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Gemeinderat, 45. Sitzung vom 28.11.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 97

 

Gara: Das glaub ich nicht!) Und es ist schade, denn vor allem die SPÖ hätte die Möglichkeiten, in dieser Stadt mit ihrem Wahlergebnis sehr viel zu machen, so quasi ist das ja fast eine Alleinregierung. Und wenn man nach Paris schaut, Anne Hildago, ich möchte das nur an einem einzigen Beispiel demonstrieren, was die dort erreicht hat. Am Boulevard Sebastopol fahren in einer Woche 117.000 Radler. In einer Woche, also das sind Zahlen, das können wir uns gar nicht vorstellen, und dass wir uns hier diese Stadt nicht als Beispiel nehmen, das finde ich schade. (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Thomas Weber: Die haben breitere Straßen in Paris, das ist kein Beispiel!) - Sie können sich dann gerne zu Wort melden, Kollege. - Wien ist anders in diesem Bereich, hier ist nichts heiliger als ein Parkplatz oder sogar eine Fahrbahn, und das hat der SPÖ ja auch diesen Spitznamen „SPÖ Diesel“ eingetragen. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: In welchen Kreisen?!) Wer sich auf Social Media herumtreibt, kann das gut nachvollziehen.

 

Ich habe schon gesagt, die Budgetdebatte ist immer eine Gelegenheit, Rückschau zu halten, und das möchte ich jetzt tun. Was waren so die Themen, die uns beschäftigt haben im letzten Jahr? Und wirklich, nichts verdeutlicht mehr die Betonpolitik als das Festhalten an diesen ganzen 70er Autobahnprojekten, dass man heutzutage, wo die Welt brennt, noch an Monsterprojekten wie einem Lobau-Tunnel, einer Lobau-Autobahn, einer S-Spange und einer Stadtstraße festhält, das ist einfach Retro, das gehört sich nicht mehr. (GR Mag. Manfred Juraczka: Warum, Sind Sie so modern, gnädige Frau?!) In Paris bauen sie Radwege, weil jede weitere Straße Verkehr erzeugt. Und wenn Sie den Wiener Klimafahrplan kennen, dann werden Sie sehen, dass eigentlich das Gegenteil gewünscht ist, nämlich eine Reduktion, Ich weiß nicht, in welcher Stadt Sie gerne wohnen würden, Herr Juraczka, Sie fahren wahrscheinlich ins Schwarze Kamel rüber mit Ihrem SUV, das ist nicht die Stadt, in der ich wohnen möchte. (GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM: Im Suff?! - Heiterkeit.) Nein, Entschuldigung, das meinte ich jetzt anders: SUV, entschuldige, aber ich sage das oft so. - Schauen wir zurück (noch immer das Lachen unterdrückend), das Argument für die Stadtstraße war - ich weiß nicht, ob sich noch wer erinnern kann -, die Entlastung der Wohngebiete und der alten Ortskerne. Das war das Argument dafür, mittlerweile kostet es wahrscheinlich eh viel mehr als eine halbe Milliarde. Und was passiert? Genau entlang dieser vierspurigen, autobahnähnlichen Straße entsteht ein Stadtentwicklungsgebiet nach dem anderen.

 

