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Gemeinderat, 36. Sitzung vom 23.03.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 69 von 95

 

Was unterscheidet die Hazara von der afghanischen Mehrheitsgesellschaft? Sie schauen anders aus, man könnte meinen, sie kommen aus der Mongolei. Sie haben einen anderen Glauben, sie sind Schiiten. Die afghanische Mehrheitsgesellschaft sind Sunniten. Sie sprechen eine andere Sprache, Dari, die dem Persischen sehr ähnlich ist. Das sind einmal sozusagen die äußerlichen Unterscheidungsmerkmale.

 

Wie äußert sich das im Alltag? Es gab eine Zeit, da durften die Hazara nicht in die Schule gehen. Sie wurden, als das dann endlich erlaubt wurde, an der Uni systematisch diskriminiert. Wer hat ein Stipendium bekommen? Es waren nicht die Hazara. Wer hat die guten Jobs bekommen? Es waren nicht die Hazara. Wenn es jetzt um die Verteilung der Hilfslieferungen geht: Es sind nicht die Hazara, die zum Zug kommen. Das Ganze ist noch viel ärger: Sie müssen sich Sätze anhören, die bei uns in Österreich ganz schlimme Erinnerungen hervorrufen: Sie verschmutzen das Blut der afghanischen Gesellschaft, oder sie sind keine richtigen Muslime, weil sie eben Schiiten sind. Das sind die Bedingungen, denen die Hazara heute ausgesetzt sind.

 

Was ist jetzt nach der neuerlichen Machtergreifung der Taliban mit den Hazara passiert? Mit dem, was wir jetzt im Iran erleben - diese furchtbaren Anschläge auf Schulen - haben die Hazara schon einige Jahre Erfahrung. Sofort nach der Machtübernahme der Taliban gab es nämlich Sprengstoffanschläge auf Mädchenschulen - und vor allem auf Schulen, die in den Wohngebieten der Hazara sind. Warum macht man das? Natürlich, um Mädchen mit allen Konsequenzen von Bildung fernzuhalten. Das war sozusagen die Vorstufe zu dem, was jetzt passiert. Derzeit sind Mädchen in Afghanistan fast gänzlich von höherer Bildung ausgeschlossen. Das gilt für alle Frauen. Sie dürfen nur mehr bis zur 7. Klasse in die Schule gehen. Das heißt, es gibt keine Matura, es gibt keinen Studienabschluss, es gibt keine Lehrerinnen, es gibt keine Ärztinnen, es gibt keine Richterinnen. Die Frauen sind in diesem zutiefst patriarchalischen System Männern ausgeliefert. Das gilt für alle Afghaninnen jetzt.

 

Jetzt möchte ich zum Schluss auf eine Bemerkung eines FPÖ-Mandatars heute zurückkommen, die ich besonders widerlich fand, als er nämlich den wirklich furchtbaren Tod von Leonie für diesen verinnerlichten Rassismus, der der FPÖ innewohnt, missbrauchte: Was glauben Sie, wen dieses entsetzliche Verbrechen am meisten schockierte? Es war die afghanische Community, aber das interessiert Sie nicht. Denn Sie kennen sie nicht und Sie interessiert sie nicht. Woher sollten Sie das wissen?

 

Das war mir heute wirklich sehr wichtig zu sagen, weil ich wirklich mit ganzem Herzen dabei bin, diese Menschen in Österreich zu unterstützen. Vielen Dank. (Beifall bei den GRÜNEN sowie von GRin Mag. Dolores Bakos, BA und GR Thomas Weber.)

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist GR Berger. Ich erteile es ihm.

 

16.23.29

GR Stefan Berger (FPÖ)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte - insbesondere an die Vorredner von NEOS, SPÖ und GRÜNEN gerichtet - vielleicht so beginnen: Vielleicht sagt Ihnen der Art. 1 der Österreichischen Bundesverfassung etwas. Österreich ist eine demokratische Republik, und ihr Recht geht vom Volk aus.

 

Was Sie hier heraußen machen, indem Frau Berivan Aslan oder Frau Bakos oder wer auch sonst immer festhalten möchte, wer in Österreich einem Landesgesetzgebungsorgan angehört und wer gewählt wird: Das machen nicht Sie von den NEOS oder von der SPÖ oder von den GRÜNEN, sondern das macht in Österreich der Wähler. Das möchte ich Ihnen an dieser Stelle schon mitgeben. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Sie alle haben ein Gelöbnis gesprochen, als Sie als Mandatar hier angelobt wurden. Dementsprechend ist auch zu erwarten, dass Sie auch diesen Wählerwillen respektieren. (GR Thomas Weber: Er hat sie ordentlich angelogen im Wahlkampf!)

 

Ich weiß schon, dass man als Freiheitlicher momentan in puncto Wahlergebnis etwas mehr zu lachen hat als als NEOS oder als GRÜNER. Wenn ich Kärnten hernehme: Da haben Sie es beide nicht in den Landtag geschafft. Ich verstehe persönlich, dass das enttäuschend ist. Man macht manchmal auch schmerzliche Erfahrungen, aber die Zeiten ändern sich wieder. (GR Markus Ornig, MBA: Eh!)

 

Den GRÜNEN ist es auch nicht anders ergangen. Nur wenn ich mir so die Performance von so mancher Partei auf Bundesebene ansehe, dann würde ich vielleicht eher festhalten: Gewöhnen Sie sich vielleicht daran, dass die FPÖ in Regierungsverantwortung ist! (GRin Martina Ludwig-Faymann: Wir haben es noch in Erinnerung!) Ich glaube, es werden tendenziell eher mehr als weniger werden. Das möchte ich an dieser Stelle schon festhalten.

 

Die GRÜNEN waren hellauf begeistert von den Bundesländern, als sie in mehrere Landesregierungen hintereinander eingetreten sind: in Vorarlberg, in Tirol - dort sind sie mittlerweile nicht mehr. (GRin Mag. Berivan Aslan: Reden Sie über Rassismus!) Auch in Salzburg und in Kärnten waren sie einmal in der Landesregierung, in Oberösterreich waren sie einmal in der Landesregierung, in Wien waren sie einmal in der Landesregierung. (GRin Mag. Dolores Bakos, BA: Reden Sie über ... - GRin Martina Ludwig-Faymann: Was hat das mit ZARA zu tun?)

 

Ich verstehe, dass das alles schmerzhaft ist. Das verstehe ich aus Ihrer Sicht. Was ich nur nicht verstehe, ist, wenn es dann grüne Kabinettsmitarbeiter, Politiker oder wen auch immer gibt, die auf einmal meinen, man sollte Bundesländer abschaffen.

 

Wissen Sie, wie der Art. 2 unserer Bundesverfassung lautet? (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: ... über Rassismus ... gar nicht zum Thema! - Weitere Zwischenrufe von GRin Martina Ludwig-Faymann. - Anhaltende Zwischenrufe bei den GRÜNEN.)

 

Kann man die Herrschaften da ein bissel einbremsen? Also, bevor Sie jetzt noch einmal herkommen und mit mir zum Thema reden wollen: Wir kommen von Afghanistan in den Irak bis sonst wohin, wir breiten hier mit Anträgen die ganze Weltgeschichte aus, gehen bis in die 80er Jahre zurück, und Sie maulen da pausenlos herein. Melden Sie sich zu Wort! (GRin Martina Ludwig-Faymann: ... über Rassismus! - Zwischenruf von GR Ömer Öztas.) Ja, es ist

 

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