Gemeinderat, 51. Sitzung vom 20.03.2024, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 102
hat er die Bewerbung für diese Position der Demokratiehauptstadt verkündet. Es haben sich sieben europäische Städte beworben. Ich habe mir die Mühe gemacht und auf der Homepage der Demokratiehauptstadt diese sieben Städte herausgesucht: Cascais in Portugal, die zwei albanischen Städte Tirana und Durres, Izmir, Bratislava, Leipzig und Danzig. - Cascais in Portugal und Durres in Albanien sind keine wirklichen Metropolen, was aber nichts ausmacht, denn ich meine, es ist schön, wenn viele dabei sind und sich viele Gedanken über die Demokratie in unserem Land beziehungsweise über die Demokratie in Europa machen.
Nun, ein wenig später, im November, hat Herr StR Czernohorszky dann berichtet, dass wir in der Shortlist sind. Aus den sieben Bewerbern wurden fünf. Auch das ist dokumentiert. Die portugiesische Stadt Cascais und die albanische Stadt Durres sind ausgeschieden. Keine der beiden hat über 200.000 Einwohner, dafür haben alle einen sozialdemokratischen Bürgermeister. (Heiterkeit bei GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM.) Soll sein.
Dann - Trommelwirbel! - kam der 12. Dezember, und es wurde verkündet: Wien hat gewonnen! Ich sage es noch einmal: Ich finde das gut, und ich finde es noch immer gut, gerade in Zeiten, in denen Politik sehr oft polarisiert. Demokratie ist ein aufeinander Zugehen, wie ich schon gesagt habe. Demokratie bedeutet, Mehrheiten zu akzeptieren, auch wenn sie einem nicht passen. Man könnte natürlich fragen, weshalb sich Metropolen wie Paris, London, Berlin, Rom, Stockholm, Lissabon, und so weiter nicht beworben haben. Wer nicht will, der hat schon! Wien hat gewonnen. Man könnte natürlich auch fragen: Warum hat die Schweiz, die doch eine große demokratische Tradition hat und damit auch Chancen gegen die beiden Bewerber aus Albanien hätte, nicht mitgemacht? Vielleicht hat auch deshalb niemand mitgemacht, aber, wie gesagt: Wer nicht will, der hat schon. Man könnte auch fragen, wenn es diesen Wettbewerb schon 2 Jahre gibt und sich im 1. Jahr 13 Städte und im 2. Jahr nur 7 beworben haben: Warum ist das so? Aber auch das hätte mich nicht wirklich massiv gestört, denn ich freue mich, dass Wien diesen Titel gewonnen hat!
Aber dann ging es doch ein wenig seltsam weiter, meine Damen und Herren. Nicht einmal 3 Wochen später, am 4. März 2024, hatten wir Finanzausschuss und da hatten wir einen Förderakt über 50.000 EUR am Tisch, eben diesen Förderakt, über den wir heute zu urteilen haben. Und das ist ja im Prinzip nichts Außergewöhnliches. Der zuständige Referent und ich haben uns das genau angeschaut: Was, wer, warum, gab es schon Förderungen in den letzten Jahren? Und diese ECoD gemeinnützige GmbH hat ihren Sitz in der Ungargasse 59 und wurde im Oktober 2021 gegründet. Alles soweit so gut. Auch die Gründung wenige Monate nach der Hochzeit der rot-pinken Regierung in dieser Stadt ist ja an und für sich überhaupt kein Problem. Es ist auch - und ich sage das durchaus explizit - kein Problem, wer in diesem Verein drinnensitzt. Aber ich hätte mir im Zuge einer Transparenz - und ja, auch dieses Etikett haben wir uns immer wieder auf die Fahnen geheftet - erwartet, dass man das zumindest kommuniziert. Der Herr StR Czernohorszky hat zum Beispiel in seiner ersten Aussendung, wo er über eine Bewerbung Wiens bei dem Wettbewerb spricht, nämlich am 20. Juni, davon gesprochen, dass die Initiative ein internationales Städtenetzwerk ist. Es hätte niemandem weh getan, zu sagen, ein Städtenetzwerk, das in Wien beheimatet ist, es wäre transparent gewesen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und von GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc.)
Und wenn ich mir die Personen ansehe, die jetzt in der ECoD sitzen, ein Stefan S., ehemaliger Bundesgeschäftsführer Ihrer Fraktion, ein Helfried Carl, Büroleiter einer SPÖ-Nationalratspräsidentin, ein Edward S., Mitarbeiter eines SPÖ-Generalsekretärs, ein Josef L., der fünf Jahre lang Ihr NEOS-Lab geleitet hat (GR Thomas Weber: Den gibt’s dort nicht mehr!), und viele andere. Ist das per se ein Problem? Nein, selbstverständlich dürfen auch Sozialdemokraten und NEOS sich für die Demokratie einsetzen. Aber es wäre im Sinne der Transparenz interessant gewesen, zu sagen, das sind unsere Leute, die diese Aufgaben übernommen haben. Haben Sie aber nicht getan. Und, meine Damen und Herren, es wird dann zum Problem, wenn man es verschweigt, wenn man lieber von einem internationalen Städtenetzwerk als einem rot-pinken Freundesnetz spricht. Und es wird eben dann zum Problem, wenn man während der gesamten „timeline“, von der Bewerbung am 20. Juni bis zur Übergabe am 20. Februar den Wienerinnen und Wienern nicht sagt, dass die Auszeichnung eben vielleicht durch eine internationale Jury - das will ich gar nicht in Abrede stellen -, aber jedenfalls durch eine GmbH aus der Wiener Landstraße aus der Wiege gehoben wurde. Und es wird dann ein Problem, meine Damen und Herren, wenn wenige Tage nach der Auszeichnung schon der Förderantrag des Auszeichners am Tisch der Stadt Wien liegt. Wir werden diesem Poststück daher nicht zustimmen, was aber nichts daran ändert, dass, wenn wir uns Demokratie auf die Fahnen schreiben und wenn wir den demokratischen Diskurs in dieser Stadt intensivieren und auf eine höhere Ebene setzen wollen, wir dann jederzeit Partner sind, denn wir verstehen die Wichtigkeit des Anliegens.
Aber, meine Damen und Herren, ich bin mit meinen Ausführungen jetzt leider noch nicht zu Ende. Ich habe diese meine Meinung im zuständigen Ausschuss kundgetan, und mir ist bewusst, dass jetzt Redner kommen, die das anders sehen. Und das ist auch legitim. Das ist übrigens Demokratie, andere Meinungen zu akzeptieren, aber was mir in den letzten Tagen sonst noch passiert ist im Zusammenhang mit diesem Poststück, hat mich doch sehr irritiert. Ich habe mir erlaubt, mir diese Herrschaften, die in dieser Initiative federführend dabei sind, ein bisschen genauer anzusehen. Und da gibt es beispielsweise - die einzige Person, deren Namen ich ganz genannt habe - den Herrn Carl, einen karenzierten Beamten des Außenministeriums, langjähriger Büroleiter einer Nationalratspräsidentin, der dieser Stadt mit seiner Initiative ganz federführend die Demokratie nahebringen möchte. Und dieser Herr Carl hat auch ein bewegtes Leben in Social Media. Da schreibt er uns zum Beispiel: „Viele demonstrieren in unserer Stadt gegen autoritäre Strömungen, der ach so
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