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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 23.02.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 64

 

in der Nähe dann eine Qualität von 40 Punkten. Man sieht, Rothneusiedl hat eine tolle Qualität. Diese dörfliche Idylle, die in Oberlaa stattfindet, wird durch ein riesiges Projekt zerstört, wird versiegelt und nicht nachverdichtet.

 

In unserem Antrag, den Kollege Kowarik auch schon angesprochen hat, geht es darum, dass geschaut wird, in der Stadt Wohnraum zu errichten und nicht die grüne Wiese zu versiegeln. Ich meine, diese 4.000 Bäume, die für dort angekündigt sind - Minibäume, wenn man sich das anschaut -, die dann in einem Grünkorridor mutmaßlich zwischen Hochhäusern und Wohnsilos gesetzt werden, können wohl nur als Verhöhnung der Bevölkerung und nicht als Klimaschutz oder Pionierstadtteil bezeichnet werden. Wenn man das vergleicht, wenn man sich die Parkgröße auf die 4.000 Bäume anschaut, kommt ein Baum auf 100 m². Ein Wald schaut anders aus, Grün schaut anders aus, und Schatten wird das wohl auch keinen spenden.

 

Der Wiener Planungsdirektor Thomas Madreiter hat in einer „Kurier“-Immo-Beilage heuer, am 21.1., gesagt: „Große Pläne für Rothneusiedl!“, und gemeint, dass da eine kleine Seestadt Aspern entstehen soll. Sie merken sich dann für nachher: kleine Seestadt. - Wenn man sich das anschaut: Ich glaube, die Seestadt ist noch nicht einmal fertiggebaut, ist zu einem Drittel, vielleicht ein bisschen mehr, fertig. Es wird darüber diskutiert, wie da weitergebaut wird, und Rothneusiedl ist schon wieder in den Plänen und soll auch verbaut werden. Wir von der Wiener Volkspartei wollen keine zweite Seestadt in Favoriten! (Beifall bei der ÖVP. - GR Mag. Josef Taucher: Seestadt ist super!) - Ja, das ist der Unterschied zwischen uns, Herr Kollege Taucher.

 

Aber rechnen wir es durch, schauen wir uns die Zahlen an: Die Seestadt Aspern hat 240 ha mit 25.000 Einwohnern, das heißt, 96 m² pro Einwohner, wenn man das jetzt als Dichtekennzahl nimmt. Rothneusiedl: 124 ha, 21.000 Einwohner, das sind 60 m² pro Einwohner, also noch dichter als die Seestadt Aspern. Bei 21.000 Menschen kann man nicht von einer kleinen Seestadt Aspern sprechen, denn der Unterschied ist relativ gering. (GR Mag. Josef Taucher: Waren Sie schon einmal dort?) - Wo? In der Seestadt Aspern? - Ja natürlich. (GR Mag. Josef Taucher: Haben Sie hingefunden?) - Na, mit der U-Bahn habe ich hingefunden, aber dort steht dann ja nicht viel und dort war ja auch schon etwas versiegelt. Dort war ja schon ein Flugplatz, dort war ja schon etwas versiegelt und es sind nicht die wertvollsten Bodenflächen wie in Rothneusiedl, wie ich zuerst ausgeführt habe. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und wenn man sich das Bevölkerungswachstum, das die Statistik Austria für Wien vorausschreibt, anschaut: Jetzt haben wir knapp 2 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner, zukünftig, 2080, also in 60 Jahren - ich weiß, das ist noch eine lange Zeit bis dahin -, werden es knapp 2,6 Millionen sein, das sind also 600.000 Einwohnerinnen und Einwohner mehr. Hochgerechnet für das Projekt Rothneusiedl, wenn man diese Dichte nimmt, würde das heißen, in den nächsten 60 Jahren braucht man auf der freien Fläche - und die freie Fläche wird von der SPÖ immer verbaut, weil Nachverdichtung findet ja nicht wirklich statt - 3.500 ha an wertvollen Ackerflächen. Und wenn man jetzt sagt, dass 5.700 ha in Wien Ackerflächen sind, so würden dann 60 Prozent versiegelt werden, wenn es so weitergeht. Im Umkehrschluss heißt das, dass nur noch 40 Prozent für landwirtschaftliche Flächen vorhanden sind, wo dann nur noch Stadtlandwirtschaft stattfinden kann. Da muss ich schon fragen: Wo wächst dann die Nahrung? Wo kann diese klimaschonende Produktion stattfinden? Denn nur die vertikale Produktion wird es nicht sein, liebe Damen und Herren von der SPÖ.

 

Vorsitzende GRin Gabriele Mörk (unterbrechend): Entschuldigung, Herr Gemeinderat, darf ich Sie bitten, wieder einen Bogen zum Geschäftsstück zu spannen?

 

GR Dr. Peter Sittler (fortsetzend): Ja, ich spanne den Bogen sofort, denn es geht um die Gebietsbetreuung Stadterneuerung, und dort ist in dem Beiblatt und in der Erklärung auch festgelegt, dass es eine sanfte Nachverdichtung geben soll. In dem Antrag, der hier gestellt wird, geht es nämlich um eine Wohnraumschaffung in der Stadt, mit Aufstockungen, die auch im Rahmen der Gebietsbetreuung betreut werden, um Umnutzungen und um Erweiterungen von bestehender Bausubstanz. Was sind die großen Vorteile von der Nachverdichtung? - Es werden keine Grundkosten verursacht, man braucht keinen neuen Grund zu kaufen und kann dort hinbauen, und damit fällt einer der größten Kostentreiber in Zeiten wie dieser weg, weil eben kein neuer Grund angeschafft werden muss. Damit können leistbares Wohnen und erheblich günstigere Mieten geschaffen werden und es fallen auch keine Infrastrukturkosten an, die Verkehrsanbindung ist innerstädtisch schon da und die Versorgung mit Strom, Wärmesystemen und Kanal ebenso.

 

Ich zitiere jetzt noch einmal diese Studie der Arbeiterkammer Wien, weil man nicht oft genug sagen kann, dass nachverdichtet werden soll: 130.000 zusätzliche Wohnungen könnte Wiener Wohnen schaffen, wenn sie innerhalb des Stadtgebietes auf gemeindeeigenen Grundstücken beziehungsweise Bauten nachverdichten würde. - Das ist nicht wenig und wäre ein Anfang, nicht auf der grünen Wiese zu betonieren und zu versiegeln.

 

Im Koalitionsabkommen steht dieses Bekenntnis zur sanften Nachverdichtung schon drinnen, hier sind es aber wieder einmal nur Leuchtturmprojekte. Ich habe das das letzte Mal in meiner Rede schon gesagt, über Leuchtturmprojekte kann man vieles definieren, es muss auch gemacht werden. Die Leuchtturmprojekte: 100 Wohnungen am Wilhelm-Kreß-Platz im 11. Bezirk, Dachgeschoßwohnungen an der Gregorygasse im 23. Bezirk - in Summe reden wir von 150 Wohnungen. Bei insgesamt 220.000 Gemeindewohnungen sind die 150 Wohnungen ein Tropfen auf den heißen Stein.

 

Liebe Frau StRin Gaál, Frau Vizebürgermeisterin, du hast 5.500 Wohnungen angekündigt. Ich freue mich, wenn die dann irgendwann einmal tatsächlich kommen, ich fürchte nur, es wird noch länger dauern. Strategie der Nachverdichtung schaut anders aus, darum bitte ich um Unterstützung für unseren Antrag zur Nachverdichtung, weil ein Weiterwurschteln in Zukunft ein böses Erwachen bringen wird. - Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

 

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