Und jetzt frage ich, das muss doch irgendjemand hier auffallen. Wir haben über Widmungen im Oberen Hausfeld geredet, über Stadtentwicklungspläne im Heidjöchl, es muss doch irgendjemand auffallen, dass dort eine Straße entsteht, gerade gebaut wird, die dann Bewohner mit Verkehrslärm terrorisieren wird. Und ich weiß nicht, warum sich da bei derartigen Widersprüchen innerparteilich kein Widerstand entwickelt. Außerdem, nicht nur Widersprüche, sondern ich frage mich auch, welche Prioritäten hier gesetzt werden. Und es sind oft wirklich vor allem Bezirksvorsteher - immerhin haben Sie, glaube ich, 17 von 23, wenn ich das jetzt richtig im Kopf habe -, wo sehr viele Widerstände herkommen. Wenn ich zum Beispiel wieder in die Donaustadt schaue und über Prioritäten rede, dann fällt mir wirklich immer wieder dieser Sager ein: Zuerst fahren die Autos im Tunnel und dann kann man mit mir über Öffis reden? - Herr Juraczka, vielleicht fällt Ihnen da irgendwas auf, dass das nicht passt. Ich weiß nicht, ich denke mir, solche Aussagen passen nicht mehr zusammen mit dem Jahr 2023, und das in Bezirken, wo wirklich der öffentliche Verkehr darniederliegt. Wenn man sich anschaut, wie die Donaustadt wächst und mit welcher Geschwindigkeit der Öffi-Ausbau wächst, dann weiß man schon, das wird sich nicht ausgehen können.

 

Aber es ist nicht nur der fehlende Öffi-Ausbau in den Flächenbezirken, sondern es sind auch ganz banale Gründe. Oft ist es ein fehlender Radweg, ein fehlender Fußweg, der Menschen ins Auto zwingt. Ich möchte Ihnen das nur an einem Beispiel darlegen: Es wurden vis-à-vis vom Gewerbepark Stadlau Wohnungen für tausende von Menschen gebaut, ohne einen einzigen Nahversorger. Gibt es dort nicht. Die schauen aber genau runter auf den Spar, der ist wirklich so weit weg wie Sie, nur sie können nicht hin, weil da die Gleise dazwischen sind. Man hat einfach vergessen, einen Nahversorger dort hinzubekommen, und auch auf einen Fuß- oder Radweg, um dort hinzugelangen. Und was müssen jetzt die Leute machen? Entweder sie steigen ins Auto und fahren einen ganz, ganz großen Kreis, um zum nächsten Spar oder Billa zu kommen, oder - und das muss man sich einmal vorstellen - sie gehen 600 m in die Gegenrichtung, steigen dort in die Straßenbahn ein, fahren eine Station über die Bahngleise drüber zum Gewerbepark, um dort auszusteigen und einzukaufen. So schaut es dort aus. Und Sie werden es nicht glauben, das ist übrigens ein Missstand, wo sogar der Bezirksvorsteher der Donaustadt mit mir übereinstimmt und sagt, das gehört geändert, und den Ball an die Stadt zurückspielt. Und das ist auch der Grund, warum ich heute hier einen Antrag dazu einbringe. (Beifall bei den GRÜNEN.) Und was mich ja wirklich besonders ärgert, es ist gerade dieses Projekt LiDo, links der Donau - das eigentlich nicht schlecht ist, muss ich sagen - mit großem Tatütata wieder einmal präsentiert worden, und wenn es dann aber wirklich um Konkretes geht, um fehlende Fußwege - genau darum geht’s in dem Projekt, -, das Zufußgehen in Transdanubien zu promoten, und dann schaut man sich die Realität an, schaut die halt ganz anders aus.

 

Zurück zum Blockieren: Schauen wir zurück, oft sind es Dinge, die eigentlich gar nicht viel kosten, denn bei diesem Übergang scheitert es ja angeblich am Geld. Aber es sind oft Dinge, die gar nicht viel kosten, eine 30er-Beschränkung, Radfahren gegen die Einbahn, das kostet eigentlich nichts, aber auch hier wird blockiert, wenn es um nachhaltige Mobilität geht. Und ich habe jetzt kürzlich in einer Zeitschrift folgenden Satz gelesen, den möchte ich Ihnen nicht vorenthalten: Beim derzeitigen Tempo wird die Gleichstellung von Fahrrad und Autoverkehr voraussichtlich in 750 Jahren erreicht. - Also, das sagt schon sehr viel aus, welche Prioritäten in Wien gesetzt werden. Und auf diese Weise geht sehr viel öffentlicher Raum verloren, weil eben vom motorisierten Verkehr nachhaltige Mobilität

 

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