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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 28.06.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 102

 

Mein Dank gilt aber auch den MitarbeiterInnen der Magistratsabteilungen in unserer Geschäftsgruppe und den MitarbeiterInnen von Wiener Wohnen, die wir jetzt auch unter dieser Geschäftsgruppe behandeln. Als OppositionspolitikerInnen ist es unsere Aufgabe, die Dinge kritisch zu beleuchten, Fehlentwicklungen aufzuzeigen. Das bedeutet aber nicht, dass wir nicht wahrnehmen, was alles gut läuft und wie viel großartige Arbeit die MitarbeiterInnen dieser Stadt Tag für Tag für die Stadt leisten, ob das die Vergabe der Wohnbeihilfe, die Wohnungssicherung oder die Wohnbauförderung ist. Danke für diese großartige Arbeit. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Wie können wir Wohnen in Wien nachhaltig leistbar machen? Das ist die entscheidende verteilungspolitische Frage in unserer Stadt, und das ist auch eine zentrale Frage des Klimaschutzes. Wir müssen Wohnkosten dämpfen, und dafür müssen wir Spekulation bekämpfen und uns auch aus der Abhängigkeit von fossiler Energie befreien.

 

Wie können wir Wohnen in Wien nachhaltig leistbar machen? Keine Frage, wir brauchen auch ein Ende der Blockade der Mietpreisbremse durch die ÖVP auf Bundesebene, wir brauchen ein Ende der Blockade bei der Reform des rot-schwarzen Mietrechtsgesetzes, aber das entbindet uns als Gemeinde- und LandespolitikerInnen nicht von der Verantwortung, in unserem Bereich zu tun, was wir in unserem Bereich tun können.

 

38,7 Millionen EUR ist der Jahresüberschuss, den Wiener Wohnen im Jahr 2022 gemacht hat. Ein Mietendeckel für den Gemeindebau, ein Mietendeckel für ein knappes Drittel der Mietwohnungen in Wien, ein Mietendeckel für 500.000 Wienerinnen und Wiener wäre also wirtschaftlich ohne Probleme darstellbar gewesen. Ich kann Ihnen diese Kritik nicht ersparen: Sie lassen den Menschen das Geld jedes Jahr aus der Tasche nehmen und geben es ihnen dann einmal mit großem Trara als Gemeindewohnbonus zurück. Das finden wir falsch.

 

Am 1. Juli steigt der Richtsatz für die Kategoriemieten erneut, und im Gemeindebau sollen die Kategoriemieten wieder um das gesetzliche Maximum erhöht werden. Zirka 60 Prozent aller Kategoriemietverträge in Wien betreffen den Gemeindebau. Es ist also nicht egal, ob man im Gemeindebau die Kategoriemieten erhöht oder ob man sie deckelt. Das hat eine sehr hohe Relevanz, was die Stadt da tut, und einen Mietendeckel für den Gemeindebau könnten wir allein machen. Ziehen wir den Mietendeckel für den Gemeindebau also auch endlich ein, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Seit 1. Jänner 2023 werden alle Sozial- und Familienleistungen auf Bundesebene jährlich an die Inflation angepasst. In Wien wurde die Wohnbeihilfe - Sie kennen das Thema, aber ich werde es auch heute nicht auslassen -, die gerade jetzt Menschen vor Wohnkostenüberlastung schützen sollte, nicht angepasst. Jetzt soll 2024 eine Reform kommen. Das begrüßen wir, aber währenddessen wir auf diese Reform warten, verlieren 2022 und 2023 tausende Wienerinnen und Wiener ihren Anspruch oder erleiden massive Einbußen. Wer das nicht glaubt: Diese Einbußen kann man beziffern. Der Rechnungsabschluss zeigt, die Ausgaben für Wohnbeihilfe sind erneut um 5 Millionen EUR auf einen Tiefstand von insgesamt 48 Millionen EUR gesunken. Das heißt, 2008 hat die Stadt doppelt so viel für Wohnbeihilfe ausgegeben als 2022, und wertgesichert hätte es 2022 schon 3 Mal so viel gebraucht. In Wien, sehr geehrte Damen und Herren, werden keine Sozialausgaben gekürzt, man lässt einfach die Teuerungen den Job erledigen, und das finden wir falsch, sehr geehrte Damen und Herren.

 

Die Ausgaben für Wohnbeihilfe sind seit 2008 real um 100 Millionen gesunken. Wenn vor dem Hintergrund der Finanzstadtrat sein Budgetplus feiert, dann kann ich das eigentlich nur als zynisch empfinden, sehr geehrte Damen und Herren. Verordnen Sie - und das ist ein reiner Verordnungsakt - endlich die längst fällige Anpassung der Einkommensgrenze. Wenn wir da nicht bald handeln, werden wir beim Rechnungsabschluss 2023 einen neuen Tiefstand an Ausgaben und BezieherInnen diskutieren. Obwohl mehr Menschen Unterstützung brauchen, werden weniger Menschen Unterstützung bekommen, und diese Menschen dürfen wir nicht auf 2024 vertrösten, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Für nachhaltig leistbares Wohnen brauchen wir aber auch den leistbaren Neubau. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass der Markt diesen leistbaren Wohnraum nicht schafft. Wir brauchen also gemeinnützigen Wohnbau, wir brauchen neue Gemeindewohnungen, weil unser Boden zu wertvoll ist, um ihn mit Anlegerwohnungen zu versiegeln, die als Betonsparbücher dann leer in der Gegend herumstehen.

 

Das Problem ist nur, der nachhaltig leistbare Wohnraum, den wir brauchen, wird nicht im ausreichenden Ausmaß geschaffen. Sie haben im Koalitionsabkommen insgesamt 6.500 neue Gemeindewohnungen angekündigt, fertig sind jetzt aber gerade einmal 1.200 von diesen Wohnungen, also nicht einmal ein Fünftel. Konkrete Planungen gibt es für weitere 1.900 Wohnungen, entnehme ich der Website. Das heißt, 3.400 Wohnungen sind noch nicht einmal in Planung, es fehlt also 2 Jahre vor Ende der Legislaturperiode der Plan für die Hälfte der versprochenen Gemeindewohnungen. Wenn mit „auf den Weg gebracht“ - so steht es im Koalitionsabkommen -, gemeint ist, dass 2025 im Wahlkampf wieder angekündigt wird, dass man diese Wohnungen auf den Weg bringt, dann hilft uns das nur in homöopathischen Dosen, und Homöopathie hat bekanntlich keine Wirkung über den Placeboeffekt hinaus, sehr geehrte Damen und Herren. Wir brauchen einen massiven Ausbau des Gemeindeprogramms, und das ist auch machbar. (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Das sehen nicht alle so!) - Ich weiß nicht, ob das alle so sehen, ich sehe es jedenfalls so, und die Wissenschaft sieht es auch so.

 

Für nachhaltig leistbares Wohnen brauchen wir leistbaren Neubau, und zu diesem Zweck braucht es auch eine entsprechende Widmungstätigkeit, insbesondere braucht es Widmungen für den geförderten Wohnbau. Die ersten Jahre dieser Legislaturperiode haben Sie noch von den Widmungsreserven der grünen Stadträtinnen gelebt. Wenn die zuständige Stadträtin aber jetzt Jahr für Jahr viel

 

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