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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 28.06.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 42 von 102

 

ponieren, ob die Kulturstaatssekretärin eine Unterstützung gibt oder nicht. (Beifall bei den GRÜNEN und von GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM.)

 

Ich will mich heute aber auf die Erinnerungspolitik konzentrieren, insbesondere natürlich auf ein besonderes Denkmal in der Stadt, denn es wird ja immer schwieriger, Menschen zu finden, die heute noch zeithistorisch „oral history“ erzählen können. Eine Anna Hackl aus Oberösterreich, die noch immer großartig agiert und redet oder eine Käthe Sasso: Großartige Frauen, doch mit über 90 ist es nicht mehr ganz so einfach, von Ort zu Ort zu fahren oder starke Worte zu bringen.

 

Einer, mit dem ich ganz lange zusammengearbeitet habe und dem auf Initiative von VBgm.in Gaál und mir vor einem Jahr ein Gemeindebau gewidmet wurde, war Richard Wadani, der herausragende Leistungen erbrachte und ein unermüdlicher Mahner gegen den Rechtsextremismus in diesem Land war. Dessen Desertation aus der Deutschen Wehrmacht führte dazu, dass sich später auch andere trauten, zu sagen, dass sie desertiert waren - ein Dietmar Schönherr, ein Schönborn, nur um zwei bekannte Persönlichkeiten zu nennen -, aber es dauerte lange, bis ihr Handeln auch in der Öffentlichkeit entsprechend gewürdigt wurde. Es war auch nicht leicht, wenn man gleichzeitig weiß, dass noch 2005, also vor knapp 18 Jahren, der Vorsitzende des Bundesrates diese Männer als Kameradenmörder bezeichnet hat und sich da bis heute in manchen Bereichen gar nicht so viel geändert hat. Ich habe gerade jetzt darüber nachgedacht, wie die Worte waren, die da immer wieder gebraucht wurden. 60 Jahre nach dem Krieg gab es diese Kameradenmörder-Äußerungen, und da frage ich mich schon, welches Geschichtsverständnis wir in Österreich haben.

 

Warum ich heute darauf hinweise, ist, weil ich immer das Gefühl habe, es gibt einen Mann in dieser Stadt, der von vielen verteidigt wird, der so ein bisschen ein Vordenker und ein Vorbild für Adolf Hitler war. Es gelang leider nicht, Frau Stadträtin, Sie davon zu überzeugen, ein klares Zeichen zu setzen, dass auch jene zu berücksichtigen sind beziehungsweise ihre Meinung ernst zu nehmen ist, die am meisten durch diesen Antisemitismus betroffen sind: Jüdinnen und Juden. Ja, sie mussten sogar gegen die Pressekonferenz, die Sie gemacht haben, öffentlich demonstrieren, und das finde ich bedauerlich. Das finde ich schade, weil ich sonst immer das Gefühl habe, dass wir da in einer sehr guten Zusammenarbeit arbeiten können. 2011 war ich richtig zufrieden, dass sich jemand traute - das war damals noch nicht so selbstverständlich und ist doch erst zwölf Jahre her -, das Denkmal von Karl Lueger anzugreifen und Vorschläge zu machen. Damals war sogar die Idee, es 3,5 Grad schräg zu stellen, eine wirklich historisch wertvolle.

 

Wie so vieles verändert aber auch die Zeit die Welt und wie so vieles haben sich die Denkmalkultur und die Denkmalbewegung entsprechend weiterentwickelt. Heute diskutieren Menschen anders über die Verherrlichung von ehemaligen Helden, weil sie längst nicht mehr ehemalige Helden sind, sondern weil sich vielleicht das gesamten Weltbild verändert hat.

 

Gott sei Dank hat sich gerade auch in der Erinnerungskultur einiges bewegt und so manches Denkmal würden wir heute absurd finden, wenn es am ehemaligen Hermann-Göring-Platz, heute Rooseveltplatz stehen würde. Ich bin maßlos enttäuscht, das sage ich wirklich so, dass es der hochkarätigen Jury nicht gelang, und Sie, Frau Stadträtin, nicht das politische Signal entsprechend gesendet haben, dass dieses Denkmal entsorgt wird. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Cancel culture!) Es hätte auch tolle Alternativen in der Kontextualisierung gegeben, und ich finde es wirklich bedauerlich, dass man dann auf einer Ebene von vor elf Jahren stecken bleibt. In Berlin, in Tallinn gibt es schon längst Varianten, wie Denkmäler aufbewahrt und gespeichert werden können. In vielen Ländern wurden rassistische und diskriminierende Personen von ihren Sockeln gestürzt. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Auch linksextreme übrigens!) Richtig, kein Problem. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Ja, fangen wir an!) Ich sehe es an.

 

In Wien ist alles anders, da wurde noch erhoben und zusätzliches Dokumentieren war angesagt, wo überall sich Karl Lueger hochleben ließ oder hochgelobt wurde. Ich halte es für falsch und sehr kopflastig, zu glauben, das würde dafür sensibilisieren, wer diese Figur war. Es gibt keinerlei Kontextualisierung neben der Holzinstallation, was da gezeigt wird. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Kontextualisierung beim Karl-Marx-Hof!)

 

Frau Stadträtin, ich würde mir wünschen, dass wir uns als Stadt 85 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkrieges mutiger mit Erinnerungskultur beschäftigen, sogar möglicherweise Straßennamen umbenennen, auch wenn da immer mit dem Kostenfaktor argumentiert wird, ach, das kostet ja so viel, und wenn dann Kontextualisierung passiert, dass diese auch tatsächlich entsprechend erklärt ist und nicht nur ein kurzer Dreizeiler unter einem Straßennamen, wer denn die Personen waren. Und ich würde mir wünschen, dass Denkmäler verräumt werden, wenn sie ihre Aktualität verloren haben oder sich die so Beachteten als nicht mehr würdig erweisen. (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Und das können Sie beurteilen?)

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Tatsächliche Redezeit war sechs Minuten, Restredezeit der Fraktion daher noch drei Minuten. Als Nächste zu Wort gemeldet ist GRin Arnoldner, selbstgewählte Redezeit vier Minuten, die ich einstelle. Bitte.

 

13.34.28

GRin Mag. Bernadette Arnoldner (ÖVP)|: Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Frau Vorsitzende und alle, die hier am Nachmittag zuschauen!

 

Rechnungsabschluss Geschäftsgruppe Kultur und Wissenschaft, ich glaube, einige können erraten, welche Wortmeldung zu welchem Thema ich als ehemalige Musikerin hier machen werde: zum Thema Musik. Ich beginne mit einer Frage, nämlich einer Schätzfrage. Schätzen Sie, wie viele Musikbegeisterte täglich live in einem Konzertsaal am Abend klassische Musik hören. Die Antwort steht auf der Website „wien.info“. Sind es vielleicht 1.000, das wären dann 365.000 im Jahr. Nein, es sind 10.000 pro Abend! 10.000 musikbegeisterte Menschen

 

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