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Gemeinderat, 47. Sitzung vom 19.12.2023, Wörtliches Protokoll  -  Seite 26 von 95

 

Beratungsleistungen. Wir haben vor wenigen Wochen abgefeiert, dass es 150 Millionen EUR zusätzlich für das Gesundheitsbudget für 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gibt. Die Beratungsleistungen beliefen sich ebenfalls auf ungefähr 150 Millionen EUR - für ein paar Firmen. Bei 44 Firmen wurden nämlich mehr als 190.000 EUR ausgegeben. Ich kann meinen Kindern nur empfehlen: Ja, werdet Beratungsdienstleister für den WIGEV! Das ist nicht so wahnsinnig viel Aufwand, Risiko gibt es keines, und der Outcome ist auch ziemlich mager. Es kann euch auch nichts passieren. Ein super Job mit einem relativ fürstlichen Lohn: 36.000 EUR am Tag, hat Kollege Seidl errechnet. Und was mich immer wieder erstaunt - denn wir wissen, wie das abläuft, wenn solche Beratungsfirmen kommen: Die stehen dann im OP oder sie stehen in der Intensivstation oder sonst in der Ambulanz, schreiben alles mit, geben dann einen seitenlangen Bericht ab -: Warum fragt man eigentlich nicht die kompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des WIGEV, die doch ganz genau wissen, wo der Schuh drückt? (Beifall bei der ÖVP.)

 

Dann wurde auch noch Beratungsleistung abgerufen für ein Spitalskonzept 2030, das heißt: SOUND. - Man könnte ja sagen: So, und, was jetzt? Oder: „That sounds not very good“ (Heiterkeit.), denn dieses Spitalskonzept wurde mittlerweile gefühlt 300 Mal geändert, und rausgekommen ist dabei gar nichts, ganz im Gegenteil, die zukunftsfähige Versorgung Wiens ist hier gar nicht abgebildet. Ein Führungskräftetraining: 312.000 EUR für ein Führungskräftetraining! - Da kann ich nur sagen: Na servus! Oder: Eine Recruiting-Beratung für 2,4 Millionen EUR! - Ich weiß nicht, was da recruitet worden ist.

 

Das riecht schon sehr nach Freundschaftsleistungen zwischen dem Vorstand des WIGEV und von Beratungsfirmen. Wenn man diesen Bericht …

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert (unterbrechend): Herr Dr. Gorlitzer, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

 

GR Dr. Michael Gorlitzer, MBA (fortsetzend): Zwei Sätze noch! Ich komme zur Conclusio: Wenn man diesen Bericht der Metallergewerkschaft gegeben hätte, hätten wir nicht so eine vornehme Ausformulierung bekommen. Es ist wirklich eine unglaubliche Blamage, was hier passiert ist. Ich kann nur hoffen, dass aus dem Bericht die richtigen Schlüsse gezogen werden und die richtigen Maßnahmen getroffen werden. - Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Als Nächster zum Wort gemeldet ist GR Deutsch. Bitte.

 

11.20.48

GR Christian Deutsch (SPÖ)|: Frau Vorsitzende! Herr Stadtrat! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Der Bericht des Rechnungshofes zur Vergabepraxis des Wiener Gesundheitsverbundes im Bereich Medizintechnik und Beratung ist ein sehr konkretes Beispiel dafür, wie bedeutend die Tätigkeit des Rechnungshofes für die Verwaltung ist und dass - inhaltlich sehr detailliert, mit konkreten Empfehlungen - ein Bericht vorliegt, um Prozessabläufe nachhaltig zu verbessern. Daher möchte ich mich beim Rechnungshof auch an dieser Stelle ganz herzlich für diesen Bericht bedanken.

 

Was der Inhalt dieses Berichts aber nicht ist - und das möchte ich auch festhalten -, ist das, was hier von den RednerInnen von ÖVP und FPÖ dargestellt wurde, von denen sogar auch kriminelle Energie unterstellt wurde: Er ist kein Skandal. Es ist auch kein Vergabeskandal. Wenn Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, diese 200 Seiten des Rechnungshofberichts im Detail gelesen haben, so werden Sie feststellen, dass im Laufe der Zeit auch immer weniger Mängel festgestellt wurden, bei einem Zeitraum von zwölf Jahren, der überprüft wurde, weil es eben gleichzeitig immer wieder eine Vielzahl konkreter Maßnahmen im Beschaffungsprozess des WIGEV gegeben hat, von der dezentralen Verantwortung in der jeweiligen Verwaltungsdirektion der Kliniken bis zur schrittweisen Etablierung von Servicecentern und bis zur Implementierung der Serviceeinheit Einkauf. Das heißt, diese Empfehlungen sind in Umsetzung, sind umgesetzt und werden daher auch vom WIGEV sehr ernst genommen.

 

Eine zentrale Frage, die sich aber konsequent durch den gesamten Bericht zieht, ist die Notwendigkeit einer lückenlosen Dokumentation, wo Abweichungen von den Vorgaben des Bundesvergabegesetzes überwiegend Mängel in der Dokumentation waren. Das sind aber keine Mängel, die die Wahl des Vergabeverfahrens oder den Zuschlag beeinflusst hätten - das wird auch ganz klar festgehalten. Der WIGEV hat ja gleichzeitig auch eine interne Expertengruppe den gesamten Prozess der Rechnungshofprüfung begleiten lassen, um wichtige praktische Erkenntnisse auch gleich in die Tat umsetzen zu können.

 

Das heißt, wesentliche Erkenntnisse und Schlussfolgerungen sind, dass es keine Mängel, die die Wahl des Vergabeverfahrens oder den Zuschlag beeinflusst hätten, gibt, die Verfahren Rechtsbestand haben und auch keine Bieterbevorzugungen festgestellt wurden. Gleichzeitig weist der Rechnungshof darauf hin, dass die Aufbau- und Ablauforganisation des WIGEV grundsätzlich geeignet ist, eine wirtschaftliche und zweckmäßige Abwicklung von Vergabeverfahren sicherzustellen, und - was ganz wichtig ist - dass der Gesundheitsschutz ein von den Vergabekontrollgerichten anerkannter gewichtiger Grund ist, bei Ausschreibungen hohe Mindest- und Qualitätsanforderungen zu stellen. Das heißt, dass das gesundheitliche Wohl von Patientinnen und Patienten nicht darunter leiden darf, dass aus Kosten- oder Wettbewerbsförderungsgründen eine schlechtere medizintechnische Versorgung bewirkt wird. Das heißt, es sind hier auch völlig andere Voraussetzungen gegeben als etwa im Bereich der Vergabe von Bauleistungen. Es werden hier hochqualitative technische Produkte benötigt, die Menschenleben retten und die auch dafür sorgen, dass die beste Untersuchung und Behandlung von Spitalspatientinnen und- patienten sichergestellt wird.

 

Es gibt auch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs, das zum Gesundheitsbereich klarstellt, dass die Mindestanforderungen aus Gründen des Gesundheitsschutzes sogar so hoch festgelegt werden können, dass nur ein Anbieter auf dem Markt in Frage kommt, auch das ist möglich. Das heißt, das Schutzgut rechtfertigt daher deutlich höhere - und damit den Wettbewerb mehr einschränkende - Qualitäts- und Mindestanforderungen. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt, der auch in diesem Be

 

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