordern, damit wir nicht noch weitere 30 Jahre über die gleiche Problemlage sprechen. - Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei GRÜNEN und spö.)

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächste zum Wort gemeldet ist GRin Akcay. Ich erteile es ihr.

 

14.23.15

GRin Safak Akcay (SPÖ)|: Sehr geehrte Vorsitzende! Werter Berichterstatter! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Seit zig Jahren legt die Stadt einen Fokus auf Initiativen und Projekte, die das Zusammenleben fördern. Das heißt, wir haben Verbündete in der Zivilgesellschaft, aber auch PartnerInnen wie die Vereine, deren Projekte wir heute beschließen. Mit ihnen gemeinsam gelingt uns ein Miteinander der Menschen in Wien mit unterschiedlichen Lebenskonzepten, Interessen und Anschauungen über alle Generationen hinweg.

 

Ja. Das bedeutet für uns eine Herausforderung. Diese Herausforderung können wir aber nur mit einer Politik des Miteinander lösen, und nicht auf die Art und Weise, wie es die FPÖ und die ÖVP immer wieder machen: Indem Bevölkerungsgruppen, Vereine oder Personen zu einer Zielscheibe beziehungsweise zum Sündenbock gemacht werden und im wahrsten Sinne auf ihnen herumgetrampelt wird.

 

Meine Damen und Herren! Das ist in meinen Augen billige Politik, die keine Antworten liefert. Ihre Art von Politik will aber auch nicht lösen, sondern kürzen, bestrafen, aushungern, ausgrenzen und all das. Bevor überhaupt das Integrationspaket des Bundes beschlossen wurde, hatten wir bereits alle Integrationsmaßnahmen auch für Asylwerber geöffnet, weil es eben wichtig ist, AsylwerberInnen Chancen und Perspektiven zu bieten, und weil es wichtig ist, dass der Spracherwerb während des Asylverfahrens ermöglicht wird, denn Sprache ist nun einmal der Schlüssel zur Integration.

 

Es wird ja sehr oft darüber geredet, dass es zu Doppelförderungen kommt. Im Hinblick darauf frage ich mich, warum Frauen, die Deutsch lernen wollen und dazu auch gesetzlich verpflichtet sind, vom Österreichischen Integrationsfonds nach Hause geschickt werden, weil es für sie keinen Platz gibt. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM:

 

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