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Landtag, 15. Sitzung vom 26.06.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 40 von 51

 

aus der Seele gesprochen, darf ich sagen - und es ist nicht immer so, dass ich das behaupten kann. (StRin Mag Maria Vassilakou: So geht es öfter, nicht?) Aber vielleicht wird das jetzt öfter so kommen.

 

In der Tat ist man hier sehr unsensibel mit einem sehr sensiblen Bereich umgegangen. Es geht um nichts Geringeres als um die Unabhängigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenats, und es geht darum, wie der Kontrollierte Einfluss auf den Kontrollierenden nehmen kann. Das Disziplinarrecht ist natürlich potenziell dazu geeignet, und diese Meinung vertreten auch die betroffenen Mitglieder. Meine Vorrednerin hat bereits die betroffenen Organisationen genannt, die mit dieser Verschärfung des Disziplinarrechtes auch nicht einverstanden sind, nämlich den Verein der Mitglieder des UVS, den Dienststellenausschuss und den Verein Österreichischer Verwaltungsrichter.

 

Es ist so, dass die Mitglieder des Unabhängigen Verwaltungssenates im Prinzip auf Lebenszeit bestellt sind. Anders ist das bei zwei Organen, nämlich beim Präsidenten des UVS und beim Disziplinaranwalt. Diese beiden Organe werden nun gestärkt: Dort, wo man eine Einflussmöglichkeit von Seiten des Magistrats hat, kommen Kompetenzen im Disziplinarrecht dazu. Dort, wo ausschließlich die Mitglieder mit Kompetenzen befasst waren, verlieren diese Kompetenzen. Bisher gab es eine eigene Disziplinargerichtsbarkeit der Vollversammlung der UVS-Mitglieder, nunmehr werden neue Disziplinarbehörden eingerichtet.

 

Ich hätte mir sehr gut vorstellen können, einen Disziplinarausschuss ins Leben zu rufen, der aus Mitgliedern der Vollversammlung besteht, wenn man der Vollversammlung die Möglichkeit gegeben hätte, diese drei Vertreter in den Disziplinarausschuss zu wählen. Tatsächlich sucht man jetzt eine Lösung, in welcher der Präsident beziehungsweise die Präsidentin zwei Mitglieder bestimmen kann, und lediglich ein Mitglied wird von der Vollversammlung gewählt. Dazu kommt, dass als zweite Instanz ein Disziplinarsenat vorgesehen ist, dessen Mitglieder alle von der Landesregierung bestellt werden, wenn auch zwei Richter sich unter diesen vier Personen befinden.

 

Die zweite starke Einflussmöglichkeit ergibt sich beim Disziplinaranwalt, auch dort handelt es sich um einen Bediensteten des Magistrats. Es müsste eben jeder Anschein vermieden werden, es müsste jeder Eindruck vermieden werden, dass hier die Unabhängigkeit des Verwaltungssenates gefährdet werden könnte, indem man Magistratsbediensteten, die ja an sich vom UVS kontrolliert werden, mehr Kompetenzen in Disziplinarverfahren einräumt. Genau das ist das Problem, dieser Disziplinaranwalt bekommt nun mehr Möglichkeiten. Er hat nunmehr die Gelegenheit, bereits vor Beschlussfassung eines Einleitungsbeschlusses Erhebungen durchzuführen, vergleichbar einem Staatsanwalt im Vorverfahren. Er kann, wenn es Indizien für ein disziplinarrechtliches Vergehen gibt, mit seinen Vorerhebungen beginnen, ohne dass der Betroffene davon in Kenntnis gesetzt wird. Er ist inhaltlich und zeitlich bei diesen Ermittlungen nicht beschränkt. Das kann natürlich sehr unangenehm für den Betroffenen sein, der vielleicht gerade in einem Verfahren zu judizieren hat und sich durch diese Ermittlungen gestört, belastet, beeinflusst fühlt.

 

Dass es tatsächlich solche Beispiele gibt, kann ich Ihnen an einem Verfahren zeigen, von dem ich weiß. Das ist auch kein Geheimnis, man kann aus diesem Verfahren zitieren, weil ja die Verhandlungen vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat öffentlich sind. Ich bin auch gerne bereit, hier die Geschäftszahl zu nennen: Es geht um das Verfahren UVS-02/11/5628-5630/2001/53.

 

Da ist Folgendes passiert: Am 8. 5. 2001 gab es eine Amtshandlung des Büros für Sofortmaßnahmen, eines Büros, das der Magistratsdirektion zugeordnet ist. Diese Einrichtung handelt zum weit überwiegenden Teil sicherlich zum Vorteil der Menschen in dieser Stadt. Aber wie jede andere Behörde muss sich auch diese Behörde eine nachprüfende Kontrolle durch das berufene Organ gefallen lassen, ob ihre Amtshandlung richtig war. Der UVS überprüft Bescheide und faktische Amtshandlungen von Organen der Polizei oder von Organen des Magistrats.

 

Am 8. 5. 2001 ist es zu einer solchen faktischen Amtshandlung gekommen. Das Büro für Sofortmaßnahmen ist in ein Flüchtlingsheim eingedrungen, es war 5.00 Uhr in der Früh. Es gab Beschwerdeführer, die gemeint haben, dass durch diese Aktion das Hausrecht verletzt wurde. Man ist an den Unabhängigen Verwaltungssenat herangetreten, damit er diese angebliche Rechtswidrigkeit feststellen kann.

 

Sehr überraschend in diesem Verfahren war, dass als Behördenvertreter, also als Vertreter des Magistrats, dort jemand aufgetreten ist, der selbst Einsatzleiter der Amtshandlung war. Das ist eigentlich bisher ein ungeschriebenes Gesetz gewesen, dass der Behördenvertreter im Verfahren jemand anderer ist als der Einsatzleiter. Ich glaube, das war gute Tradition, das so zu halten, und hoffe, dass es eine Ausnahme war, hier einen Oberamtsrat von diesem Büro für Sofortmaßnahmen auch als Behördenvertreter zu nominieren, obwohl er der Einsatzleiter war.

 

Es ist zu einem auffälligen Verhalten dieses Oberamtsrates gekommen. Ich zitiere hier aus dem Protokoll: "Es gab kontinuierliche verbale Übergriffe seitens des Behördenvertreters. Wiederholte Ermahnungen haben nicht gefruchtet. Er hat eine Zeugin als Beschuldigte tituliert, hat ihre Aussagen geringschätzend kommentiert, hat sich gegen die Länge des ihr zustehenden Parteiengehörs gewehrt. Und letztlich ist dem Verhandlungsleiter nichts anderes übergeblieben als diesen Behördenvertreter des Saales zu verweisen."

 

Was ist nun passiert? Obwohl eine solche Maßnahme der Sitzungspolizei nicht gesondert anfechtbar ist – das könnte nur dann mit der Endentscheidung angefochten werden –, hat sich dieser Behördenvertreter direkt an die zwar rechtlich unzuständige Behörde, aber immerhin an die Präsidentin des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien gewandt und hat ihr eine Beschwerde überreicht. Überraschenderweise wurde dieses

 

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