Gemeinderat, 37. Sitzung vom 25.04.2023, Wörtliches Protokoll - Seite 98 von 103
widerspiegeln. Es braucht eine grundsätzliche Änderung der Gesundheitsfinanzierung - das hat auch Kollege Gara bereits vorhin gesagt -, unter Berücksichtigung der demographischen und wirtschaftlichen Entwicklung. Ein moderner Leistungskatalog, der zwischen Krankenversicherung und Ärztekammer umgesetzt wird, wird das Übrige tun und sollte dazu beitragen, dass Patientinnen und Patienten auch künftig gut versorgt und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Gesundheitswesen wieder attraktiver werden können.
Meine Damen und Herren und Frau Korosec, da gebe ich Ihnen recht, ein Ärztemangel liegt im eigentlichen Sinne nicht vor, die ÄrztInnendichte ist im OECD-Vergleich sehr hoch. Ein zweiter Blick auf die aktuellen Zahlen zeigt jedoch, dass von dieser guten Versorgung nicht mehr jeder und jede profitieren. Die Zahl der Vertragsärztinnen und -ärzte stagniert. Der Zuwachs der Ärzte im niedergelassenen Bereich ist hauptsächlich bei den Wahlärzten zu verzeichnen. Berichte über Vertragsärzte, die keine neuen PatientInnen mehr aufnehmen können, häufen sich, ebenso Berichte über horrend lange Wartezeiten. Es ist im Prinzip ein Problem. Kosten der SelbstzahlerInnen im Gesundheitswesen prägen meist in der öffentlichen Diskussion bei der Bevölkerung das Bild. Wie sehr eine medizinische Versorgung immer mehr zur Geldfrage wird, hängt natürlich auch mit der Politik zusammen. Viele junge Ärzte gehen nach ihrer Ausbildung nicht in das öffentliche Gesundheitswesen, sondern entscheiden sich für eine Tätigkeit als Wahlarzt oder Wahlärztin. Gleichzeitig weichen immer mehr Patienten, gerade in extramuraler Versorgung, in den privaten Bereich aus.
Spitalsambulanzen kompensieren derzeit zum Teil die mangelnde Versorgung im niedergelassenen Bereich. Die Auswirkungen dessen sind sichtbar und spürbar, und das ist der Zukunft der Gesundheitsversorgung nicht wirklich zuträglich. Patienten sollen in Zukunft am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt die richtige Behandlung bekommen - das sollte die Prämisse sein. Das erfordert längere Öffnungszeiten, die der Herr Stadtrat hier an dieser Stelle schon öfters auch eingefordert hat, insbesondere zu Randzeiten, und eben kürzere Wartezeiten. Das verlangt natürlich attraktivere Arbeitsbedingungen für die Leistungserbringung im Gesundheitswesen.
Die selbstständige Einzelpraxis ist kein Organisationsmodell mehr, mit dem ausreichend flexibel auf zukünftige Veränderungen des Versorgungsbedarfs und auf Motive von jungen Menschen reagiert werden kann, die den ÄrztInnenberuf ergreifen. Vor allem in der Primärversorgung liegt, wenn die Rahmenbedingungen passen, ein riesiges Potenzial. Diesen Herausforderungen, meine Damen und Herren, können wir nur gemeinsam begegnen.
Letztendlich lebt unser Gesundheitssystem durch Menschen, die sich engagieren, die den Patientinnen und Patienten helfen wollen. Durch das Gesundheitswesen in Wien, eben durch besonderes Engagement, Empathie und herausragendes Fachwissen versuchen wir, auch im Schulungsbereich mehr Menschen für diese Berufe, für Ärztinnen und Ärzte, aber natürlich auch für das Betreuungspersonal im Spital für die Pflege zu gewinnen.
Geschätzte Damen und Herren, wir haben im Bereich der Stadt Wien mit einer Ausbildungsoffensive - und das wurde hier auch schon öfters diskutiert - in den Pflegeberufen versucht, heute schon fast für morgen vorzubeugen. Das funktioniert aber nicht wie in einer Fernsehsendung mit der bezaubernden Jeannie, dass man einfach die Hände zusammenschlägt, einmal nickt und die sind da, sondern das bedarf längerfristiger Planungen. Wie Sie wissen, braucht es gerade in schwierigen Bereichen eine Ausbildungszeit, und selbst wenn wir diese Schritte schon alle gesetzt hätten - und einige haben wir bereits gesetzt -, dann bedeutet das nicht, dass uns diese Arbeitskräfte sofort zur Verfügung stehen. Wir stocken die Ausbildungsplätze weiter auf. Über 7.600 Ausbildungsplätze für Pflegeberufe, medizinisch-therapeutisch-diagnostische Gesundheitsberufe, für Ärztinnen und Ärzte wird es bis 2024 geben. Ich glaube, das ist ein wichtiger und wirklich guter Schritt.
Es wurde bereits gesagt, dass gestern das Diabeteszentrum am Wienerberg eröffnet wurde - Österreich-weit ein einzigartiges Angebot, das dazu führt, dass auch der niedergelassene Bereich natürlich dementsprechend entlastet wird. Bis zu 8.000 Patienten können da jährlich betreut werden, was künftig ein schöner und, wie ich glaube, großer Erfolg sein wird.
Geschätzte Damen und Herren, wenn Sie jetzt gefragt haben, was es denn da alles gibt, so ist im Campus Leopoldstadt die Pflegeausbildung am Puls der Zeit. Es stehen ab Herbst 2022 rund 430 Ausbildungsplätze für angehende Pflegeassistentinnen und Pflegeassistenten und für die Spezialisierung zur psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege mit dem FH Campus Wien zur Verfügung. Ich glaube, das ist ein erster wirklich wichtiger Schritt.
Die Klinik Landstraße mit der neuen Erstversorgungsambulanz entlastet natürlich auch die Spitalsambulanzen. Es wurde schon gesagt, dass es da zu einer Reduktion kommt und dass die aktiven Aufenthalte um bis zu 60 Prozent verringert werden können.
Wir haben auch für die Zukunft der Chirurgie einen wichtigen Weg gewählt. Ich teile nicht die Meinung des Kollegen Dr. Gorlitzer, dass die OP-Roboter diesbezüglich nichts bewirken, ganz im Gegenteil, ich glaube, dass diese Operationen schonende und komplexe Eingriffe ermöglichen, die im Prinzip den Patientinnen und Patienten etwas bringen, aber natürlich auch der gesamten Versorgung.
Wir haben im Wiener Gesundheitsverbund mit einem Anwerbebonus für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gestartet - das wissen Sie auch, das gab es in einer Aussendung vom 12. April -, nämlich mit einer Leistungsprämie von 1.000 EUR für erfolgreich angeworbene Bekannte. Und dass es hier um ganz Österreich geht, und das ist jetzt kein Wegdrehen von den Problemen, darf ich Ihnen auch zitieren. Bei einer der letzten Sitzungen der Landeshauptleutekonferenz in Zusammenarbeit mit den zuständigen Sozial- und Gesundheitslandesräten kam Folgendes heraus - und ich zitiere jetzt wieder wörtlich: Der Bund muss endlich wieder zu einer gerechten Finanzierung zurückkehren, anstatt wie in den letzten Jahren immer mehr
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