Gemeinderat, 36. Sitzung vom 23.03.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 65 von 95
war: die ÖVP. (GRin Veronika Matiasek: Das muss man zur Kenntnis nehmen!)
Es ist traurig, wenn plötzlich ein ethnisch sauberes Wien gewünscht wird und wenn man endlich nur mehr davon redet, dass Wien einheitlich sein soll. Ich finde, mein Wien ist anders. Mein Wien ist divers (Ruf bei der FPÖ: Unseres nicht!), auch wenn das Waldhäusl und Kollege Mahrer anders sehen. So ist es. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Im Jahr 2022 wurden im Rahmen eines Rassismusreports durch ZARA 1.479 Meldungen über Rassismus zusammengestellt. Knapp ein Viertel - es ist mir eine Freude, dass diese Zahl jedes Jahr wächst - von all diesen 1.479 Fällen wurde von Betroffenen selbst erstmals eingereicht und gemeldet. Die Leute haben den Mut, sich hinzustellen und zu sagen: Mir ist das passiert! Ich glaube, es ist so wichtig, diese Courage und Unterstützung zu geben und den Menschen zu zeigen: Habt Vertrauen! Wir werden etwas ändern und wir machen es.
ZARA braucht dabei nicht nur die juristische Beratungs- und Betreuungsmöglichkeit, es braucht auch die psychosoziale Unterstützung, denn vielen Menschen ist es nicht nur eine Frage des Rechts, sondern auch eine Frage der Möglichkeiten und des psychischen Aushaltens, was denn hier passiert. Kollegin Bakos hat ja heute auch schon gesagt, dass wir vor zwei Tagen den Welttag gegen Rassismus hier im Wiener Rathaus unter Verantwortlichkeit des Menschenrechtsbüros der Stadt Wien, das ja eine ganz wichtige Einrichtung ist und die hier eine hervorragende Veranstaltung gemacht hat, gestartet und gemacht haben. Dort haben betroffene Unterstützungsorganisationen einen Markt der Möglichkeiten gezeigt und gesagt, was alles wichtig ist, zum Beispiel, dass man auch etwa dann Unterstützung gibt, wenn es für andere kaum mehr eine Chance gibt.
Ich war überrascht, was denn heuer auch im Rassismusreport zum Schwerpunkt Dienstleistungen geschehen ist. Betroffene haben Rassismus zum Beispiel beim täglichen Einkauf erlebt. Betroffene haben bei der Tischzuweisung im Lokal erlebt, was es heißt, wenn man rassistisch behandelt wird. Vieles hat sich möglicherweise auch seit den Jahren verbessert, als seinerzeit noch der bekannte US-Musiker Harry Belafonte auf Grund seiner Hautfarbe eines Lokals verwiesen wurde. Ja, das war in Linz, aber Ähnliches gilt natürlich auch noch immer für Wien.
Besonders oft und besonders nicht nachvollziehbar ist, wenn es ums Anmieten von Wohnungen geht. Seitdem wir daran arbeiten, wurde zwar einiges rechtlich erreicht, aber es trauen sich viele nicht, diese rechtlichen Maßnahmen dann zu setzen. Es ist ein schwieriger und weiter Schritt, zu sagen, ich werde benachteiligt, und der nächste Schritt ist, ich wehre mich auch dagegen. Deswegen stelle ich heute mit meinen KollegInnen Aslan und Prack einen Antrag auf eine Monitoringstelle mit ExpertInnenbeirat, um Rassismus im Bereich Wohnen zu bekämpfen. Ich bitte den zuständigen Stadtrat, dies zu tun und eine ExpertInnenstelle einzurichten, um gemeinsam mit NGOs genau dieses Problem anzuschauen.
Der konkrete Antrag kommt aus dieser Zusammensetzung: ZARA hat zehn, wie sie meinen, sofort umsetzbare Forderungen für eine rassismuskritische Gesellschaft zusammengefasst. Ich sehe da nicht nur den Bund in der Pflicht, es braucht einen Aktionsplan oder Maßnahmenkatalog. Frau Kollegin Berivan Aslan hat aus ihrer Initiative heraus auch einen Antrag, den wir einbringen. Mein Antrag ist einer der Punkte aus den ZARA-Forderungen. Ich kann mich noch aus meiner Zeit als Österreichs Vorsitzender zum EU-Jahr gegen Rassismus erinnern, wo wir seitenweise Wohnungsinserate mit „nehmen keine Ausländer“, „nur deutschsprachig“ und Ähnliches fanden. Das konnten wir, wie ich schon erwähnte, durch gesetzliche Schritte teilweise ändern, aber es muss weitergehen. Es kann nicht die Möglichkeit geben, dem entgegenzuwirken, wenn ich etwas suche, dass ich es auch bekomme.
Übrigens ein interessantes Detail in diesem Rassismusreport von heuer über 2022: Eines hat sich seit meinem Mitwirken wesentlich verändert - ich habe den ersten Rassismusbericht mitverfasst -, und das hat sich durch die digitale Welt verändert. Waren es bei uns immer noch die Menschen, die direkt gekommen sind, so sind es heuer von den 1.479 Meldungen 999 gewesen, die aus dem Internet kamen. Hass im Netz ist mehr als nur ein Schlagwort, und wir müssen ganz konkret und unterstützend vorgehen.
Auch eine wichtige Aufarbeitung, warum das notwendig ist und warum es diese Reports braucht, ist, 313 der 1.479 Meldungen waren Meldungen über antimuslimischen Rassismus. Da müssen wir genauer hinschauen und genau darauf achten, was denn hier passiert. (Beifall von GR Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi.) - Danke, Kollege Al-Rawi. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Eine der besonderen Geschichten, die wir alle noch nie erlebt haben, war die Operation Luxor, die sich dann am Schluss als etwas herausgestellt hat, was so nicht wahr war. Es ist halt leider einer der 59 Fälle, bei denen die Polizei für rassistische Gewalt verantwortlich ist. Es sind Gott sei Dank noch keine Londoner Zustände, wenn wir in den letzten Tagen erfahren haben, wie die Polizei dort leider agiert, aber ich bin sehr froh, dass es uns nun auf Bundesebene gelungen ist, eine von mir und Vertretern der ÖVP seinerzeit ausverhandelte Vereinbarung im Rahmen des Regierungsübereinkommens, nämlich eine unabhängige Stelle zur Untersuchung über Polizeigewalt, zu installieren.
Ich bedaure, dass es polizeilich nach wie vor Ethnic und Racial Profiling gibt. Als ich das 2009 sagte und behauptete, wurde ich von einem ranghohen Beamten der Wiener Polizei geklagt, und besonders zynisch, Präsident Pürstl, damals schon Polizeipräsident, schrieb das unabhängige Gerichtsgutachten dazu. Ich habe auch dank Unterstützung der GRÜNEN trotzdem vor Gericht gewonnen und wurde freigesprochen. Darum sage ich immer: Wann hört Rassismus bei der Polizei, die einmal von einer früheren ÖVP-Innenministerin als die größte Menschenrechtsorganisation Österreichs benannt wurde, endlich auf?
Meine Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, setzen wir uns weiter dafür ein, dass Rassismus und Diskriminierung in unseren diversen Gesellschaften zurückgehen und dass wir irgendwann einmal in einer Welt leben, wo es keine ZARA, kein SOS Mitmensch, kein
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