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Gemeinderat, 44. Sitzung vom 22.11.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 89 von 91

 

und frustrierend und steht einer Kulturhauptstadt im Grund sehr schlecht zu Gesicht. Ein fehlendes konkretes Procedere für die Übergabe eines Theaters, die fehlende Klarheit über Verantwortlichkeiten, Übergangszeiten und vor allem über Übergangsbudgets kostet die Wiener und Wienerinnen aber echtes Steuergeld, und wir müssen darüber reden, wie wir das verbessern können.

 

Warum? - Weil ein Theater keine Schraubenfabrik ist, um jemanden Bekannten zu zitieren, ein Theater bietet ein Programm, ein Programm muss vorbereitet werden, und das dauert mehrere Monate. Wenn ein künstlerischer Leiter Ende Juni seine Aufgabe abgibt und der neue am 1. Juli beginnt, dann ist es nicht möglich, in dieser bezahlten Zeit das Programm für die kommende Saison im Herbst vorzubereiten, das ist zu kurzfristig. Das heißt, wir stehen vor der Situation, dass der entweder ein halbes Jahr vorher umsonst arbeitet oder dass irgendwo Budget überzogen wird, und dann muss die Stadt nachschießen. Das ist so geschehen beim Dschungel, das ist so geschehen beim Schauspielhaus, und das ist so geschehen beim Theater am Werk. Es liegt nicht an den einzelnen Personen, es liegt in der Verantwortung der Stadträtin, ein Procedere zur Verfügung zu stellen, das klar regelt, wer wann wie viel Geld verwenden kann, wie das zusätzliche Personal finanziert wird, und ich bitte Sie, sich um dieses Procedere zu kümmern. Danke, Frau Stadträtin. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Zu unserem Antrag: Anfang der Woche wurde hier von der Frau Stadträtin die Kulturstrategie präsentiert, das ist an sich sehr erfreulich. Weniger erfreulich ist, dass diese wieder einmal zuerst in den Medien präsentiert wurde und erst einen Tag später die Kolleginnen und Kollegen, wie auch ich, aus dem Ausschuss ein E-Mail bekommen haben, dass die Kulturstrategie nun auch tatsächlich öffentlich ist. Warum das so passieren muss, verstehe ich nicht ganz, aber seiʼs drum.

 

In der Strategie finden sich einige Punkte, unter anderem, dass es einen niederschwelligeren Zugang zu Kultur geben soll, was an sich begrüßenswert ist. Die Idee in der Kulturstrategie ist vor allen Dingen, dass das über Gratisangebote geleistet werden soll: Gratis-Donauinselfest, Gratis-Kultursommer, Gratis-Wien-Museum. Sicherlich können solche Angebote auch zu einer guten Kulturversorgung in der Stadt beitragen, aber natürlich schaffen solche Angebote auch Barrieren. Es ist nämlich ganz einfach: Die, die kein Geld haben, nutzen die Gratisangebote, und die, die schon Geld haben, dürfen die sogenannte Exzellenzkultur besuchen. Das sage ich bewusst polemisch. Die, die Geld haben, dürfen die Festwochen anschauen und die anderen können Musik im Park genießen.

 

Eine echt demokratische, eine echt sozialdemokratische Kulturpolitik sollte eigentlich den hier in Wien Lebenden die Türen zu den Kulturinstitutionen der Stadt öffnen, das würde mich sehr freuen, und nicht nur jenen, die es sich leisten können. Wir wollen Kulturangebote für alle, deshalb haben wir den Antrag zum Kultur-Gutschein gestellt. Wir wollen einen Gutschein, der Kindern und jungen Erwachsenen sowie deren Familien zur Verfügung steht und damit ein „door opener“ zu den Kulturinitiativen und Veranstaltern dieser Stadt ist. Ein Mal im Jahr ein Kultur-Event in einer Institution gratis, egal, ob Theater, Konzert, Buch- oder Tanzstunde, ein Gutschein als Ansporn, sich doch einmal einen unbekannten Kulturanbieter anzuschauen oder einen in der Nachbarschaft kennen zu lernen und hoffentlich dann wiederzukommen. So ein Kultur-Gutschein wäre eine sogenannte Win-win-Geschichte, mehr Publikum für die lokale Szene und schöne, spannende und beeindruckende Erfahrungen und Erlebnisse für die Wienerinnen und Wiener.

 

Übrigens, die aktuelle Publikums-Studie des Bundes hat auch wieder einmal bestätigt, dass Menschen, die Kulturangebote nutzen, in Krisenzeiten resilienter sind als die, die das nicht tun. Das heißt, Kultur gibt Hoffnung oder vielleicht macht Kultur sogar glücklich, auf jeden Fall wäre das alles Grund genug, jedem Wiener und jeder Wienerin zumindest ein Mal im Jahr so ein tolles Erlebnis zu gönnen. Danke für Ihre Unterstützung für diesen Antrag. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächster zu Wort gemeldet ist GR Neumayer. Sie sind am Wort.

 

18.56.42

GR Jörg Neumayer, MA (SPÖ)|: Danke, Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Zuerst einmal danke, dass auch Sie dem Antrag klarerweise zustimmen, ich glaube, genau das brauchen wir jetzt, eine Zustimmung für das Theater am Werk, dass da ein guter Neustart funktionieren kann. Jede Einrichtung hat es verdient, sich einmal einige Monate am Standort zu finden und auszubauen. Zu Ihren Worten möchte ich noch ein paar Punkte anmerken.

 

Es ist schon wichtig, zu sagen, dass unterschiedliche Stätten auch unterschiedliche Voraussetzungen haben und auch in der Bestellung unterschiedliche Voraussetzungen benötigen. Sie wissen, dass wir da mit unterschiedlichen Mechaniken arbeiten, aber es sind immer Jurys, die dann letzten Endes Entscheidungen treffen. Das finden wir auch gut so, und wir haben auch in der Vergangenheit bewiesen, dass wir da die Expertinnen und Experten zu Wort kommen lassen und damit eine gute Entscheidungsgrundlage haben.

 

Zu den genannten 300.000 EUR möchte noch in Erinnerung rufen, was wir auch schon kurz im Ausschuss besprochen haben. Wir reden da schon über den Zusammenschluss von zwei Häusern, und wir sehen das momentan als Investition darin, dass wir die neuen Verantwortlichkeiten, die neuen Prozesse, die neuen Herausforderungen, die jetzt aufgetreten sind, unterstützen und dass wir mittelfristig eine Verschlankung im System erleben. Was möchte ich damit sagen? - Wir haben jetzt beispielsweise nur mehr eine künstlerische Leitung, davor hatten wir zwei. Dementsprechend sind natürlich die Abläufe zwischen den beiden Häusern ganz andere. Da wollen wir unterstützen, da wollen wir jetzt bewusst investieren, dass sich das mittelfristig amortisiert.

 

Auf Ihren Vorschlag des Theater-Gutscheins möchte ich noch kurz eingehen. Wir als Stadt Wien schauen immer, dass wir da nicht einfach mittels Gießkanne fördern. Bei den Zuseherzahlen sind wir jetzt auf einem Vor-Corona-Niveau, auf einem vorpandemischen Niveau, das finden wir sehr positiv. Der Großteil der Theater hat sich

 

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