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Gemeinderat, 39. Sitzung vom 20.06.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 90 von 110

 

ihr gemeinsam - welchen Weg auch immer diese Person gehen will - zu gehen und sie dabei zu unterstützen. Wenn dann ein Punkt, sagen wir, in der Identitätsfindung gefunden sein sollte, der dann in Richtung, sagen wir doch glatt, Geschlechtsangleichung, Geschlechtsumwandlung geht, dann wechselt dieser Ansatz, dann braucht es selbstverständlich eine Therapie. In Wien und in Österreich hat es noch niemals eine Geschlechtsangleichung ohne vorherige therapeutische Arbeit gegeben. Ich betone das jetzt noch einmal: Selbst wenn es nur ein Promille betrifft und wir trotzdem so einen Fokus draufsetzen müssen, weil Sie bei queer offensichtlich nichts anderes denken können als trans. Queer ist so viel mehr! Wenn Sie herkommen und sagen, Homophobie hat keinen Platz, aber wir kämpfen gegen die Transgenderlobby, dann sage ich, vor zehn Jahren haben Sie noch gegen die Homolobby gekämpft. Ich weiß es noch, ich habe noch die Pickerl gemacht, ich bin Homolobby. Jössas nein, haben Sie sich vor mir fürchten müssen! (Heiterkeit bei GRÜNEN und NEOS.) Das Einzige, wofür ich mich eingesetzt und daher lobbyiert habe, war Verständnis, Akzeptanz und dann tatsächlich so etwas wie gleiche Rechte, nicht nur für mich, ich war damals schon verdammt erwachsen und habe meine Entwicklung schon gut hinter mich gebracht, aber für alle anderen, denen es vielleicht wirklich viel, viel schlechter geht, weil sie nicht das Glück hatten, in einem Elternhaus aufzuwachsen, das im Großen und Ganzen affirmativ war, das mir die Möglichkeit gegeben hat, mich so zu entwickeln, wie ich mich halt entwickelt habe. Ausgesucht habe ich es mir ja nicht. Es war ja nicht etwas, wo ich mir dann irgendwann einmal gedacht habe: Ha, und jetzt, meine Lieben, bin ich lesbisch! Das habe ich mir ausgesucht? Nein, ich habe mich zu dieser Erkenntnis durcharbeiten müssen, durch die gesamte Kindheit mit einem mords heteronormativen Bild, wie man zu sein hat, mit männlichen Freunden, die ich wirklich gerne gehabt habe und die mich wirklich gerne gehabt haben und die nicht verstanden haben, warum ich nicht auf sie stehe. Das war auch ein Prozess: Ja, Oida, ist nicht! (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ und NEOS.)

 

Diese zwei zählen übrigens noch zu meinen allerbesten Freunden, die mit mir damals diese Identitätsfindung durchgemacht haben und auch die Erkenntnis, dass es Mädchen gibt, die nicht mit Burschen gehen wollen. Das war eine sehr interessante Entwicklung.

 

Hätte es damals ein Jugendzentrum gegeben, hätte ich damals überhaupt gewusst, wie ich das benennen soll, wäre ich vielleicht dort hingegangen, hätte man mir vielleicht geholfen, aber ich hatte ja glücklicherweise Eltern, die davon eine Ahnung gehabt haben, die sogar so etwas gesagt haben wie: Pff, wir haben es uns eh gedacht! (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Verhaltest dich schon dein ganzes Leben anders, bist zwar unsere eigene Tochter, aber eigentlich bist du unser vierter Bub.

 

Für all diese Kinder in Wien ist ein Queeres Jugendzentrum sinnvoll und für all diese Kinder in Wien ist eine affirmative Jugendarbeit, eine offene Jugendarbeit in den Jugendzentren sinnvoll, und nein, es ist keine Segregation, wenn es sowohl als auch gibt. (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ und NEOS.)

