Gemeinderat, 37. Sitzung vom 25.04.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 90 von 103
bergs, und dieser Eisberg ist mittlerweile schon so mächtig geworden, der Berg der Probleme ist derart mächtig geworden, dass er fast nicht mehr lösbar ist.
Wir sehen es an den letzten Wochen, denn es vergeht praktisch keine Woche mehr, in der keine Schreckensmeldung kommt: Eine drohende Schließung der Notaufnahme in der Klinik Ottakring, die Neurochirurgie in der Klinik Donaustadt muss möglicherweise temporär geschlossen werden, die Kinderpsychiatrie in Floridsdorf gleicht einem Dauermuseum, weil sie dauernd geschlossen ist, in Wien fehlen mehr als 1.800 Arbeitskräfte.
Wir haben es gerade vom Herrn Stadtrat gehört, es gibt eine Vorgabe von ihm selbst, wo er sagt, der WIGEV ist beauftragt worden, keine Betten zu sperren. - Das ist lustig, denn vor wenigen Monaten sagte er nämlich: Es ist völlig normal und nichts Aufregendes und Besonderes, wenn Abteilungen und Betten gesperrt werden. - So im „Kronen Zeitung“-Interview vom 7. Oktober 2022. Weiter heißt es von StR Hacker: Gefährdungsanzeigen sind ein ganz normales Managementinstrument. - Gefährdungsanzeigen sind kein Managementinstrument, sondern ein Aufschrei der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als letzte Möglichkeit, Probleme aufzuzeigen. Es fehlen eben nötige Antworten auf dringende Fragen, und diese gehören eigentlich mittlerweile jetzt und sofort und möglichst bald auf den Tisch gelegt.
Deswegen hören wir da auch immer vom Gesundheitsstadtrat, dass es andere Probleme gibt. Das haben wir heute herrlich gehört: Sind wir schlechter als die Schlechten oder nicht? - Immer der Vergleich mit anderen Bundesländern, auch mit Bayern oder mit deutschen Bundesländern. Das lenkt ja nur vom eigentlichen Problem ab, auch das Hinweisen auf die niedergelassenen Ärzte, auf die Wahlärzte, auf die Zweiklassenmedizin, auf die Universitäten, auf die Ärztekammer oder auf die Gastpatienten - auch das haben wir heute gehört. Die Gastpatienten sind mittlerweile in Wien um 0,4 von 16,4 auf 16 Prozent gesunken. - Das ist alles ja ein Ablenkungsmanöver! Das zentrale Problem, wie wir die drastischen Entwicklungen in der Wiener Gesundheitsversorgung wieder auf Vordermann bringen - wir fordern hier umgehende und einschneidende Maßnahmen -, das wird hier gar nicht besprochen. Mit keiner einzigen Silbe wurde irgendein Lösungsansatz von Herrn StR Hacker heute dargestellt - und dagegen sind wir deutlich. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir haben ein Treffen mit dem Aufsichtsgremium des Wiener Gesundheitsverbundes gehabt und haben ausführlich mit denen diskutiert. Es ist da auch richtigerweise herausgekommen, dass es beim Personalmangel in erster Linie gar nicht um die Bezahlung geht, sondern um das Umfeld, in dem man arbeitet. Zum Beispiel braucht es ein ordentliches EDV-System, Kollege Holawatsch wird noch einmal darauf eingehen, um auch richtig arbeiten zu können. Es braucht auch keinen Kampf um jedes Überstunderl. Ich höre oft von meinen Krankenschwestern, dass sie Angst haben, eine Überstunde aufzuschreiben, weil es dann Probleme mit den Oberschwestern gibt. Es braucht auch eine Planungssicherheit bei den Dienstplänen. Wir haben heute schon gehört, Dienstpläne sind eine hochsensible Angelegenheit, treffen jeden persönlich in seinem Privatleben, und da braucht es eben auch eine Sicherheit. Man muss ja auch wissen, ob man im Juli oder im August mit der Familie auf Urlaub fahren kann oder nicht. Das wollen die Leute einfach wissen, und das wollen sie jetzt wissen, denn jetzt buchen sie den Urlaub und nicht in der letzten Juniwoche.
Es gab in den letzten zwei Wochen die herrliche Idee, man führt Pool-Dienste ein, die dann besonders bezahlt werden. Ich erkläre Ihnen, was das ist: Pool-Dienste sind oft im Pflegebereich Schwestern, die in abteilungsfremde Stationen gehen, um dort zu helfen, Lücken auszufüllen, Nachtdienste zu besetzen. (GRin Dr. Jennifer Kickert: Wird nicht gemacht, weder bei den ÄrztInnen noch beim Pflegefachpersonal!) Das ist ungefähr so, als würden Sie einen Menschen, der normalerweise Fahrräder montiert, nach Schwechat in den Hangar abkommandieren, damit er ein Flugzeug repariert. In dieses Flugzeug möchte ich nicht einsteigen, auch wenn ich weiß, er kann Schrauben montieren und mit einem Schraubenzieher umgehen.
Was wir hier aber immer vergessen, ist, dass wir im Gesundheitsbereich eine hohe Fachkompetenz haben, nicht nur medizinisch, sondern auch im pflegerischen Bereich. Man kann die Leute nicht so einfach hin- und herschieben und austauschen. Das geht sich am Ende des Tages nicht aus. Diese Pool-Dienste oder sogenannten Springerdienste sind auch beim Personal höchst unbeliebt, weil man ja nicht weiß, wo die Medikamente gelagert sind, wo das Material gelagert ist, um welche Patienten es da eigentlich geht.
Eine andere Anweisung kam dann von der Generaldirektion: Es ist eigentlich wurscht, welche Patienten man in welche Abteilungen legt. - Jetzt kam es dazu, dass zum Beispiel eine Patientin mit einer schweren Lungenentzündung auf der plastischen Chirurgie gelandet ist, oder ein Patient mit einem Knochenbruch auf der Herzchirurgie oder eine andere Patientin mit sehr komplexen Gefäßproblemen auf der Gynäkologie. Natürlich ist man da fachfremd und wird sicher nicht mit einer Lungenentzündung adäquat von einem plastischen Chirurgen behandelt werden.
Ein weiteres Beispiel des Missmanagements im Wiener Gesundheitsverbund ist die groß angekündigte Anschaffung von 6 OP-Robotern. Ich bin nicht gegen OP-Roboter, das ist sicher eine mögliche Zukunft der Medizin, aber das Lustige daran ist, die 6 Stück Roboter kosten 12 Millionen EUR - die Wartungskosten noch nicht einberechnet. 6 Roboter werden für Wien angekauft, nur weiß man noch nicht einmal, wo man den 6. Roboter überhaupt hinstellt - der könnte zum Beispiel gleich im Technischen Museum bleiben, wo er ausgestellt worden ist. Wir wissen ungefähr, wo 5 hinkommen, und der 6. hat in noch keinem einzigen Spital einen Platz. Ich prophezeie Ihnen, das ist so ähnlich wie bei den Hybrid-OPs, die auch sehr teuer und kaum in Betrieb sind, diese OP-Roboter werden auf Grund des fehlenden Fachpersonals die meiste Zeit leerstehen.
Ich komme zuletzt noch auf die Anzahl der Kündigungen: Das ist besonders erschreckend, weil die Anzahl der Kündigungen des medizinischen Personals in den letzten
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