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Gemeinderat, 49. Sitzung vom 24.01.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 49 von 69

 

renz entsprechend hochzuhalten, und natürlich die Gesamtorganisation, was die Beschaffung und die Einkaufsorganisation betrifft.

 

Wenn man sich den Bericht im Detail durchliest, der auf der einen Seite sehr viele dieser Mängel aufzeigt, zurückliegend bis 2010, und nur wenige Fälle in den letzten Jahren nennt, also bis 2021 - der Hauptteil liegt weit davor, in Richtung 2017 -, dann stellt der Rechnungshofbericht klar fest: „Der Rechnungshof erachtet die im überprüften Zeitraum umgesetzte organisatorische Bündelung der Vergabekompetenz als grundsätzlich nachvollziehbar und geeignet, um das Vergabeverfahren effektiv und effizient abwickeln zu können.“ Das ist für mich der Maßstab. Für mich ist der Maßstab, was der Rechnungshofbericht letztendlich zur Umsetzung der Maßnahmen sagt und wie er dies ausdrückt. Daher sehe ich eine massive Veränderung und Verbesserung, gerade auch in Richtung der Transparenz. Denn es ist wirklich wichtig, in einem sehr komplexen System, das das Gesundheitssystem in der Gesamtstruktur ist - letztendlich ist das der größte Gesundheitsdienstleister Europas -, auch die Transparenz, die entsprechend klaren Spielregeln für die Vergaben einzuhalten.

 

Daher ist es mir wichtig, zu sagen und nochmals dafür zu danken, dass der Rechnungshof auch die Umsetzungsmaßnahmen im Detail prüft. - Danke schön. (Beifall bei NEOS und SPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Dr. Jennifer Kickert: Ich darf nun der Rechnungshofpräsidentin, Frau Dr. Margit Kraker, das Wort erteilen. Bitte.

 

14.00.35

Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker|: Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Frau Vizebürgermeisterin! Herr Stadtrat! Hoher Gemeinderat!

 

Ich freue mich, und ich bedanke mich sehr für die Einladung zu dieser Debatte hier im Gemeinderat und auch für die Auseinandersetzung mit dem Bericht des Rechnungshofes zum Thema „Wiener Gesundheitsverbund - Vergabepraxis im Bereich Medizintechnik und Beratung“. Es ist dies eine Prüfung, die wir auf Verlangen des Gemeinderates, nämlich von ÖVP und GRÜNEN, durchgeführt haben. Diese Gebarungsüberprüfung erstreckt sich über einen sehr langen Zeitraum, nämlich von 1. Jänner 2010 bis 31. März 2021. Es handelt sich um eine Prüfung, die auch deshalb relevant ist, weil es um ein hohes finanzielles Volumen geht. Zudem ist die richtige Anwendung des Vergaberechts grundsätzlich etwas sehr Bedeutendes für die öffentliche Hand und für alle Einrichtungen.

 

Wir haben uns, abgeleitet von dem Verlangen, daher mit folgenden Themen auseinandergesetzt: Aufbau- und Ablauforganisation des Gesundheitsverbundes, Prozessmanagement und internes Kontrollsystem, Vergabe-Controlling, Auftragsvergaben in den genannten Bereichen Medizintechnik und Beratungsleistungen.

 

Im Zuge dieser Überprüfung haben wir einzelne Fälle besonders beurteilt, insbesondre 55 risikoorientiert ausgewählte Vergabeverfahren im Bereich Medizintechnik und 11 risikoorientiert ausgewählte Vergabeverfahren im Bereich Beratungsleistungen. Weiters haben wir das Compliance-Management-System geprüft. Im Zeitraum von 1. Jänner 2010 bis 31. Mai 2021 führte der Wiener Gesundheitsverbund im Bereich Medizintechnik insgesamt 1.456 Vergaben mit einer Vergabesumme von jeweils über 50.000 EUR durch. Das Gesamtauftragsvolumen dafür betrug 484,70 Millionen EUR. Im gleichen Zeitraum wickelte der Gesundheitsverbund auch 44 Beratungsleistungen mit einem Auftragswert von jeweils über 190.000 EUR ab. Das Auftragsvolumen der Beratungsleistungen belief sich auf 145,44 Millionen EUR.

 

Was wir gesehen haben, ist, dass der Gesundheitsverbund über keine Aufstellungen zu sämtlichen im überprüften Zeitraum durchgeführten Vergabeverfahren verfügte. Er ließ diese auf Basis von Buchhaltungsdaten erstellen. Zudem fehlten konkrete Vorgaben, um ein aussagekräftiges Vergabecontrolling sicherstellen zu können.

 

Somit gewährleistete die vorhandene Datenlage nicht die notwendige Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Vergabeverfahren insgesamt. So hatte zum Beispiel der Gesundheitsverbund keine Übersicht, ob die Kliniken die in den Rahmenvereinbarungen ausgeschriebenen Geräte tatsächlich abriefen beziehungsweise welche Stückzahl welche Klinik abrief. In diesem Zusammenhang musste der Rechnungshof gewisse Auflistungen dann auch bereinigen.

 

Was die Aufbau- und Ablauforganisation betraf, so bündelte der Gesundheitsverbund im April 2015 die gesamte Vergabekompetenz in der Serviceeinheit Einkauf der Generaldirektion. Diese organisatorische Maßnahme hat der Rechnungshof als nachvollziehbar und auch als geeignet beurteilt, Vergabeverfahren effektiv und effizient abzuwickeln. Ab 2017 setzte der Gesundheitsverbund auch wesentliche Maßnahmen für die Etablierung eines einheitlichen, sich über den gesamten Gesundheitsverbund erstreckenden Prozessmanagements und eines entsprechenden internen Kontrollsystems.

 

Bei der Analyse der internen Vorschriften stellten wir aber Mängel und Schwächen fest. Es fehlten zeitweise Vorgaben, und zwar etwa Vorgaben zur korrekten Ermittlung des geschätzten Auftragswertes, es fehlte eine nach Wertgrenzen differenzierte Verpflichtung, bei der Direktvergabe auch mehrere Angebote einzuholen, und es fehlten Vorgaben zur Angebotsprüfung. Weiters gab es keine lückenlose Funktionstrennung zwischen anfordernder, genehmigender und abwickelnder Stelle. In neun überprüften Vergabefällen startete die anfordernde Stelle statt der abwickelnden Stelle - in Durchbrechung der Funktionstrennung - ein Vergabeverfahren.

 

Von den 1.456 im Bereich der Medizintechnik abgewickelten Vergabeverfahren wählte der Gesundheitsverbund bei 971 Vergabeverfahren ein Verfahren ohne vorherige Bekanntmachung. Durch die Wahl derartiger Vergabeverfahren besteht natürlich die Gefahr der Reduzierung des Wettbewerbs. Öffentliche Auftraggeber nehmen dadurch mögliche wirtschaftliche und technologische Nachteile in Kauf, wenn potenzielle Mitbewerber durch mangelnde Öffentlichkeit keine Kenntnisse von einem Vergabeverfahren erlangen können. Bei der Beschaffung von Medizintechnikleistungen durch den Gesundheitsverbund war eine sehr geringe und darüber hinaus auch im Zeitablauf sinkende durchschnittliche Anzahl von Angeboten je Vergabeverfahren und damit eine Verschlechterung

 

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