Landtag,
11. Sitzung vom 13.12.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 46 von 90
kurzem gesehen habe: Vor einem Jahr hat sich der
Kollege Gerstl - jetzt ist er draußen - bei einem Landesparteitag der ÖVP noch
für das kommunale Wahlrecht ausgesprochen, wenn ich den Medien das richtig
entnommen habe. Ich habe damals auch die Möglichkeit gehabt, mit ihm bei einem
kleinen Privatsender darüber zu diskutieren, und da hat der Kollege Gerstl noch
ganz andere Standpunkte vertreten, als Sie jetzt vertreten. (Zwischenruf des
Abg Gerhard Pfeiffer.) Ich bedaure jedenfalls, dass sich bei Ihnen die
Diskussion in diese Richtung entwickelt hat. Aber jetzt eine derartige
Argumentation zu verfolgen, wie das der Kollege Pfeiffer und der Kollege Ulm
hier getan haben, ist wirklich reichlich absurd.
Auch was der Kollege Strache gesagt hat, dass die
Staatsbürgerschaft ausgehöhlt würde, ist absolut absurd und stimmt überhaupt
nicht mit der Wirklichkeit überein. (Zwischenruf des Abg Gerhard Pfeiffer.)
Das Gutachten von Univ Prof Heinz Mayer nimmt ja auch
klar Stellung zum Wirkungsbereich der Wiener Bezirksvertretungen. Jetzt zitiere
ich, wobei ich allerdings die jeweils in Klammer angeführten Paragrafen nicht
mitzitiere:
"Eine nähere Betrachtung zeigt, dass sich dieser
Wirkungsbereich im Wesentlichen auf solche Angelegenheiten bezieht, die den
Alltag der Einwohner eines Bezirks unmittelbar berühren. Die Befugnisse der
Bezirksvertretungen umfassen vorwiegend Vorschlags- und Mitwirkungsbefugnisse
in Angelegenheiten der Infrastruktur und der Verkehrsprobleme eines Bezirks,
der Standorte von Pensionistenklubs, der bezirksspezifischen Sozialprobleme und
der sozialen Dienste der Kindertagesheime, der Jugendspielplätze und zum
Beispiel der Kinderfreibäder und der Volks- und Warmbäder."
Und dann heißt es weiter: "Schon diese Beispiele
zeigen, dass die Wiener Bezirksvertretungen im Wesentlichen dazu berufen sind,
an der Gestaltung des unmittelbaren Lebensraums der Einwohner eines Bezirks
durch Erstattung von Vorschlägen und Stellungnahmen mitzuwirken. Ihre Aufgabe
besteht nicht in der politischen Gestaltung des Gemeinwesens im engeren Sinn,
sondern darin, die unmittelbaren Lebensbedingungen der Einwohner eines Bezirks
mitzugestalten. Es liegt auf der Hand, dass es sich dabei um Angelegenheiten
handelt, die für jeden einzelnen Einwohner und für das alltägliche
Zusammenleben von Bedeutung sind. Eine darüber hinausgehende Aufwertung zur
politischen Vertretung kommt der Wiener Bezirksvertretung nicht zu."
Und dann kommt noch ein sehr wichtiger Hinweis weiter
unten. (Zwischenruf des Abg Gerhard Pfeiffer.) Ich diskutiere jetzt
sachlich, und da haben, glaube ich, Ihre Zwischenrufe wenig Platz, Kollege
Pfeiffer, weil Sachlichkeit haben Sie heute und auch sonst selten an den Tag
gelegt. (Beifall bei der SPÖ. - Zwischenruf des Abg Gerhard Pfeiffer.)
Und dann weiter unten heißt es bei Prof Mayer:
"Entscheidend für die Zahl der Mitglieder, die eine Wiener
Bezirksvertretung hat, ist also nicht die Zahl der Wahlberechtigten oder der
Staatsbürger, sondern die Zahl der tatsächlich im Bezirk wohnenden natürlichen
Personen." Das heißt, für die Zahl der Mitglieder der Bezirksvertretungen
werden die ausländischen Mitbürger herangezogen. Folge dessen ist es ein
logischer und auch juristisch logischer Schritt, dass es hier durchaus dazu
kommt, weil es sonst eben zu Unrecht billigere und teurere Mandate gibt.
Zu den Kollegen und Kolleginnen von den GRÜNEN möchte
ich noch etwas zu den fünf Jahren sagen. Wir haben ja schon darüber diskutiert.
Es geht aus den Gutachten auch hervor, dass diese fünf Jahre natürlich auch
einen höheren Sachlichkeitsgrad im verfassungsrechtlichen Sinn bewirken und
dass dieses Gesetz noch sicherer verfassungsmäßig ist, wenn man diese fünf
Jahre Aufenthaltsdauer hineinschreibt. Das heißt nicht, wenn man es nicht
hineinschreiben würde, dass es umgekehrt schon sicher verfassungswidrig wäre.
Das heißt es nicht. Aber wenn man fünf Jahre Aufenthaltsdauer hineinschreibt,
dann ist es noch sicherer verfassungskonform, und ich glaube, dass das durchaus
ein gutes Argument ist.
Und auch da zitiere ich noch einmal den Prof Mayer:
"Das Erfordernis eines fünfjährigen ununterbrochenen Hauptwohnsitzes in
Wien für die Einräumung des aktiven und passiven Wahlrechts von
Nicht-EU-Ausländern zu den Bezirksvertretungen, wie dies in Aussicht genommen
ist, ist jedenfalls angemessen und verstärkt das Element der Sachlichkeit. Wer
fünf Jahre lang ununterbrochen seinen Hauptwohnsitz in Wien hat, dessen
Interesse an der Mitgestaltung seiner unmittelbaren Umwelt hat eine Verdichtung
erlangt, die ein Wahlrecht sachlich rechtfertigt."
Das sind die Worte aus diesem Gutachten, und insofern
ist es, glaube ich, auch richtig, dass es ein gutes und sogar ein besseres
Gesetz ist. Wenn wir auf die Vorschläge der GRÜNEN eingehen würden, würde das
möglicherweise bedeuten, dass das Gesetz nicht hält, und ich glaube, das wäre
nicht sinnvoll.
Auch sonst möchte ich zur Kollegin Vassilakou, zu
ihrer im Großen und Ganzen durchaus seriösen Stellungnahme sagen, dass Dublin
natürlich kein besonderes Vorbild sein kann. Irland ist kein Zuwanderungsland,
wie es in einem gewissen Sinn Österreich sicher ist, sondern Irland war immer
ein Auswanderungsland. Die haben schon einmal doppelt so viele Einwohner gehabt
wie jetzt und haben kaum eine Zuwanderung. Es ist deshalb die ganze Situation
dort überhaupt nicht mit unserer zu vergleichen. Und alle anderen Städte und
Vorbilder haben durchaus eine gewisse Aufenthaltsdauer auch beim
Migrantenwahlrecht, und zwar in der Regel drei oder fünf Jahre. Und insofern
scheint mir auch in der Hinsicht das durchaus gerechtfertigt.
Einen Punkt muss ich unbedingt noch bringen, und zwar
weil immer vom fairen Wahlrecht gesprochen wird. Es wird das faire Wahlrecht
erwähnt, und es wird immer gesagt, wir hätten kein faires Wahlrecht.
Es ist so, dass wir in Wien grundsätzlich ein
Proportionalwahlrecht haben und dass dieses Proportionalwahlrecht nur einen
leicht mehrheitsfördernden Charakter
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular