Landtag,
14. Sitzung vom 24.04.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 83
Institution, der Europäischen Zentralbank - auch dies ein
Ausdruck der Europäer und Europäerinnen, dass sie willens und bereit sind,
jenseits der zu eng gewordenen staatlichen Grenzen zusammenzuarbeiten.
Die Schaffung der Wirtschafts- und Währungsunion ist
ein zentraler Teil des Vertrags von Maastricht, der 1993 in Kraft ist. Nicht
einmal ein Jahrzehnt später verfügen wir, wenn auch nicht in allen derzeitigen
15 Mitgliedstaaten, so doch in einer Mehrheit der Staaten, über eine
gemeinsame Währung, die wohl nicht unwesentlich ist für die Identifikation der
Bürger und Bürgerinnen mit der, mit ihrer Europäischen Union.
Der Vertrag von Maastricht brachte aber auch einige
andere wichtige Schritte hin in Richtung einer weiteren Vertiefung der Union.
So wurden erstmals Vereinbarungen zur Sozialpolitik in den Vertrag aufgenommen.
Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik wurde in Ansätzen festgeschrieben
und die Zusammenarbeit im Bereich Inneres und Justiz wurde ebenfalls
vereinbart. Wenngleich gerade in diesen beiden Bereichen noch keine Verlagerung
der Entscheidung auf die supranationale Ebene der Union erfolgte, ist gerade
damit die Diskussion über eine gemeinsame Außenpolitik in Gang gebracht worden.
Demokratiepolitisch wesentlich war der Ausbau der
Befugnisse des Europäischen Parlaments und die Einführung des so genannten
Mitentscheidungsverfahrens. Aus Sicht der Länder und Städte bedeutsam war die
Aufnahme des Subsidiaritätsprinzips in den Vertrag, die Schaffung des
Ausschusses der Regionen, der sich am 9. März 1994 konstituierte, sowie
die Einräumung der Möglichkeit, dass Ländervertreter im Rat der Europäischen
Union, wenn Verhandlungsgegenstände nach der innerstaatlichen Rechtsordnung
eines Mitgliedstaats in die Kompetenz eines Landes fallen, teilnehmen können.
Für die Bürger und Bürgerinnen der Union ist
natürlich die Einrichtung eines Bürgerbeauftragten zu erwähnen, an den sich
jeder Bürger, jede Bürgerin bezüglich Missstände bei der Tätigkeit der Organe
und Institutionen der Union wenden kann, sowie die Einrichtung der
Unionsbürgerschaft; damit verbunden - für uns in Wien bedeutsam - die Schaffung
des kommunalen Wahlrechts für Unionsbürger und Unionsbürgerinnen in den Städten
und Gemeinden der Mitgliedstaaten. Damit konnten bereits bei den beiden letzten
Wahlen in Wien Unionsbürger und Unionsbürgerinnen auf Bezirksebene über ihre
politischen Vertreter und Vertreterinnen mitentscheiden. Es war dies ein
wichtiger demokratiepolitischer Schritt, den der Wiener Landtag im Vorjahr mit
der Verabschiedung des Demokratiepakets entschlossen weitergegangen ist.
Der Vertrag von Maastricht brachte viele wichtige
integrationspolitische Fortschritte, die auch und vor allem für die Städte und
Regionen wichtige Schritte zur anerkannten Mitwirkung in den
Entscheidungsprozessen der Union darstellen.
Allerdings konnten in Maastricht bei weitem nicht
alle Fragen beantwortet werden. Es wurde vereinbart, eine weitere
Regierungskonferenz im Jahr 1996 durchzuführen. Abschluss dieser
Regierungskonferenz war der Vertrag von Amsterdam. Österreich nahm erstmals als
Vollmitglied teil und auch die österreichischen Bundesländer definierten
gemeinsame Länderpositionen, die von der österreichischen Bundesregierung auch
in die Verhandlungen eingebracht wurden. Dabei handelte es sich insbesondere um
die Stärkung des Subsidiaritätsprinzips, den Ausbau der Rechte des Ausschusses
der Regionen sowie Fragen der Einstimmigkeit betreffend wichtige Anliegen der
österreichischen Bundesländer. Aufgrund der aktuellen Diskussion besonders
hervorzuheben ist das Thema der Verfügung über die Wasserressourcen. Schon
damals forderten die österreichischen Bundesländer, dass die Verfügung über die
Wasserressourcen weiterhin einstimmig im Europäischen Rat zu erfolgen hat. Dies
entspricht im Übrigen der geltenden europäischen Rechtslage.
Der Vertrag von Amsterdam brachte aus heimischer
Sicht durchaus erfreuliche Entwicklungen: Erstmals wurde ein
Beschäftigungskapitel in den Vertrag aufgenommen, womit
beschäftigungspolitische Ziele auf Ebene der Union zu berücksichtigen sind. Wien
hat - dies ist hier zu erwähnen - ebenfalls viele beschäftigungspolitische
Initiativen ergriffen und mit der Einrichtung des Wiener
ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds und der Anerkennung dieses Fonds durch die
Union als Beitrag zum Territorialen Beschäftigungspakt sehr viel positive
Aufmerksamkeit und Reaktionen erhalten.
Darüber hinaus konnte das Sozialprotokoll nun
endgültig, nach dem Regierungswechsel im Vereinigten Königreich, in den Vertrag
aufgenommen werden.
Besonders hervorheben möchte ich, dass seit Amsterdam
die Möglichkeit besteht, höhere nationale Standards im Umweltbereich
einzuführen – von Bedeutung gerade für Wien als einer Stadt, die Umweltpolitik
und eine nachhaltige Entwicklung immer sehr hoch eingeschätzt und beiden Themen
hohe politische Priorität zugemessen hat.
Geringe Fortschritte gab es demgegenüber in der
Weiterentwicklung der so genannten zweiten und dritten Säule, der Gemeinsamen
Außen- und Sicherheitspolitik und der Zusammenarbeit im Bereich Inneres und
Justiz, sowie bei den grundsätzlichen Fragen zur "Architektur
Europas" angesichts der laufenden Beitrittsverhandlungen.
Seit den Verträgen von Maastricht und Amsterdam hat
ein neuer Begriff Eingang in den europäischen Sprachgebrauch gefunden:
"Left-overs". Das sind jene Themenbereiche, insbesondere im
institutionellen Bereich, die weder in Maastricht noch in Amsterdam
befriedigend gelöst werden konnten. Einmal mehr wurden Grundsatzfragen auf
einen späteren Zeitpunkt verschoben. Dieser kam mit einer weiteren
Regierungskonferenz, nämlich dem Abschlussgipfel in Nizza. So konnte hier
Einigung über die Reform der Institutionen im Hinblick auf den Beitritt der
mittel- und osteuropäischen Länder erzielt werden.
Als noch bedeutsamer erachte ich es allerdings, dass die
erstmals im Rahmen eines so genannten Konvents
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