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Gemeinderat, 38. Sitzung vom 24.05.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 80 von 146

 

Die erste Studie, an der ich diese Angst vor den Ergebnissen hier demonstrieren will, ist die Kordonstudie, die Kordonerhebung. Was ist das? - Ganz einfach erklärt: Die Kordonerhebung zeigt das Verkehrsaufkommen an unserer Stadtgrenze für den öffentlichen Verkehr und den motorisierten Individualverkehr. Die Daten zeigen, wer wo hineinfährt. Das ist sozusagen einmal simpel erklärt. Man würde meinen, dass Leute, die seit 10 oder 20 Jahren lautstark nach einer Lobau-Autobahn schreien, sich für diese Daten interessieren. Das würde man meinen. Es ist aber nicht so. Wissen Sie, wann diese letzte Studie erstellt wurde? - 2010. 2010 wurde die letzte Kordonstudie veröffentlicht.

 

Bevor ich meinen Verdacht untermauere, warum genau diese Studie niemanden interessiert, möchte ich Sie auf eine kleine Zeitreise mitnehmen. Die letzte Kordonstudie stammt aus dem Jahr 2010. 2020 hätte eigentlich die Folgestudie veröffentlicht werden sollen. Die gibt es aber nicht. Der Tätigkeitsbericht der Planungsgemeinschaft Ost - die lässt diese Studie 2019 erstellen - sagt: Wir machen jetzt eine Medienstudie, eine Methodenstudie. Das war auch gut, denn mittlerweile greift man auf technologische Mittel zurück. Die helfen, diese Studie schneller, effizienter und auch billiger zu gestalten. Das passt schon.

 

Also, wir sind jetzt im Jahr 2020, in dem diese Methodenstudie fertig wurde. Gehen wir ins Jahr 2021! Im Ausschuss für Mobilität gibt es einen Rechnungshofbericht zur Parkraumbewirtschaftung. Was wird in diesem Bericht kritisiert? - Das Fehlen der Kordonstudie. Wir bleiben im Jahr 2021. Im Tätigkeitsbericht der Planungsgemeinschaft Ost steht: Die Kordonstudie wird im Juni 2022 fertig. Das war genau vor einem Jahr - lassen Sie mich das so generös schätzen -, und wir fragen uns jetzt: Wo ist sie? Wo ist die Studie? Ein Jahr lang.

 

Also, ich will mir gar nicht vorstellen, ob wir wirklich jemals erfahren, was im Jahr 2022 in dieser Studie stand, oder ob die Daten so missliebig waren, dass man daran arbeiten musste. Denn ich sehe schon: Es war eine Pandemie dazwischen. Das muss alles eingerechnet werden. Es gibt aber wirklich keine Rechtfertigung, diese Studie ein Jahr lang nicht herauszurücken. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Meine Annahme, warum diese Kordonstudie ja nicht öffentlich oder ja nicht weit diskutiert werden soll, möchte ich hier mit einer kleinen Anekdote unterstreichen. (GR Anton Mahdalik: Es wird lustig!) Im Jahr 2016 erwähnte ich die Kordonstudie in der Verkehrskommission in der Donaustadt. Ein Saal voller Männer jault auf, klatscht sich lachend auf die Schenkel und sagt: Die gibt es ja gar nicht. Was erzählen Sie uns da für einen Blödsinn? Einige andere, die schon ein bissel mehr gewusst haben, zweifeln die Daten an, die ich aus dieser Studie zitiere. Was sagen diese Daten? - Dass der donauquerende Transit - das heißt, die, die also von Norden oder von Süden hineinfahren - auch sofort wieder hinausfahren. Alle anderen wollen nach Wien hinein. Nur 2 bis 3 Prozent sind donauquerender Transit. Das sind eigentlich die Einzigen, denen ein Lobau-Tunnel vielleicht helfen würde. Wissen Sie, wie viele Autos das sind? - 10.000 pro Tag. Wissen Sie, wie viele Autos pro Tag über die Praterstraße fahren? - 23.000. Damit wir so ein bissel einen Blick für die Verhältnismäßigkeit bekommen. Das ist meiner Meinung nach ein Grund, warum wirklich niemand an dieser Studie interessiert ist.

 

Es gibt aber noch einen anderen Grund - einen sehr bequemen -, warum die Studie als nicht wirklich dringend notwendig erachtet wird. Im Klimafahrplan steht ja: 2030 soll sich die PKW-Stärke an der Stadtgrenze um 50 Prozent reduzieren. Das steht im Klimafahrplan. Hm, wenn ich jetzt aber keine Verkehrsstudie habe, um das Ganze zu vergleichen, dann würde ich sagen: „Mission accomplished.“ Ich sehe da so richtig Bush auf dem Flugzeugträger vor mir, damals nach dem Irak-Krieg, und sagen: „Gut gemacht.“ Gar nichts ist gut gemacht. Wir können gar nicht vergleichen, ob der Klimafahrplan eingehalten wurde.

 

Das ist einmal das erste Beispiel, an dem ich unseren Verdacht begründe, dass diese Studien nicht ans Licht der Öffentlichkeit gelangen sollen, weil Ihnen einfach die Daten nicht passen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ich komme jetzt aber noch auf ein zweites Beispiel zurück. Schauen wir uns die Studien zur Parkraumbewirtschaftung an! Und zwar gab es welche vor Einführung der Wien-weiten Ausweitung, also der letzten Ausweitung, und es gab welche nachher. Reden wir einmal von der vorher! Da gab die MA 18 bei Traffix eine einzige Studie in Auftrag für fünf Bezirke. Eine einzige dieser Studien - eine einzige - kennen wir: die aus Liesing.

 

Ich kann Ihnen sagen: Wir GRÜNEN waren es den Liesinger GRÜNEN damals wirklich neidig, wie die mit ihrer Studie herumgeflasht haben. Was da alles drinnenstand! Die anderen vier Flächenbezirke haben das nie erfahren. Was ist da so drinnengestanden? - Zum Beispiel, dass Zonen, wie wir sie in Wien kennen - nämlich: eine Zone, ein Bezirk - nicht zielführend sind, wenn das große Zonen sind, weil das den Binnenverkehr erhöht. Das haben diese Studien gesagt.

 

Was ist passiert? - Man ist genau dieser Empfehlung nicht gefolgt und hat im allergrößten Bezirk Wiens genau so ein Modell eingeführt. Das passiert nämlich auch: Man macht Studien, es kommt etwas Gutes heraus und man sagt: Pfeifen wir drauf! Das interessiert uns nicht. Das gibt nur Zores. Jetzt müssten wir womöglich noch die Donaustadt in ein paar Bereiche unterteilen. Das wollen wir nicht. Lieber nehmen wir ein schlechtes Modell. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Diese Sonderstellung der Liesinger war aber eh bald vorbei. Irgendwann war die Schicksalsgemeinschaft der Flächenbezirke wieder wirklich eine solche. Es kam dann nämlich die Evaluierung der Ausdehnungen. Die Frau Stadträtin hat gesagt, die wird eh ein Jahr nachher gemacht, das passt schon. Die erhielten wir nämlich alle nicht. Wir schauten auf eine Presseaussendung der Frau Stadträtin, in der auszugsweise - ich sage: auszugsweise - darüber berichtet wurde. Ich glaube, Sie wollte uns schonen. Sie hat uns die ganze Studie nicht zugemutet. Sie glauben jetzt, ich erfinde etwas. Kollege Stark hat schon

 

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