Gemeinderat, 37. Sitzung vom 25.04.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 96 von 103
das sind ja kommunizierende Gefäße, der niedergelassene Bereich und der Klinikbereich hängen zusammen, aber es tut mir wirklich immer weh. Es ist gut, dass wir neue Kinderprimärversorgungseinheiten bekommen, aber die sollten ja auch schon längst da sein, seien wir uns ehrlich, genauso wie die Primärversorgungszentren, von denen schon lange vor meiner Zeit gesprochen wurde. Die Versorgung ist insbesondere für die Kinder aktuell noch immer sehr, sehr dramatisch, und das tut mir weh, und das tut mir insbesondere auch deswegen weh, weil es da um Kinderrechte geht, um Kinderrechte, die wir in der Stadt Wien, in der Stadt der Menschenrechte nicht wirklich umgesetzt haben. Da gehört wirklich mehr Tempo, mehr Engagement und auch mehr Geld eingesetzt. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Bei all der Kritik will ich es aber auch nicht verabsäumen, dem Personal zu danken, denn nur, weil dieses sich so einsetzt, weil dieses trotz extrem hoher Frustrationsgrenzen hohe Qualifikation aufweist, rennt das Werkel noch. Wirklich vielen, vielen Dank all jenen, die im System bleiben, die sich weiterhin einsetzen und die die Hoffnung im Gegensatz zu anderen noch nicht aufgegeben haben. Diese müssen wir wirklich sehr, sehr gut behandeln und streicheln und wir dürfen ihnen das Leben nicht noch schwerer machen.
Ein Thema, das ich auch noch ansprechen möchte, weil es zur Personalnot in der Pflege passt und wir als GRÜNE eine Anfrage dazu gestellt haben, ist das Thema der Anwerbung von Pflegefachkräften aus Drittstaaten. Der Gesundheitsstadtrat hat die Antwort gegeben, ja, es passiert, aber er hat leider nicht gesagt, und das hätten wir auch gerne gewusst, wie viele wann woher kommen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Anwerbung von Pflegefachkräften aus Drittstaaten mag ein Teil zur Lösung der Personalproblematik sein, aber sie kann es definitiv nicht im Gesamten sein, da muss schon wirklich an der Arbeitssituation, an der Ausstattung gearbeitet werden. Was mir in diesem Zusammenhang jedenfalls wichtig ist, ist, dass wir nicht Pflegekräfte aus Ländern abwerben, wo es vielleicht auch einen Personalmangel gibt, und dass dieser Anwerbeprozess tatsächlich qualitätsorientiert stattfindet, dass sie nicht durch irgendwelche Agenturen vor Ort ausgebeutet werden und dass auch hier gute Arbeitsbedingungen vorgefunden werden. Da geht es also um eine berufliche und eine soziale Integration, die bei diesem Prozess parallel laufen muss. Ich hoffe, dass seitens der Stadt alle möglichen Vorkehrungen getroffen werden, dass diese Menschen, die ihre Herkunftsländer verlassen und hier herkommen, um vermutlich hier zu bleiben, eine schöne, eine sie willkommen heißende neue Heimat finden werden. Darauf müssen wir wirklich achten, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ja, auch wir GRÜNE haben heute einen Antrag eingebracht, der digital vorhanden ist. Ich möchte Ihnen noch sagen, was unsere wichtigsten Forderungen sind: Das eine ist ein Maßnahmenplan, den ich heute leider wieder vermissen musste. Es sind viele einzelne Puzzleteile, ja, vieles ist sehr gut, aber definitiv nicht ausreichend, um die Personalnot zu lindern. Was ich mir auch wünsche, ist tatsächlich einmal eine realistische Darstellung und Wahrnehmung der Situation und kein Schönreden, und das Suchen mit den Stakeholdern nach gemeinsamen Lösungen. Ich glaube also auch, dass so ein Gesundheitsgipfel nicht schaden kann. Es gab einen Gesundheitsgipfel, aber der war nur mit der Ärztekammer und nur einmalig, die Beschäftigen waren also nicht mit am Verhandlungstisch. Also dahin gehend tatsächlich Gespräche zu führen, wie man gemeinsam - es ist klar, es wird nicht von heute auf morgen gehen - zu einer besseren und befriedigenden personalen Versorgungssituation kommen kann, das ist aus meiner Sicht unbestritten notwendig.
Wichtig ist auch das Wort „Reformen“ - es ist heute schon gefallen -: Ich sehe Reformbedarf auf der Unternehmenskulturebene und auf der Ebene des Betriebsklimas - es herrschen teilweise offenbar wirklich brutale Konkurrenzkämpfe. Ich würde mir wünschen, dass multiprofessionelle Teams, die auf Augenhöhe arbeiten, mehr Unterstützung bekommen, dass man genau solche fördert, dass die Supervision ausgebaut wird und man tatsächlich zu einer Fehlerkultur kommt, bei der die Menschen sich trauen, offen zu sprechen und es nicht so wie derzeit eine Kultur der Maulkorberlässe gibt.
Ich erwarte auch Veränderungen und Strukturreformen auf der Ebene von Arbeit und Besoldung. Die Pflege fordert mehr Geld, sie fordert mehr Wertschätzung. Ich finde, sie verdient das und soll das endlich auch bekommen. Die Planungssicherheit muss endlich gewährleistet werden. Ich weiß nicht, ob das digitale Tool das schaffen wird, das muss einfach durch mehr Personal passieren. Ich finde, die Stadt Wien könnte tatsächlich einfach auch dieses Instrument der Stipendien für ÄrztInnen nützen, indem man in der Ausbildung ÄrztInnen an die Stadt Wien bindet. Das gibt es und da können Medizinstudierende für die Arbeit in Wien gewonnen anstatt nach dem Studium zwangsverpflichtet werden.
Generell sind das Thema Arbeitszeit im Sinne von Work-Life-Balance und das Thema Arbeitszeitverkürzung - ich hab‘ es schon oft gesagt - Themen, die angegangen werden müssen. Ich halte es nach wie vor für einen Hohn, von einer Erhöhung bei 800 EUR für das klinisch-praktische Jahr zu sprechen, denn vorher waren es über viele Jahre 650 EUR. Wir haben eine extreme Inflation, wir haben eine Teuerung, und die Studierenden im letzten Studienjahr arbeiten wirklich, wirklich viel, aber sie kriegen weniger als irgendwelche Hilfsarbeiterinnen und Hilfsarbeiter. Das, was da geboten wird, ist einfach zu wenig, um Anreize zu schaffen. Wir brauchen ein Klima, das tatsächlich offen ist und nicht, dass intern - zu Recht offenbar - schlecht geredet wird - das lockt einfach keine neuen MitarbeiterInnen in das System. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Last but not least: Das große Thema der Strukturreformen muss angegangen werden. Gesundheitsminister Rauch hat seine Hand ausgestreckt, bitte nützen Sie das, arbeiten Sie mit ihm gemeinsam im Rahmen des Finanzausgleichs, um zu einer zeitgemäßen Gesundheitsversorgung zu kommen.
Ich komme zum Ende (Heiterkeit bei der Rednerin.) dieser Rede: Ja, Corona war ein Brandbeschleuniger, der
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