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Gemeinderat, 43. Sitzung vom 18.10.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 88 von 122

 

im Detail nicht darauf ein, weil ich die wohlmeinende Stimmung, die hier herübergekommen ist, nicht aufgeben möchte.

 

Ich möchte den Versuch des Kollegen Baxant etwas weiterführen. (GR Dr. Kurt Stürzenbecher: Sehr gut!) Er hat uns von den Schutzschirmen berichtet, die ja auf europäischer Ebene von den Regierungen für ihre Unternehmen in ihren Ländern etabliert wurden. Diese Sicherungsmaßnahmen sind nicht zufällig entstanden, weil sich die Regierungen etwas mehr um ihre Unternehmen kümmern oder sich dafür interessieren, wer wie gesichert werden sollte. Sondern es hat ein Schreiben gegeben, das auch in der Untersuchungskommission angesprochen und zum Thema wurde.

 

Anfang März 2022 schickte die European Federation of Energy Traders, EFET, einen Brief an die EU-Kommission. Darin forderte die EFET eine zeitlich begrenzte Notfallliquiditätshilfe für die Energiebranche zur Sicherstellung der Energiegroßhandelsmärkte in außerordentlichen Marktsituationen. Ich gehe davon aus, dass auch unsere Bundesregierung diesen Brief bekommen hat, besser gesagt: nicht direkt den Brief, aber eventuell die Aufforderung der EU-Kommission. Denn die EU-Kommission hat in Folge am 23. März 2022 einen befristeten Krisenrahmen für staatliche Beihilfen erlassen und hat damit den Mitgliedstaaten mehr Spielraum zur Gewährung von Hilfen an Unternehmen eingeräumt als in normalen Zeiten. Ich nehme an, dass dieses Schreiben auch der Bundesregierung bekannt war, besser gesagt, ist es, glaube ich, sogar durch die Medien gegangen, dass die EU das gemacht hat.

 

In Folge dessen haben Länder wie Deutschland, Frankreich, aber auch die Schweiz - Kollege Baxant ist schon kurz darauf eingegangen - dafür Sorge getragen, dass ihre Unternehmen auf einem Markt, der volatil war und das - wenn man es genau nimmt - noch immer ist, abgesichert sind. Die Schweiz war vor allem auch in der Ausführung sehr vorbildlich. Es gibt dazu ein Schreiben, herausgegeben vom - ich lese es jetzt ab - Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation. Ich gehe davon aus, dass es dem entspricht, was wir als Ministerium für Umwelt kennen, also dem Verantwortungsbereich von Ministerin Gewessler. In diesem Schreiben, diesem 20-seitigen Papier, sind die Ausgangslage und der Inhalt der Vorlage analysiert. Es sind die geprüften Alternativen, die gewählten Lösungen und auch die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten angeführt. Zum Beispiel steht auf einer der Seiten, dass bei diesen Vorsorgekrediten für Unternehmen, die privatwirtschaftlich geführt sind, in erster Linie gilt, dass Kommunen und Gemeinden für Unternehmen in ihrem Wirkungsbereich Vorsorge treffen sollen. Also, die Kommunen und Gemeinden in der Schweiz wurden darüber informiert, dass sie Vorsorge treffen sollen - und in welcher Form. Das steht alles hier. Das wurde beschlossen und im Mai 2023 auch entsprechend eingebracht.

 

Jetzt kann man natürlich sagen: Okay, davon wussten wir nichts. Ein Schutzschirm ist nicht so unseres. Das kann aber auch nicht sein. Es gab nämlich aus der Covid-Situation heraus - und es gibt ihn noch immer - einen Schutzschirm für Veranstaltungen. Es gibt den WIFO-Chef Felbermayr - das ist durch die Medien gegangen, daher wissen wir es auch -, der zum Beispiel im Februar 2022, also als die ganze Situation virulent wurde, einen Schutzschirm nicht für die Wien Energie oder die Energieunternehmen forderte, sondern auch für die RBI, die Raiffeisen Bank International.

 

Es gibt aber auch eine OTS aus dem Jahr 2020 vom 29. April. Die Kollegen hier in diesem Saal kennen diese OTS vielleicht. Ich zitiere daraus wörtlich, ich lese sie vor, damit ich mich nicht im Inhalt irre. In dieser Presseaussendung geht es in erster Linie darum, dass gerechtfertigt wird, warum bestimmte Sicherungsmaßnahmen durch die Stadt Wien für Unternehmen gutgeheißen werden. Im letzten Absatz, der besonders spannend ist, steht: „Indes kämpft die Bundesregierung mit allen Ressourcen um jeden einzelnen Arbeitsplatz.“ - Sehr löblich. - „Das oberste Ziel unseres Finanzministers Gernot Blümel“ - das hat sich mittlerweile geändert - „ist, Arbeitsplätze zu sichern, Unternehmen zu erhalten und Härtefälle zu lindern. Die Bundesregierung hat einen 38-Milliarden-Schutzschirm“ - der Begriff Schutzschirm war also bekannt und auch, wofür er dienen sollte (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Ihr habt eh einen bekommen! Ich verstehe die Debatte nicht!) - „über die österreichische Volkswirtschaft gespannt und damit klar kommuniziert: Es wird bestmöglich und breitestmöglich geholfen.“ Auch sehr fein. Das wurde es wahrscheinlich auch. So genau wissen wir es nicht. Ich weiß jetzt nicht, ob schon aufgeklärt ist, wie diese Mittel verwendet wurden. Egal jetzt. Das tut nichts zur Sache. „Jeder, der Hilfe braucht, bekommt Hilfe. Und wenn es mehr Geld braucht, wird es mehr Geld geben.“

 

Das Schreiben der EU, die Mitteilung an die Mitgliedstaaten, blieb allerdings unbeantwortet, unreflektiert und unberücksichtigt.

 

Kollege Baxant hat sehr gut erklärt, wie sich die Wien Energie von allen anderen energieerzeugenden, stromerzeugenden Unternehmen in Österreich unterscheidet. Ich sage jetzt einmal: Zumindest im Finanzministerium gibt es jetzt einen Experten, der Finanzminister ist - Brunner -, der sofort von Beginn an durchschaut hat, wen es als Ersten treffen wird. Denn auf Grund der Konstellationen, die wir schon erklärt bekommen haben - ich neige nicht dazu zu wiederholen -, genau aus diesen Gründen war eigentlich vorhersehbar, dass ein Unternehmen in der Struktur und in dem Setting und Bereich, in dem die Wiener Energie tätig ist, irgendwann in Turbulenzen kommen muss, wenn die Entwicklungen am Strom- und Gaspreismarkt so weitergehen. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: … noch keine Notkompetenz!) In diesem Sinne stellt sich jetzt schon die Frage … (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: … aber auch Notkompetenz!) - Mich stört es nicht, wenn man mich unterbricht. Kein Problem, ich bin schon abgehärtet. (Heiterkeit bei GR Mag. Josef Taucher.) - In diesem Kontext wäre an erster primärer Stelle die Absicherung der Bevölkerung in unserem Land vorrangig gewesen - egal, wo sie wohnen, und egal, von wem sie versorgt werden. Deshalb verstehe ich die Untätigkeit der Bundesregierung nicht. (GR Mag. Josef Taucher - in Richtung GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Genau!)

 

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