 

Der ganz kleine Anteil des queeren Spektrums, die Transgeschlechtlichkeit, ja, das ist eine komplexe Geschichte, da kommen wir dann beim Tagesordnungspunkt 20 noch einmal darauf zu sprechen. Auch in der Transgeschlechtlichkeit braucht es aber Offenheit und Unterstützung, denn was um alles in der Welt ist weniger ein irreversibler Fakt als ein Selbstmord. Und wenn ein Selbstmord verhindert werden kann, dann bin ich dafür, dass man das tut. (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ und NEOS.)

 

Ich nehme jetzt den grauslichsten Einzelfall als irreversiblen Fakt, um den einer körperlichen Verstümmelung gegenüberzustellen, die vielleicht dann später bereut wird. Ja, das wollen wir alle nicht, ich genauso wenig wie Sie. (StR Dominik Nepp, MA: Das bereuen viele!) - Nein, ich glaube nicht, dass Sie mit wirklich vielen Transmenschen gesprochen haben. (StR Dominik Nepp, MA: Doch, 90 Prozent! Es erfüllt sich nicht, was versprochen wurde! Sie reden alles schön!) - Ich rede überhaupt nichts schön, ich rede mit Transpersonen, ich rede mit Transfrauen, ich rede mit Transmännern. (StR Dominik Nepp, MA: Das sind Männer und Frauen! Biologische Männer und biologische Frauen!) Ich sage jetzt nicht, was ich mir zu Biologie und Idiotie noch denke. (StR Dominik Nepp, MA: Wenn Biologie nicht mehr Biologie ist, ist das wissenschaftsfeindlich! - GRin Viktoria Spielmann, BA: Geh bitte! Ich meine, da müsst ihr reden über Wissenschaftsfeindlichkeit! - Zwischenrufe bei der FPÖ. - GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Geh, lasst sie ausreden!) Nein, es ist kein Schönreden, es ist ein tatsächliches Debattieren, ein, wie soll ich es sagen, Beispiel deliberativer Demokratie, Auseinandersetzung und Beratung darüber, was sinnvoll ist. Selbstverständlich ist eine therapeutische Begleitung von Personen und von Jugendlichen, die sich in ihrer Identitätsfindung in einem totalen Wiegel-Wogel finden und sich sogar in ihrem Geschlecht nicht zurechtfinden, notwendig. Und wenn diese Personen, dieses Promille an Menschen, wie Sie selbst gesagt haben, zur Entscheidung kommt, statt einem Burschen ein Mädchen sein zu wollen oder statt Mann eine Frau sein zu wollen: Was um alles in der Welt hindert Sie daran, das einfach zur Kenntnis zu nehmen? Was um alles in der Welt ist bei Ihnen so schwierig, dass Sie nicht einfach sagen können: Okay, akzeptiere ich, passiert mir ja nichts. (StR Dominik Nepp, MA: Das ändert sich nicht! Eine Frau bleibt eine Frau, ein Mann bleibt ein Mann!)

 

Das ist einfach so zu akzeptieren, und selbstverständlich haben es sich alle Jugendlichen, die sich in einer schwierigen Situation in ihrem Leben befinden, aus welchem Grund auch immer, auch alle, die nicht Transjugendliche sind, verdient, in diesen schwierigen Situationen unterstützt zu werden. Wir haben vorher über Rat und Tat geredet. (Beifall bei GRÜNEN, SPÖ und NEOS.)

 

Jetzt eine Gruppe von vulnerablen, nämlich sich wirklich in einer sensiblen Phase befindlichen Jugendlichen und dann auch noch Menschen, erwachsene Transpersonen herauszupicken und auf denen herumzureiten, ist wirklich billig, und dem werde ich nicht nachgeben. Ich werde, solange ich politisch arbeite und wahrscheinlich lange darüber hinaus, dafür werben, dass wir als inklusive Gesellschaft es mordslocker aushalten, diese Menschen

 

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