Landtag,
10. Sitzung vom 25.09.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 32
wird es so sein, dass
die Vertreter der UNESCO - und das haben sie ja in Budapest schon sehr erbost
und sehr klar und deutlich zum Ausdruck gebracht - mit dieser Vorgangsweise
einfach auch nicht einverstanden sein können. Es gibt dann ja auch fast keine
Gesprächsbasis und keine Vertrauensbasis mehr, wenn man seit Jahren, nämlich
seit fast zwei Jahren - ja, ich sage es ganz offen ,- angeschwindelt, bewusst
angeschwindelt und in dieser Frage eigentlich an der Nase herumgeführt wird.
Wenn die Vertreter von UNESCO und ICOMOS draufkommen, dass das so ist, dann
stellen sie sich ja auch die Frage: Welche Intention hat die Stadt Wien, dass
sie so vorgeht? Warum schwindelt sie die Herrschaften der UNESCO und der ICOMOS
an? Warum? Was ist der Hintergrund?
Der Hintergrund ist klar: Sie wollen das
Weltkulturerbe aufs Spiel setzen. Sie wollen mit allen Mitteln das Projekt
Wien-Mitte durchpeitschen, obwohl Sie wissen, dass das nicht im Einklang mit
der Welterbeliste steht. Und Sie gehen sogar so weit - und das haben wir immer
befürchtet -, dass das letztlich ein Startschuss für eine Hochhausverbauung
rund um die Wiener Innenstadt sein soll. Das sehen wir am Beispiel des Hotels
"Wien Mitte" ...
Präsident
Johann Hatzl (unterbrechend): Darf ich Sie bitten, zum Schluss zu kommen!
Abg Heinz
Christian Strache (fortsetzend): ... für welches uns
jetzt - ich komme damit zum Schluss - Pläne vorliegen, wonach, ausgehend von
sichtbaren 55 Metern Höhe heute, auch eine Verbauung auf 68 Meter
vorgenommen werden soll.
Wir waren
immer konstruktiv. Wir haben immer gesagt: Bis zu einer Bauhöhe von
65 Metern lassen wir mit uns reden. Auch die ICOMOS und die UNESCO haben
gesagt: Bis zu einer Höhe von 65 Metern stehen wir dafür ein, da
unterstützen wir das auch. Aber alles, was darüber hinausgeht, ist nicht
legitim.
Sie sollten
sich das bei diesem Projekt zu Herzen nehmen. Sie sollten hier endlich eine
Kehrtwendung einschlagen, das Weltkulturerbe retten und endlich auch unsere
Warnungen ernst nehmen und nicht immer polemisch zur Seite schieben. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident
Johann Hatzl: Zum Wort
gemeldet ist Herr Abg Mag Chorherr.
Abg Mag
Christoph Chorherr (Grüner Klub im Rathaus): Meine Damen
und Herren!
Architektur- und Stadtplanungsfragen können sich
einerseits auf Höhe und Kampffelder reduzieren - oder man bemüht sich, eine
Spur differenzierter an diese Fragen heranzugehen. Ich versuche, den
schwierigeren zweiten Weg zu gehen.
Zunächst zu
den Ausführungen von Herrn Strache. - Ich frage Sie: Lässt man das Projekt so,
wie es ist, und baut statt 97 nur 85 Meter, oder 83 (Abg Heinz Christian Strache: 65!) - oder 65 -, und alles Übrige
bleibt so, wie es ist, ist das dann ein Projekt beziehungsweise eine
Vorgangsweise, die okay ist? - Ich bezweifle das. Ich glaube, dass die
Reduktion dieser gesamten komplexen und schwierigen Debatte auf nur diesen
einen Aspekt ein bezeichnendes Licht auf die Stadtplanung in Wien und deren
Schwächen wirft. Man kann diese Debatte nicht auf die Frage der Höhe von Türmen
reduzieren und man kann auch nicht mit dem Maßstab in Wien herumlaufen und
sagen: 65 , 65 , 65 oder 18 , 18 , 18 oder
5 , 5 , 5 - was immer -, und damit an Fragen der Architektur und
Stadtplanung herangehen.
Ja, es gibt
Standorte - zum Beispiel am Donaukanal -, wo auch in der Nähe der Innenstadt
höhere Verbauungen sinnvoll sind; aber das ist nicht der Kern der
Auseinandersetzung. Es geht um sehr viele andere Dinge, die im Zusammenhang mit
Wien-Mitte falsch gelaufen sind und über die wir sprechen sollten.
Erstens. Ein
Projekt, das derartig in einen Raum eingreift, gehört frühzeitig und
transparent diskutiert. Erster schwerer Fehler des früheren Stadtrats - der
wieder hier sitzt - und auch des neuen Stadtrats: Lange, nachdem alles fertig
war, bequemte man sich am Schluss, ein Modell vorzustellen, anstatt schon vor
der Widmung eine sehr kontroverse offene Debatte darüber zu führen, ob diese
Kubatur, diese Architektur an diesem Standort notwendig und möglich ist.
Ein Zweites
betrifft die grundsätzlichen Verfahren, wie mit höheren Verbauungen umgegangen
wird. Ich nenne nur ein Beispiel: Es gibt nahezu kein Hochhaus, das in den
letzten fünf Jahren in Wien gebaut wurde, bei dem nicht mittels des ominösen
§ 69 BO von der Widmung abgewichen wurde. Ich zähle im Folgenden einige
Beispiele dazu auf.
Der IZD-Tower
bei der UNO-City: Man beschließt hier eine Widmung und dann kommt der berühmte
Paragraph des Bauausschusses betreffend unwesentliche Abweichungen von den
Bebauungsbestimmungen - und dann baut man auf ein Hochhaus ein Hochhaus darauf!
Oder: Der
Mischek-Tower auf der Platte.
Oder: Der
Millenniums-Tower. Bei diesem ist es besonders interessant: Der
Millenniums-Tower ist 140 Meter hoch gewidmet und auf Grund von
"unwesentlichen Abweichungen" von den Bebauungsbestimmungen ist er
heute 200 Meter hoch. "Unwesentlich" sind also beispielsweise
60 Meter Differenz. - Das ist ein Sauhaufen in der Planung und in der
Baupolizei Wien! So etwas gehört unmittelbar abgestellt! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Wozu,
meine Damen und Herren, widmen wir überhaupt noch? Und wer weiß, was jetzt auch
bei Wien-Mitte noch alles daherkommen wird!
Nächster
Punkt: die Konstruktion des Fachbeirats, der begutachtet. Besonders delikat
stellt sich die Situation jetzt beim Projekt Hilton dar. Um die
Differenziertheit der Frage hier herauszuarbeiten, sei erstens gesagt: Ja, das
Hilton gehört saniert. Beim Hilton kann man auch auf dem Dach etwas tun. So,
wie es jetzt ist, ist es die schlechteste Möglichkeit.
Zweitens. Architekt
Hollein ist ein profilierter, hervorragender Architekt. Selbstverständlich ist
es eine Denkmöglichkeit, auch den Architekten Hollein zu beauftragen. Aber wo
wird es wieder so komplex und wo riecht es nach Unkorrektheiten? - Der
Vorsitzende des Fach-
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