Landtag,
6. Sitzung vom 30.1.2002, Wörtliches Protokoll
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das war jetzt keine tatsächliche Berichtigung, sondern eine
Feststellung. (Abg Michael Kreißl: Oh
doch! Das, was er falsch gesagt hat, habe ich berichtigt!)
Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg Dr Vana.
Ich erteile ihr das Wort.
Abg Dr Monika Vana
(Grüner Klub im Rathaus): Sehr
geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und
Herren!
Nach diesen emotionalen Grundsatzbekenntnissen zur
Bedienstetenfreundlichkeit der jeweiligen politischen Parteien und zur
politischen Standortbestimmung habe ich es nun ein bisschen schwer, Ihre
Aufmerksamkeit auf ein Sachthema zu lenken, denn der Wahlkampf ist
offensichtlich auch in diesem Hause voll ausgebrochen. Ich würde mich freuen,
wenn die Debatten über das Bedienstetenrecht auch in Nichtwahlkampfzeiten so
emotional und so engagiert geführt würden und wenn Sie alle Ihre Forderungen
auch nach dem 8.5. genauso aufrecht erhalten und engagiert vorbringen würden!
Für uns Grüne
gibt es einige Gründe, den heute vorgelegten Entwurf abzulehnen. Meine Kollegin
Dr Pilz hat schon einige davon genannt. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit heute
auf ein Thema lenken, das noch nicht angesprochen wurde, nämlich auf die
Änderungen im Wiener Gleichbehandlungsgesetz, die wir heute auch vornehmen
wollen und werden, wo wir Grüne
fürchten, dass es durch diese Änderungen zu einer Falle für die Frauen kommt.
Präsidentin Erika Stubenvoll (unterbrechend):
Ich würde die Abgeordneten im Saal bitten, ein bisschen ruhiger zu sein, man
versteht sonst die Rednerin überhaupt nicht. Bitte, wenn Sie so lieb sind und
die Gespräche hinter den Bankreihen etwas einstellen.
Abg Dr Monika Vana
(fortsetzend): Wir wollen nicht, dass
es im öffentlichen Dienst zu einer Verschlechterung für Frauen bei der
Einstellung und bei der Beförderung kommt.
Es geht um Folgendes: Nach der Judikatur des
Europäischen Gerichtshofs wird die positive Diskriminierung von Frauen - wie
sie auch im Wiener Gleichbehandlungsgesetz vorgesehen ist, was wir sehr
begrüßen und als ganz wichtiges Instrument für die Frauenförderung empfinden -
nun ziemlich eingeschränkt, indem Frauen nicht mehr automatisch bei gleicher
Qualifikation bevorzugt werden dürfen, sollen und nach dem Wiener Gleichbehandlungsgesetz
auch müssen, sondern es wird in dem Sinne eingeschränkt, dass auch
berücksichtigt werden muss, dass es in der Person eines Mitbewerbers liegende
Gründe geben kann, eben nicht der Frau den Vorzug zu geben, sondern zum
Beispiel trotz gleicher Qualifikation einem Mann. Der Passus, den wir im
Artikel 4 Abs. 2 und 3 des vorliegenden Entwurfs einfügen, lautet:
"Sofern nicht in der Person eines Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen,
dürfen Frauen nur mehr bevorzugt aufgenommen werden."
Wir fürchten, dass es durch diese so genannte
Öffnungsklausel, die ihren Namen wirklich verdient, weil es aus unserer Sicht
zu einer negativen Öffnung des Rechtsverstands kommt, nicht nur zu einer
Aushöhlung der positiven Diskriminierung kommt, sondern dass das auch ein
Rückschritt für die Frauenförderung insgesamt ist, nämlich deshalb, weil wir
nicht genau definieren, wie wir diese Gesetzesbestimmung auslegen und was für
uns die Gründe sind, die wir jetzt zusätzlich zur Qualifikation berücksichtigen
dürfen. Das könnten zum Beispiel soziale Kriterien sein, das könnte der
AlleinverdienerInnenstatus sein, das könnte das Einkommen des Partners oder der
Partnerin sein. Das wollen wir sicher nicht!
Das will übrigens auch die Europäische Union nicht.
Sie hat im Amsterdamer Vertrag ganz klar festgelegt, dass Chancengleichheit und
Förderung der Gleichstellung ein Gemeinschaftsanliegen ist. Das steht im
Primärrecht. Auch der EuGH hat zum Beispiel festgestellt, dass Partner- oder
Partnerinneneinkommen oder der Status des Ehepartners oder auch der
Familienstand keine Kriterien sein sollten, aber eben nur sein sollten. Der
Bundesgesetzgeber und jetzt auch der Wiener Gesetzgeber hat, Göttin sei Dank,
eine wichtige Klarstellung dazu getroffen, was nicht als Kriterium herangezogen
werden kann. Sie haben in Ihrem Entwurf festgeschrieben, dass die in der Person
eines Mitbewerbers liegenden Gründe gemäß Abs. 1 gegenüber Bewerberinnen
keine unmittelbar oder mittelbar diskriminierende Wirkung aufweisen dürfen. Das
ist eine ganz wichtige Klarstellung, denn hier wird festgeschrieben, was es
nicht sein darf. Sie haben auch in der Begründung geschrieben, dass im Sinne
des Urteils des Europäischen Gerichtshofs davon auszugehen sein wird, dass der
Familienstand oder das Einkommen der Lebenspartnerin keine zu
berücksichtigenden Kriterien darstellen sollen. Das ist - wie gesagt - eine
ganz wesentliche Klarstellung, dass es nicht zu einem Umgehen der positiven
Diskriminierung klammheimlich durch die Hintertür kommt.
Aber das ist uns zu wenig!. Es ist uns Grünen nämlich deshalb zu wenig, weil es
zwar aussagt, was es nicht sein darf, aber nicht aussagt, was es denn jetzt
sein darf, was denn eigentlich diese neue Klausel an Anforderungen nach sich
zieht, was der Dienstgeber eigentlich als Kriterium heranziehen darf, nämlich
nicht nur darf, sondern muss. Denn wir haben hier keine Kann-Bestimmung,
sondern wir haben eine Muss-Bestimmung. Es müssen Gründe beziehungsweise
Kriterien gefunden werden, die herangezogen werden müssen. Das halten wir für
eine ganz wichtige Falle und wir wollen, dass wir - damit meine ich jetzt die
Gemeinde Wien - alles dazu tun, dass die Gemeinde Wien dieses neue Recht nicht
so auslegt, wie es leider - wir wissen das von vielen Fällen der
Gleichbehandlungskommission - ausgelegt wird, nämlich, dass zum Beispiel ganz
abstruse Gründe herangezogen werden, warum bei einer Bewerbung dem Mann und
nicht der Frau der Vorzug gegeben werden soll.
Das sind so abstruse Gründe, wie dass der Präsenzdienst des Mannes
für die Qualifikation erforderlich ist. Das sind so abstruse Gründe, wie
mangelnde Mobilität von Frauen, allein auf Grund der Tatsache, dass sie Kinder
zu betreuen haben. Das sind Gründe, wie - ich habe hier eine Beschwerde
vorliegen, die sich darauf
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