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Gemeinderat, 51. Sitzung vom 20.03.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 92 von 102

 

Jetzt haben wir hier die Widmung, ein weiterer Meilenstein, und es geht darum, diese innovativen Prinzipien aus dem Leitbild in die Widmung umzusetzen. Da ist auch viel Gutes dabei. Umso bedauerlicher ist es, dass gerade in dem Feld, wo wir leider Gottes den größten Dissens haben, der auf der anderen Seite aber für den Klimaschutz leider am wichtigsten ist, nicht die letzte Konsequenz gesetzt wurde und im Endeffekt gerade, was den Autoverkehr angeht, wieder einmal auf Beton und Garagen gesetzt wird, anstatt dass man die Ressourcen, die dafür eingesetzt werden, für Leistbarkeit und für Qualität im Wohnbau einsetzt. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Immer wieder wird uns vorgehalten, ihr habt da ja mitgeplant und warum redet ihr das schlecht - das tun wir überhaupt nicht, im Gegenteil. Sie haben es gehört, 2008 gab es das erste Leitbild, und Stadtplanung in der Klimakrise ist eine fortlaufende Weiterentwicklung, Stillstand ist Rückschritt, es geht immer darum, was ist derzeit aktuell, aber nicht nur aktuell, sondern auch für die Zukunft tauglich. Das Stadtentwicklungsgebiet soll ja viele Jahrzehnte, soll bis ins nächste Jahrhundert wirken. Und da sollte man nicht fragen, was brauchen wir jetzt oder gestern, sondern was brauchen wir morgen und übermorgen?

 

Deshalb ist aus unserer Sicht eine Nachschärfung anhand der Klimaziele unersetzlich und alternativlos, wenn man die eigenen Klimaziele ernst nimmt. Darum kämpfen wir gemeinsam mit der BürgerInneninitiative Nordwestbahnhof - heute ist ein Vertreter auf der Galerie hier - dafür, dass im Endeffekt im Nordwestbahnhof weniger Beton und Verkehr herrschen werden und es mehr Grün und Qualität geben soll. Nachdem schon seit einigen Monaten oder den letzten Jahren absehbar ist, dass es wenig Bereitschaft für Bewegung gibt, ist auch die Initiative nach mehreren Instanzen tatsächlich vor Gericht tätig und versucht, nachdem es auf politischem Wege offenbar nicht gefruchtet hat, auf gerichtlichem Wege mehr Klimaschutz durchzusetzen. Es wurde eine Revision des Umweltverträglichkeitsbescheids eingebracht, und es gibt sehr gute Chancen, dass die auch durchgeht. Das heißt, wenn wir heute hier widmen und die Umweltverträglichkeit nicht gegeben ist, dann werden wir das neu widmen müssen.

 

Worum geht’s? Im Endeffekt geht es darum, mehr Klimaschutz zu machen. Dass man sich da sperrt, ist mir unverständlich. Worum geht’s im Endeffekt? Ein wesentliches Manko: In der Innenstadt wird das Maximum an Autoverkehr, an Garagen geplant, das aktuell gesetzlich möglich ist. Bei der letzten Debatte - und ich möchte das Argument vorwegnehmen -, hat der Kollege Valentin gesagt, er hofft, dass mit der neuen Bauordnung, wo diese Garagenbaupflicht ein bisschen reduziert wurde, das Thema aus der politischen Diskussion herausgenommen wird. Das sehen wir fundamental anders. Denn wenn dem letzten innerstädtischen Stadtentwicklungsgebiet das Maximum an Garagenbau vorgeschrieben wird, während gleichzeitig dieselbe Stadt, dieselben Planerinnen und Planer dem Stadterweiterungsgebiet in Rothneusiedl, wo wohl niemand hier in diesem Raum behaupten kann, dass das besser angebunden ist als der Nordwestbahnhof, der eine Schnellbahnstation hat, der eine U-Bahn-Station hat, der eine eigene Straßenbahn bekommt, weniger als die Hälfte an Garagenplätzen vorgeschrieben werden, dann ist wohl klar, worum es geht. - Da geht es einfach darum, dass auf der einen Seite wohl die Bezirks-SPÖ im 10. Bezirk ein bisschen progressiver ist als die Bezirks-SPÖ im 20. Bezirk, die sich einfach mehr Garagen wünscht und dem nachgegeben wird. Das finden wir einen schweren Fehler, das unseren zukünftigen Generationen umzuhängen. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Es geht aber nicht nur um Klimaschutz, es geht auch um Qualität und Leistbarkeit im Wohnen. Wenn man etwa die Pflicht zum Garagenbau auf dasselbe Niveau absenken würde wie zeitgleich in Rothneusiedl, dann würde man sich in diesem Gebiet ganze 50 Millionen EUR an Geld für Beton und Garagen sparen. 50 Millionen, die auf der einen Seite den Wohnbau teurer machen, die aber auf der anderen Seite auch zum Beispiel in Qualität investiert werden könnten, in soziale Infrastruktur, die in Begrünung investiert werden könnten oder, wie gesagt, die am Ende einfach die Mieterinnen und Mieter den Bauträgern weniger zurückzahlen müssten. Und das bei Klimazielen, die vorsehen, dass diese Garagen in der Zukunft leerstehen sollen. Das ist einfach wirklich ein Fehler, der nicht wiedergutzumachen ist. Anders als in anderen Stadterweiterungsgebieten werden dort nicht Hochgaragen geplant, die dann nachträglich anders genutzt werden können, sondern das sind Tiefgaragen im 2., im 3. Untergeschoß. So viele Schwammerl, wie man dort züchten könnte, brauchen wir in Wien überhaupt nicht. Mit denen wird man in der Zukunft einfach nichts mehr anfangen können.

 

Deshalb möchte ich hier erstens einen mündlichen Absetzungsantrag stellen. Warum? Das ist gerichtsanhängig. Ich halte es nicht für sinnvoll, dass man jetzt diese Widmung macht, um dann in einigen Monaten oder Jahren wieder zurückrudern zu müssen. Deshalb wäre es einfach sinnvoll, das abzuwarten, solange diese Umweltverträglichkeit gerichtlich geklärt ist.

 

Da ich allerdings nicht davon ausgehe, dass Sie unserem Ansinnen positiv gegenüberstehen, das ich trotzdem symbolisch einbringen möchte, bringen wir auch den Antrag ein, dass zumindest dieser Fehler des Stellplatzregulatives, der riesigen Garagen korrigiert wird auf ein Niveau, wie es derzeit zeitgemäß und international angewandt wird. Das würde zum Beispiel auch ermöglichen, dass man das nicht so machen könnte, dass sich die Stichstraßen, also die Zufahrten in dieses Gebiet, die sich momentan in den Park hineinfressen, wie das in anderen heute zeitgemäßen Stadtentwicklungsgebieten wie etwa in Paris passiert, wo auch auf einem Frachtenbahnhof umgekehrt nicht die Straße in das Gebiet hineinwächst, sondern der Park herauswächst in die Umgebung, in die angrenzenden Grätzln, sodass auch die Anrainerinnen und Anrainer, die heute schon dort wohnen und zu wenig Grün haben, wirklich sehen, dass sie auch etwas davon haben.

 

Wir stehen zur Nachverdichtung, wir stehen zur Stadtentwicklung im Inneren, aber bitte klimagerecht und mit dem nötigen Weitblick. Deshalb hoffe ich, wenn Sie schon heute vielleicht nicht zustimmen, dass zumindest in weiterer Folge ein Umdenken passiert, wie es schon so oft mit unseren Anträgen passiert ist. Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

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