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Gemeinderat, 45. Sitzung vom 27.11.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 38 von 111

 

verwirklichen sollten -: Wir brauchen schon, wenn eine Stadt wächst, Zuzug in den Arbeitsmarkt, aber wir erfahren leider immer wieder zu oft Zuzug in die Mindestsicherung. Das ist Faktum, und das kann auch nicht geleugnet werden. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Als zweiten großen Punkt hat der Herr Finanzstadtrat angesprochen, dass wir in Zeiten großer wirtschaftlicher Dynamik leben. Das ist völlig unbestritten, aber da haben die GRÜNEN durchaus recht, wenn sie hinterfragen, ob ein Doppelbudget da wirklich der Weisheit letzter Schluss ist oder ob man nicht, wenn man schon ein Doppelbudget veranschlagt, dann zumindest an den kleinen Schräubchen trotzdem weiterdrehen sollte.

 

Planungssicherheit und Budgettreue sind ja durchaus wichtige Werte, und ich muss ganz offen sagen, ich war doch ein wenig irritiert darüber, wie groß die Abweichung zwischen Budgeterstellung und Rechnungsabschluss oft ist, und das durchaus bewusst. Ich habe beispielsweise in der gemeinsamen Sitzung von Stadtsenat und Finanzausschuss erleben müssen, dass an die Wohnbaustadträtin die Frage gestellt wurde: Na ja, ist dieser Mietenstopp im Gemeindebau schon eingepreist? Und StRin Gaál hat wahrheitsgemäß gesagt: Nein. - Das heißt, man hat dort etwas beschlossen, was mit den realen Zahlen nur peripher etwas zu tun hat, und ich fürchte, das ist kein Einzelfall. Wir sehen das ja - ein anderes Thema, das wir schon hinlänglich und sehr intensiv besprochen haben - bei den Zahlen des PID, wo sich Kollege Ornig immer über die Budgetzahlen freut und der Rechnungsabschluss dann zeigt: Na ja, so groß wäre der Anlass zur Freude aus seiner Sicht eigentlich gar nicht gewesen.

 

Oder, ein weiteres Beispiel, bei dem ich mir denke, Budgettreue wäre doch einmal wirklich etwas, was man sich erhoffen dürfte, denn ich glaube, in jedem Privatunternehmen müssen Budgets eingehalten werden. Ja, wenn Einnahmen über dem Budget liegen, dann wird niemand ein Problem haben, aber bei den Ausgaben sollte man es doch zumindest in etwa erklären können, wenn Zahlen abweichen. Wir sind heute in der Situation, dass wir die Gesamteinnahmen der Stadt im Rechnungsabschluss 2022 mit 16,8 Milliarden EUR ausgewiesen haben, aber trotzdem im Voranschlag 2024 nur von 16,6 Milliarden EUR, also weniger an Einnahmen, ausgehen. Das erscheint mir nicht plausibel. Jetzt haben Sie, Herr Stadtrat, gesagt, na ja, Sie wollen sehr vorsichtig budgetieren. Das ist schon löblich, aber die Realität sollte doch so gut wie möglich abgebildet sein.

 

Ein dritter Punkt, den Sie heute in Ihrer Budgetrede angesprochen haben, ist, aktiv mit Investitionen aus der Rezession zu kommen. Das ist prinzipiell nichts Unanständiges. Ich weiß schon, wir sind alle ein bisschen gebrannte Kinder, denn diesen Schmäh hat uns Renate Brauner auch erzählt. Bei ihr war es nicht so. Bei Ihnen, Herr Stadtrat, würden wir es ja noch immer gerne glauben, aber wenn ich mir dieses Leck ansehe, das wir gerade auch bei Investitionen beispielsweise in der Wien Holding haben - wo man ja gerne investieren würde, nur gerade nicht kann -, dann stellt sich die Frage, ob sich das so fortziehen würde.

 

Thema Wien Holding: Wir haben dort die Sanierung des Theaters an der Wien, die statt 60 Millionen 81 Millionen EUR kosten wird. Wir haben dort das Thema der Wien Arena - ich glaube, du, lieber Markus, hast es schon kurz angesprochen -, wo wir uns jetzt in der Situation befinden, dass die Eröffnung dieser wichtigen und guten Mehrzweckhalle wirklich in den Sternen steht, weil wir, nachdem die Vergabe gehoben wurde, de facto nicht wirklich wissen, wie es weitergeht. Eine ganz ähnliche Situation beim Busterminal, der wirklich auch aus verkehrspolitischen Aspekten eine Notwendigkeit für Wien ist.

 

Die Donaubühne ist ganz abgesagt - ich weiß nicht, ob das mit dem Fehlverhalten von Kollegen Nevrivy zu tun hat, egal. Nachnutzung Stadthalle: Also zumindest uns hat man noch nie, in keinster Weise, eingeladen, sich darüber auch nur irgendwo Gedanken zu machen. Renovierung Happel-Stadion, auch so ein Thema. Es erinnert alles ein bisschen an die Untersuchungskommission, als wir uns überrascht zeigen mussten, wie Aufsichtsräte besetzt werden. Ich glaube - und da meine ich jetzt nicht einmal unbedingt die Spitze der Wien Holding, das sei dahingestellt -, dass es in vielen Bereichen ein deutlich verbessertes Management brauchen würde, um den Herausforderungen, auch was das Investieren in die Zukunft betrifft, gerecht zu werden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Sie haben mit ziemlicher Leidenschaft, Herr Stadtrat, noch zwei Dinge angesprochen, auf die ich auch replizieren möchte, nämlich die Mobilitäts- und die Energiewende. Mobilitätswende und Energiewende - Schlagwörter, wo jeder sagen wird: Ja, natürlich, in Zeiten wie diesen ist das notwendig. - Interessant ist nur, Öffis attraktiver zu machen. Ich glaube, soweit kennt mich jeder, der hier schon ein paar Wochen sitzt, auch bei meiner Einschätzung in der Verkehrspolitik: Der Anteil des mobilisierten Individualverkehrs wird automatisch geringer, wenn die Öffis attraktiv sind. Da braucht man niemanden rüberzuziehen und da braucht man keine Verunmöglichung und da braucht man nicht Verkehrspolitik, wie sie manche Bezirke derzeit ganz bewusst fahren, sondern allein der U-Bahn-Bau ist wirklich ein Anreizgeber, um umzusteigen. (GR Dipl.-Ing. Martin Margulies: Das reicht nicht! Das reicht nicht!) - Ja, das ist Ihre Auffassung, Kollege Margulies. Ich sehe das anders. - Aber diese 3 Milliarden EUR für die Wiener Linien sind halt nicht nur Investitionen. Da geht es ganz wesentlich auch um Betriebskostenzuschüsse - und ich weiß schon, Kollege Meidlinger wird jetzt nicht besonders erfreut schauen, aber man muss sich schon überlegen, wie man in einem Unternehmen auch effizient agiert, und ich denke, da ist gerade bei den Wiener Linien so manche Luft nach oben.

 

Energiewende - auch das ist schon angesprochen worden -: Sie, Herr Stadtrat, haben davon gesprochen, dass bis 2040 670.000 Haushalte auf erneuerbare Energie umgestellt werden sollen. Wunderbar! Ein wesentliches Element dazu wird wohl die Fernwärme Wien sein, die dann auch noch weiter ausgebaut sein wird. Nur, wie wir die kalorischen Kraftwerke in Wien substituieren, dafür liegt eine wirklich vernünftige, nachvollziehbare Lösung noch nicht auf dem Tisch.

 

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