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Gemeinderat, 56. Sitzung vom 26.06.2024, Wörtliches Protokoll  -  Seite 94 von 104

 

Mitarbeiterinnen der MA 40 und der MA 50 leisten da großartige Arbeit. Zwischen dem Wohnressort und dem Sozialressort steht jedoch quasi ein große Thujahecke, und diese steht dort schon seit Jahrzehnten. Jetzt hat man irgendwann einmal die gute Idee gehabt, man könnte das doch zu einer einheitlichen Leistung zusammenführen, denn es versteht in Wirklichkeit niemand da draußen, warum wir zwei Leistungen haben, die auf das Gleiche abzielen.

 

Man hat dann viel Geld in die Hand genommen und hat den FSW beauftragt, dieses einheitliche Wohngeld zu entwickeln. Man hat insgesamt 2,4 Millionen investiert und - wie ich leider sagen muss - in den Sand gesetzt. Es ist ein Konzept geschrieben worden. Es ist sogar ein Büro angemietet worden. Es ist Personal angestellt worden. Es hat Ablaufpläne gegeben. Es hat ein EDV-Programm gegeben. Irgendwann waren all diese Ausgaben, alle diese Investitionen, all dieser Einsatz jedoch sozusagen „blowin‘ in the wind“ für nichts und wieder nichts, und zwar deshalb, weil die Wohnbaustadträtin ihren Schrebergarten behalten will und weil der Sozialstadtrat seinen Schrebergarten behalten will.

 

Unterdessen hat man nichts dagegen getan, dass die Wohnbeihilfe - und ich habe ein kleines Taferl mit, damit es so spät am Abend noch ein bisschen spannend wird - nach und nach an Wert verliert. Ich möchte Ihnen das ein bisschen erläutern: Im Jahr 2023 lag die Wohnbeihilfe inflationsbereinigt und bevölkerungswachstumsbereinigt um 118 Millionen EUR unter dem Niveau von 2018, also um 118 Millionen EUR allein im Jahr 2023. Die Reform, die jetzt gemacht wurde, ist richtig, aber sie kam viel zu spät.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Insgesamt - und diesen Vorwurf erspare ich auch uns nicht - sind 775 Millionen EUR seit 2018 nicht dort geflossen, wohin sie gehören würden, und 1 Drittel davon in den letzten 3 Jahren. Als die Inflation und die Not am größten waren, hat die Wohnbeihilfe versagt, und das ist allein Ihre Verantwortung. Wir haben Sie darauf hingewiesen. (Beifall bei den GRÜNEN. - Amtsf. StRin Mag. Veronica Kaup-Hasler: Der Bund hätte etwas tun können!) Was der Bund mit der Wiener Wohnbeihilfe zu tun hat, Kollegin, kann ich echt nicht verstehen!

 

Noch ein Beispiel, woran man diese Schrebergartenproblematik sieht: Es gibt jetzt einen Online-Wohnbeihilferechner, und es ist wirklich super, dass man jetzt relativ einfach vorberechnen lassen kann, ob und in welcher Höhe man Anspruch auf Wohnbeihilfe hat. Das Problem mit diesem Wohnbeihilferechner ist allerdings, dass man damit keine Mietbeihilfe berechnen kann. Da wird man nämlich nur wieder darauf verwiesen, dass dafür ein anderes Ressort beziehungsweise eine andere Abteilung zuständig ist. Das zeigt doch, wie absurd diese Regelung ist, dass wir uns immer noch zwei Ressorts, zwei Abteilungen und zwei Bescheidsysteme dafür leisten. Das muss anders werden, sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Wenn wir an das Wien von morgen denken, dann müssen wir jedenfalls sicherstellen, dass niemand mehr als ein Viertel des Haushaltseinkommens fürs Wohnen, also für eine angemessene Wohnung, ausgeben muss, und das kann man nur durch einheitliches und bürgerInnenfreundliches Wohngeld sicherstellen, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Ein weiteres Beispiel möchte ich im Zusammenhang mit Wohnungslosenhilfe und sozialem Wohnbau bringen. Wir haben im Sozialressort den FSW beauftragt, eine professionelle und engagierte Wohnungslosenhilfe in Wien zu schaffen, mit der wirklich gut gearbeitet werden kann. Wir haben die richtige Strategie. Wir setzen auf Housing First und nicht mehr auf das Lernen des Wohnens in einem Stufensystem. Alles ist in die richtige Richtung ausgerichtet, doch woran fehlt es? Es fehlt an Wohnungen, um dieses System umzusetzen, und das ist absurd! Dieses System des Housing First wäre nämlich auch volkswirtschaftlich deutlich günstiger. Wir schaffen es aber nicht, diesem System ausreichend Wohnungen zuzuführen, damit wir es umsetzen können. Auf der Wohnbauressortseite haben wir den Gemeindebau Neu, Es ist auch super, dass wir da wieder eingestiegen sind, es werden aber die eigenen Ziele nicht eingehalten. Gemeindebauten werden nicht in ausreichender Zahl produziert.

 

Dass Wohnbauförderungsgelder zweckentfremdet eingesetzt werden, habe ich schon angesprochen. Wir haben nicht genug leistbare Wohnungen, und wir haben keinen ausreichenden Wohnbau für Housing First, und das ist das Problem. Das Sozialressort macht Wohnungslosenhilfe, das Wohnressort macht Wohnungspolitik, und man tut so, als hätte das nichts miteinander zu tun. Die Menschen, die Wohnungslosenhilfe brauchen, warten viel zu lange auf leistbare Wohnungen, und das darf nicht so sein, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

In Wien waren 2022 mehr als 11.000 Personen als wohnungslos gemeldet. Das sind die letzten Zahlen, und das muss sich aus unserer Sicht ändern. Wir brauchen in Wien ein ambitioniertes Programm, um die Wohnungslosigkeit zu beenden. Das heißt, wir brauchen ein Kontingent aus dem Gemeindebau, ein Kontingent aus dem sozialen Wohnbau, aber auch Kontingente aus dem privaten Wohnbau, um sicherzustellen, dass wir Housing First endlich umsetzen können. Und das bedeutet auch, dass eine ausreichende ganzjährige Notversorgung sichergestellt wird, damit niemand auf der Mariahilfer Straße oder sonst wo auf der Straße nächtigen muss. Sehr geehrte Damen und Herren, das können wir uns als reiche Stadt leisten! (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Letzter Punkt - Kindermindestsicherung: Auf Bundesebene fordert die Sozialdemokratie Kindergrundsicherung. Bei der Sozialhilfe, wofür die Länder zuständig sind, weigert man sich aber, die Kindermindestsicherung armutsfest zu gestalten. Und ich erinnere daran: Wir haben diesbezüglich zuletzt einen Antrag gestellt. Wir sind mit den Mindeststandards pro Kind immer noch deutlich unter dem Wert der Armutsgefährdungsschwelle von EU-SILC. 50.000 Wiener Kinder sind im Bezug von Mindestsicherung, das ist immerhin 1 Drittel der BezieherInnen insgesamt. Es würde gar nicht so viel Geld kosten und Mittel erfordern, um diesen Richtsatz dort hin anzuheben, dass wir zumindest einmal bei der Armutsgefährdungsschwelle

 

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